Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
einen Tunnel wie es schien, um den der Wald eine dichte Mauer bildete. Meilenweit schnitten die starken Scheinwerfer einen Lichtkreis aus dem Dunkel heraus, der für einen Augenblick auf anmutigen Pungas verweilte, um dann zu dem hohen Stamm eines Tawas und dem mächtigen Umfang eines Rimus weiterzugleiten. Da Freddies Erfahrungen sich auf Stephens vergleichsweise zivilisierte Farm beschränkten, hatte sie das Gefühl, als wären sie jetzt am Ende der Welt angelangt. Sie sagte es, und Baker mußte ihr recht geben. »Ja, es sieht wirklich ein bißchen wüst aus bei Nacht. Tatsächlich muß man ungefähr fünf Meilen durch diesen Busch fahren. Gerade auf dieser Strecke stößt einem meistens irgend etwas Unvorhergesehenes zu. Hier hat’s auch Mr. Standish erwischt... Es ist Urwald, und für die Entwicklung des Distrikts ist das ein großes Hindernis.«
»Und Vaters Farm liegt jenseits?«
»Ja. Wir fahren jetzt ziemlich steil bergan, und die Farm liegt auf der anderen Seite des Hügelkamms, am Kopfende des Tals. Die kleine Stadt, wo wir unser Brot und alles holen — Smithville liegt zehn Meilen weiter talabwärts.«
»Sind in der Nähe irgendwelche Nachbarn?« Freddie fühlte sich etwas befangen, daß sie so wenig über ihres Vaters Farm wußte, und fügte hinzu: »Sie wissen ja. Ich bin noch nie hier oben gewesen. Nachdem ich die Schule hinter mir hatte, habe ich gleich mit der Krankenpflege angefangen, und wenn ich mal Ferien bekam, ging ich regelmäßig zu Angela auf ihre Farm. Vater sah ich gewöhnlich nur, wenn er in die Stadt kam und in seiner Wohnung war, und manchmal auch im Sommer, wenn er mit seiner Yacht herumkreuzte.« Ihr Ton klang nach Verteidigung, denn Freddie war sich immer schon ihrer merkwürdigen Familienverhältnisse schmerzlich bewußt gewesen. Jock indessen schien eine Erklärung nicht für nötig zu halten.
»Mr. Standish bekam nur selten einmal Besuch. Sehen Sie, bis auf Mrs. Wells hat er ein richtiges Junggesellenleben geführt.«
Wieder Mrs. Wells. Anscheinend tauchte sie immerfort aus der Versenkung auf, und Freddie vermutete in ihr eine jener attraktiven Frauen, die oft nur allzu bereit gewesen waren, ihrem Vater mit Herz und Hand zu dienen.
Aber schließlich war sie doch die Frau des Traktorfahrers. Irgendwie kam ihr das beruhigend vor; sicher würde ihr Wirkungskreis doch dementsprechend begrenzt sein?
» Mrs. Wells«, sagte Baker soeben, als sie endlich aus dem schwarzen Wald heraus waren und Freddie undeutlich gewahr wurde, daß sie sich auf der Kuppe eines Hügels befanden, » Mrs. Wells ist eine bemerkenswerte Frau. Sehr energisch. Führt ihren eigenen Haushalt und geht danach noch auf ein paar Stunden zu Mr. Standish hinunter. Wüßte nicht, wie wir ohne sie zurande kämen.«
»Hat sie Kinder?«
»Nein. Sagt, das wär’ ein Kummer, der ihr erspart geblieben wäre, aber in Wirklichkeit hat sie Kinder gern. Half mir mehr bei der Erziehung meines Mädels als sonst einer... Jetzt hat sie noch den Schäfer zu sich genommen.«
»Ich dachte, er wohnt bei Ihnen?«
»Früher hat er mal bei mir gehaust, aber seit meine Tochter von der Schule zurück ist... Na ja, es schien eben einfacher so...« Jocks Stimme verlor sich im Ungewissen und hinterließ in Freddie ein Gefühl ungestillter Neugierde.
»Haben Sie ständig einen Schäfer da?«
»Wenn wir einen kriegen können. Das ist nicht so einfach. Die jungen Burschen lieben die Hinterwäldlergegend , wie sie’s nennen, nicht besonders. Machen ein Mordstheater, daß es da keine Tanzvergnügen oder Kinos gäbe und die Straßen so schlecht wären. Die hätten bloß mal das Küstengebiet sehen sollen, vor zwanzig Jahren!«
»Aber jetzt haben Sie einen Schäfer?«
»Augenblicklich ja. Junger Kerl, der nicht lang bleiben will. Möchte Erfahrungen sammeln, weil ihm ein Onkel einen großen Besitz hinterlassen hat, und mit dem Bergland kennt er sich so gut wie überhaupt nicht aus. Er ist aber in Massey gewesen und hat eine Masse brauchbarer Ideen. Auf Hunde versteht er sich großartig. Scheint schärfer auf Hunde und Pferde als auf Schafe. Beschäftigt sich jede Menge mit Preishüten und Geschicklichkeitsprüfungen, aber...« Mr. Baker hatte eine Art, seine Sätze unbeendet zu lassen, die Freddie Tantalusqualen bereitete. Bis jetzt hatte sie noch kaum einen Schimmer von den Menschen auf der Farm: Einer Frau, die bestimmt sehr tüchtig war und wahrscheinlich auch sehr ansehnlich; einem noch unbekannten Ehemann; einem jungen Mann mit
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