Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
dich an dem Tag, als ich die Medaille bekam, dabei zu haben«, und da erst kam ihr auf einmal zu Bewußtsein , daß seither nur vier Tage vergangen waren. Es kam ihr wie ein Monat vor.
Standish schien ihre Übermüdung plötzlich zu bemerken und sagte: »Marsch jetzt, ins Bett mit dir! Du schläfst ja schon im Stehen ein. Die ganze Nacht durchfahren und anschließend den ganzen Tag schuften.«
»Ich geh’ noch nicht gleich. Erst muß ich dir noch deine Arznei geben und dich für die Nacht fertig machen und eine Menge anderes tun.« Wiederum unterbrach ein Gähnen diese gewissenhafte Aufzählung.
»Na schön, tu was du nicht lassen kannst und beeil dich ein bißchen. Diese Gifte machen mich auch ganz schön duselig. Wir werden eine friedliche Nacht haben.«
»Bist du sicher, daß ich nicht lieber doch aufbleiben soll?«
»Todsicher. Ich werde dich rufen, wenn ich dich brauche.«
Eine Stunde später träumte Freddie schon selig davon, wie sie mit Jonathan zusammen über Stephens Koppel ritt, während Mrs. Wells sie auf einem Dreirädchen hitzig verfolgte.
Am nächsten Morgen fühlte sich Maxwell ganz entschieden wohler und war auch nicht mehr so reizbar. Er bestand hartnäckig darauf, daß Freddie am Nachmittag wieder mit Liz an die Luft gehen müsse, und ließ sich tatsächlich zu der Bemerkung hinreißen, Mrs. Wells wäre eine ganz passable Gesellschaft, sofern sie sich nur überzeugen ließe, daß sie mit dem Putzen eines bereits geputzten Hauses endlich einmal aufhören könnte.
Die Mädchen entschlossen sich, die Straße entlang bis zur Kuppe des Hügels hinaufzureiten, damit Freddie auch von der Landschaft jenseits des Kamms eine Vorstellung bekäme. Dort erwartete sie wiederum eine großartige Aussicht auf Weideland; die dichte Mauer des Buschs, durch den sie in der vorletzten Nacht gefahren waren, schied es jedoch von ihrer Seite des Hügels. Freddie schauderte ein wenig zusammen. »Ich weiß ja, daß wir Neuseelands Busch mit Leib und Seele lieben sollen, aber er flößt mir eher Furcht ein. Er sieht so finster und dschungelähnlich aus.«
»Nur weil du an Menschen und asphaltierte Straßen gewöhnt bist. Ich liebe ihn. Mir kommt er überhaupt nicht gefährlich vor.«
Bald schon wendeten sie und ritten in flottem Trab die Straße hinunter. Als sie um eine scharfe Kurve sprengten, stießen sie auf eine Schafherde, die von einem schwarzbraun gefleckten Hund angeführt wurde; ein junger Mann ritt langsam im Schritt hinter ihr her, die Zügel seines Pferdes lose über dem Arm, und ein zweiter Hund folgte ihm dicht auf den Fersen. Liz nahm ihr Pferd beinahe bis auf die Hinterhand zurück und flüsterte Freddie hastig zu: »Da kommt Ian. Jetzt wird er wieder wie ein Verrückter auf uns losgehen, weil wir so schnell getrabt sind«, und mit ihrer betörendsten Stimme: »O Ian, wie schön, dich zu treffen. Ich wollte dich schon die ganze Zeit mit Freddie bekanntmachen.«
Das hier war ganz gewiß alles andere als ein Adonis, denn Ian hatte sandfarbenes Haar und Sommersprossen. Doch blickten seine haselnußbraunen Augen offen und ehrlich, und in seinen Mundwinkeln lauerte Humor. Er begrüßte Freddie und erkundigte sich sofort nach ihrem Vater; Derrick, entsann sie sich, hatte daran überhaupt nicht gedacht. »Ich würd’ gern mal vorbeischaun und ihn besuchen, sobald er wieder auf dem Damm ist.«
»Er ist schon wieder ganz gut beeinander und hat Mrs. Wells und mich gründlich satt.«
»Und dich, Liz?« Er wollte sie mit dieser Frage necken, aber es war ganz klar, daß er sich einfach nicht vorstellen konnte, wie irgend jemand dieses Mädchen je satt bekommen könnte. Trotzdem fuhr er sie plötzlich an: »Was fällt dir eigentlich ein, bergab ein solches Tempo anzuschlagen? Wenn dir nun ein Auto entgegengekommen wäre?«
»Es ist aber keines gekommen, sei also nicht so spießig.« Das, zusammen mit einem flüchtigen Blitz aus ihren grünen Augen zeigte Freddie deutlich, daß sie es keineswegs unter ihrer Würde fand, den treuen Schatz mit ihren Reizen zu umgarnen, auch wenn sie sich geringschätzig über ihn äußerte. Aber schließlich, überlegte Freddie, war Liz nun einmal so gebaut; früher hatte man so etwas eine »geborene Kokette« genannt, die es nicht lassen konnte, jedem Mann, der ihr in die Quere kam, den Kopf zu verdrehen.
Sie war ziemlich sicher, daß Ian das ebenfalls wußte und schon damit fertig werden würde. Er war durchaus nicht blöd, und dann gefiel ihr auch die Art, wie er den
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