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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica - sTdH 6
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Frauenhelden von London. Aber dann ist Seine
Gnaden erstaunlich ruhig geworden. Er hat zwar Geliebte, aber eine nach der
anderen, und er bleibt bei keiner lang.«
    »Das klingt
für mich eher verrucht«, sagte Frederica traurig.
    »Du bist
doch nicht etwa selbst in Seine Gnaden verliebt?« lachte Mary.
    Frederica
schüttelte den Kopf. »Sei nicht albern, Mary. Er ist viel zu alt.«
    »Er ist ein
Mann im besten Alter. Wenn man dich reden hört, könnte man denken, er ist
sechzig und nicht dreißig. Hilf mir mit dem Bett. Letztes Jahr war ein
Kammermädchen da. Die war ganz verrückt nach ihm, bis über die Ohren verliebt
war sie. Sie stand immer ganz betrübt in den Korridoren herum und hoffte, daß
er sie bemerkte.«
    »Und was
wurde aus ihr?«
    »Nun, sie
hat ihre Arbeit nicht gemacht, und so hat Mr. Smiles sie rausgeschmissen.«
    Frederica
empfand heftiges Mitgefühl für das unglücklich verliebte Mädchen. Es war ihr
bereits bewußt geworden, was für ein Glück sie gehabt hatte, daß sie so schnell
Arbeit gefunden hatte.
    »Der Herzog
ist ein guter Herr«, sagte Mary. »O Sarah, du darfst nicht vergessen, daß
manche von den Damen ihre eigene Bettwäsche mitbringen, und wenn kein Monogramm
darin ist, geht sie leicht verloren. Deshalb sticken wir bei jeder Dame ein
anderes kleines Zeichen ein. Aber was ich sagen wollte – der Herzog sorgt für
alle. In einem Gasthaus hier in der Nähe, das Elster heißt, sind neue
Pächter. Es ist auf dem Land des Herzogs, und er geht oft zum Essen hin, um den
neuen Wirt zu ermutigen. Wir sind fertig. Komm jetzt! Wir schlafen heute nacht
lieber noch lange, weil die Gäste morgen ankommen, und dann kommen wir sowieso
nicht mehr zur Ruhe.«
    Aber
Frederica konnte in dieser Nacht einfach nicht einschlafen. Sie wünschte, sie
hätte eines ihrer geliebten Bücher mitgebracht. Sie drehte und wälzte sich auf
dem Bett herum, das sie mit Mary teilte. Mary stöhnte und brummelte im Schlaf,
dann legte sie sich auf den Rücken und begann zu schnarchen.
    Der Herzog
war ausgegangen und wurde erst in den frühen Morgenstunden zurückerwartet.
Frederica beschloß, vom Dachboden hinunter zu schleichen und sich ein Buch aus
der Bibliothek zu leihen.
    Das große
Haus war ganz ruhig und still, als sie nach unten ging und die Hand schützend
über den Kerzenleuchter hielt.
    Von den
Wänden blickten die Augen der Ahnenportraits auf sie herab. Aus einer Ecke
schien sie ein Jadebuddha anzuspringen. Frederica wünschte sich ins Bett
zurück. Angeblich ging in der Langen Galerie der Geist eines Mannes in Schwarz
um. Auf der anderen Seite genoß sie immer noch das neue Gefühl, die tapfere
Frederica zu sein, und sie wußte, daß sie es sich nie verzeihen würde, wenn sie
jetzt umkehrte und ins Bett zurückschlich.
    Eine
leuchtendweiße Statue sah so aus, als ob sie ihr zaghaft von einem Absatz aus
zuwinken würde. Als sie in der Halle ankam, warf ihre Kerzenflamme bizarre
Schatten auf die bemalte Decke. Mrs. Bradley hatte ihr das Haus gezeigt, damit
sie sich zurechtfand, falls sie als Hausmädchen aushelfen mußte, wenn die
Gäste da waren.
    Sie öffnete
leise die Tür zur Bibliothek und ging hinein. Die Bücherschränke mit den
Glastüren reichten bis zur Decke hinauf.
    Frederica
stieß einen leisen Schreckensschrei aus, als sie ein geisterhaftes Gesicht sah,
das sie zwischen den Bücherregalen anstarrte, und erkannte nach einer
qualvollen Sekunde, daß
es ihr eigenes Spiegelbild war. Das Weiß ihres Nachthemds, ihres Umhängetuchs
und ihrer Nachtmütze ließen sie wie einen Geist aussehen.
    Frederica
hielt ihre Kerze hoch und sah auf einem Wandtisch einen Stoß Bücher liegen. In
aller Eile schaute sie sie durch. Unter den Büchern war Evelina von Fanny
Burney in zwei dünnen Bänden. Sie nahm den ersten Band und klemmte ihn sich
unter den Arm.
    Ein
Geräusch kam von der Halle herüber, als sich das große Portal vom
Herrschaftseingang öffnete und wieder schloß.
    Frederica
blickte aufgeregt um sich. Neben dem Kamin stand ein Stuhl mit hoher Lehne. Sie
blies ihre Kerze aus, sprang dahinter und duckte sich.
    Zu ihrem
Entsetzen öffnete sich die Tür zur Bibliothek, und sie hörte die Stimme des
Herzogs. »Nein, Anderson. Ich komme schon allein zurecht. Gehen Sie ruhig
wieder ins Bett.«
    Der Herzog
betrat die Bibliothek. Frederica biß die Zähne zusammen, damit sie nicht so
laut klapperten.
    Sie hörte
das Geräusch von Streichhölzern und dann das Knistern von Asten. Der Herzog
machte das Feuer an.

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