Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
Frühlingsahnen Knospen trieben. »Ich hatte ja keine Ahnung«, sagte sie, »daß Vater sich überhaupt aus Bäumen oder einem Garten etwas macht. Aber wahrscheinlich ist er jetzt lang genug schon hier. Ich weiß ja viel zu wenig.« Von Angela wußte sie nur, daß Maxwell die Farm gekauft hatte, als seine Ehe schon hoffnungslos verfahren war und er das Gefühl hatte, er brauche unbedingt eine Fluchtmöglichkeit aus seinem unerträglich gewordenen Leben: irgendeinen sicheren Zufluchtsort, der ihm in der düsteren Zukunft gut zustatten kommen würde. »Zwanzig Jahre ungefähr«, fügte sie hinzu, und Baker erzählte ihr, daß Mr. Standish einer der ersten Siedler im Distrikt gewesen wäre und aus einem ungerodeten Stück Land eine prächtige Farm gemacht hätte.
Es war nur eine kurze Auffahrt, und auf einmal hielten sie vor einem Haus, wo hinter einem Fenster ein einziges schwaches Licht brannte. Die Dämmerung brach nun an, und Freddie gelang es, ein langgestrecktes Haus auszumachen, das viel größer war, als sie erwartet hatte, und altmodisch und behaglich aussah. An die Vorderfront war eine Veranda angebaut, auf die sich von mehreren Räumen Flügelfenster öffneten.
Ein zweites Licht ging an, und die Haustür wurde leise aufgemacht. Baker war schon ausgestiegen und hielt Freddie gerade die Wagentüre auf, als eine kleine Gestalt auf sie zukam und sich eine Stimme gelassen, aber mit bemerkenswerter Autorität zu Wort meldete. »Machen Sie bitte die Wagentür leise zu. Mr. Standish ist eben eingeschlafen.«
Das konnte man kaum als Willkommensgruß bezeichnen; Freddie aber ertappte sich dabei, wie sie die Wagentür geräuschlos schloß und der Frau, die zu ihrer Begrüßung herausgekommen war, gehorsam auf Zehenspitzen folgte. Ihre Vorahnung erwies sich als richtig. Mrs. Wells war tatsächlich eine furchteinflößende Person.
In der Diele musterten sie sich eine Sekunde lang prüfend, und dann streckte Freddie schüchtern ihre Hand aus. »Sie sind Mrs. Wells? Herzlichen Dank, daß Sie sich um Vater gekümmert haben, bis ich herkommen konnte.« Bei sich aber dachte sie: Sie ist genau wie die Oberin, nur noch schlimmer. Ich bin gespannt, ob sie überhaupt lächeln kann.
In diesem Augenblick lächelte sie tatsächlich, und mit einem Mal sah sie geradezu menschlich und sogar heiter aus. Doch war das einzige, was sie sagte: »Sie gehen jetzt besser gleich ins Bett und schlafen sich gehörig aus. Ich werde Ihnen eine Tasse Tee und ein Butterbrot aufs Zimmer bringen. Sie müssen doch todmüde sein.«
Freddie sah klar, daß dies nichts anderes bedeutete, als daß sie wie ein Strauchdieb aussah. Sie wußte ja selbst nur zu gut, daß sie, seit sie aus dem Zug gestiegen war, weder ihr Haar gekämmt noch ihr Gesicht etwas zurechtgemacht hatte. Jetzt wünschte sie, sie hätte sich die Zeit dafür genommen, denn dann hätte Mrs. Wells sie bestimmt nicht wie ein kleines Kind einfach zu Bett geschickt und das just in dem Augenblick, als sie ihren Fuß in das Haus ihres Vaters setzte.
»Ich fühle mich ganz wohl, nur ein bißchen unordentlich. Ich mache mich jetzt nur rasch etwas zurecht und komme dann herunter, um den Dienst anzutreten. Sie müssen doch auch sehr müde sein.«
»Ich kann sehr gut die Nacht durchhalten. Er ist mir überhaupt nicht zur Last gefallen.«
Freddie war davon überzeugt. Es bedurfte eines noch weitaus tapfereren Mannes als Maxwell Standish, um dieser Frau zur Last fallen zu können. Sie fühlte indessen, daß der Moment gekommen war, sich selbst zu behaupten. >Fangen Sie an, wie Sie glauben, weitermachen zu müssen<, hatte ihr einmal jemand in einer schwierigen Situation geraten. Darum versuchte sie sanft, aber bestimmt darauf zu bestehen: »Ich würde viel lieber jetzt übernehmen. Schauen Sie, ich bin an alle möglichen und unmöglichen Stunden gewöhnt. Ich bin ja Krankenschwester.«
Mrs. Wells brummte zwar nicht über diese erbärmliche Protzerei; sie schenkte ihr nur ganz einfach gar keine Beachtung und wies den Weg zu einem Schlafzimmer. Es war ein gemütlicher Raum, und im Kamin flackerte ein lustiges Feuer. Auf der anderen Seite des Flurs stand eine Tür offen, durch die ein schwaches Licht fiel. Augenscheinlich das Zimmer ihres Vaters. Freddie zögerte und wollte eben hineingehen, als Mrs. Wells ihr zuvorkam, die Tür leise und energisch zumachte und sagte: »Nicht heute nacht . Noch genug Zeit dafür. Ruhen Sie sich mal zuerst aus.«
Darauf führte sie Freddie in ihr Zimmer, sagte:
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