Frederikes Hoellenfahrt
von Kain und sein Freund. Frederike war seine Freundin. Und Agnes Schabowski hatte ihm nicht die Wahrheit gesagt. Bitte bewahren Sie Ruhe!
Wir haben alles im Griff! Nichts hatte sie im Griff! Frederike und Kain und zwanzig Geiseln und zwei Gangster in Panik und Agnes R. Schabowski hatte die Leitung. Und jetzt war wieder ein Schuss gefallen!
Ehrlicher machte sich Vorwürfe. Widerwillig gab er Agnes Schabowski recht, er hätte nicht mit seinem Handy auf eigene Faust … Allein konnte er gar nichts ausrichten.
Vor der Fassade des Waschsalons war man in Deckung gegangen. Nur Scheinwerfer tasteten über die Häuser. Kein Mensch war zu sehen. Die Polizei musste damit rechnen, dass die Gangster auch nach draußen schießen würden. Ehrlicher war die Ruhe jetzt unheimlich. Kein Lüftchen, das Blätter bewegte. Kein Auto, das nach einem Parkplatz suchte. Kein Lärmen und Lachen, das sonst am Wochenende hier im Kneipenviertel herrschte.
Ehrlicher hielt sein Handy wie einen Schatz. Bruno! Eindeutig, das war Frederike gewesen. Danach fiel der Schuss.
Im Waschsalon kreischten wieder Leute. Agnes Schabowski reagierte als Erste. Sie ließ sich von einem Uniformierten ein Megafon reichen. »Ich weiß nicht, wie ich Sie anreden soll. Hier spricht die Polizei! Hören Sie, Sie müssen mit uns sprechen, sonst klärt sich gar nichts. Teilen Sie uns Ihre Forderungen mit. Ich werde versuchen, sie zu erfüllen.« Sie setzte das Megafon ab und wischte sich mit einem Tuch über die Stirn. Ehrlicher fröstelte. Aus dem Waschsalon drang kein Ton mehr.
»Sollten Verletzte bei Ihnen sein, so gestatten Sie ihnen medizinische Hilfe. Wir können einen Arzt zu Ihnen schicken. Ich garantiere, er wird unbewaffnet und kein Polizist sein. Bitte nehmen Sie Kontakt zu uns auf!« Agnes Schabowski schritt drei Schritte auf den Waschsalon zu. Alle anderen blieben in Deckung.
Ehrlicher umfasste noch immer sein Handy, es rutschte ihm fast aus der schweißnassen Hand. Frederike und Kain und zwanzig Geiseln!
»Wenn Sie jetzt nicht reagieren, werte ich das als Zustimmung von Ihrer Seite. Ich werde einen Arzt zu Ihnen in das Café schicken. Ich verspreche, er kommt nur zur Hilfe und ohne Waffen.« Damit setzte Agnes Schabowski das Megafon auf einer Kühlerhaube ab. Ihr Einsatzstab umringte sie umgehend. Michalk ging zu einem Krankenwagen und sprach mit den Ärzten. Ein Mann in Medizinerhemd und weißer Hose folgte ihm zum Kleinbus der Einsatzleitung.
Ehrlicher sah auf sein Handy. Es blieb stumm. Er setzte sich auf den Boden und streckte die Beine. Dann stand er auf, es war ihm zu kalt ohne Mantel.
Agnes Schabowski begann wieder durch das Megafon zu sprechen. »Wir schicken den Arzt in zwei Minuten zu Ihnen rein. Er ist für Sie keine Gefahr. Er will helfen. Hören Sie, in zwei Minuten kommt ein Arzt zu Ihnen.«
Flüsternd gab die Einsatzleitung dem Mediziner letzte Instruktionen. Der kannte sie, denn er war für solche Situationen geschult, doch er hörte zu. Er sah in seinen Arztkoffer, ordnete Instrumente und Material. Er atmete durch. Ehrlicher wäre gern in seiner Position gewesen. Er konnte nicht tatenlos zusehen. Er machte sich Vorwürfe: Wenn er heute Abend … wenn er nicht mit Jonas Diepholz am Friedrich Wilhelm zu Pferde gebaut hätte … wenn er … hätte er nicht … wäre … Ehrlicher hätte nichts verhindert.
Dann bewegte sich die Tür des Waschsalons. Ein Mann trat rückwärts hinaus. Er zog schwerfällig etwas hinter sich her. Frederike!
Der Mann ging gekrümmt. Die Tür verhakte sich. Ehrlicher hatte den schweren Vorhang vorm Eingang stets als hinderlich empfunden. Frederike hatte gemeint: wegen der Kälte. Der alte Mann zog einen Menschen die Stufe hinunter.
Er zog eine Frau. Frederike!
Ehrlicher sah Jeans und eine blaue Bluse und eine Schürze. Er sah kein Gesicht.
Der Mann setzte die Frau an die Hauswand. Sie fiel leblos nach vorn. Frederike!
Samstag
0:05
Blut spritzte auf Fenster und Vorhang. Isabell sank in Zeitlupe zu Boden. Ihre Finger rutschten am Glas und hinterließen Spuren. Frederike mochte nicht hinsehen, konnte jedoch die Augen nicht abwenden. Mein Gott, Isabell!
Der Schuss hatte Panik im Waschsalon ausgelöst. Frauen kreischten. Männer schrien. Mehrere Menschen hoben die Köpfe. Manch einer schob sich mutig vorwärts zur Tür, als ob das die Masken nicht sähen. Isabell sackte in sich zusammen und fiel auf den Boden. Die Blutlache zu ihren Füßen wurde schnell größer und spiegelte das Licht der
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