Frederikes Hoellenfahrt
Stimme und sagte zu Kain: »Außerdem muss ich mal auf Toilette. Ich mache mir gleich in die Hose.«
»Frederike, hör zu!« Er tätschelte ihre Hand auf dem Schoß. »Frederike, hör mir mal zu.« Er sprach, als wäre sie ein dreijähriges Kind. »Die Herren lehnen deine Einladung ab. Sie sind in Eile. Wir können nicht halten. Sie haben keine Zeit für einen Kaffee, ob mit Sachertorte oder ohne.«
»Aber das Restaurant war sehr schön. Viel nobler als mein Waschsalon. Und an Prag kann man doch nicht einfach so vorbeifahrn! Wenn man schon hier ist, muss man sich’s anschaun.« Sie begann wirklich zu singen. Tausend Farben wünsch ich mir, nur um meine Stadt zu malen. Tausend Farben für mein Prag und diesen sonnigen Tag. Pavel Novak, wer kannte denn den noch? Dann beugte sie sich zu Catwoman von hinten ans Ohr. »Waren Sie schon einmal in Prag? Tolle Stadt.«
»Schnauze!« Catwoman schien ehrlich in Wut geraten zu sein. »Bring sie zum Schweigen. Sonst tue ich’s!« Frederike verstand nicht, sie meinte es doch nur gut.
»Prag ist so schön. Und junger Mann, Prag, müssen Sie wissen, war für mich immer die Weltstadt. Was sind wir zu Ostzeiten hierher gefahren! Richtig gepilgert.« Sie redete sich in Begeisterung, und da Catwoman offensichtlich kein Interesse hatte, wandte sie sich Superman zu. »Der Hradschin. Das goldene Gässchen. Kleinseite. Das Panoptikum der Altstadt Prag. Nette Geschichten, müssen Sie lesen.« Superman schaute, als würde sie Ausländisch mit ihm reden. »Keine Sorge. Viele sprechen hier unsere Sprache. Schließlich war Prag jahrzehntelang deutsche Kaiserstadt.«
»Hau ihr eine rein! Dieser Mist ist nicht auszuhalten. Ich muss mich konzentrieren. Die Autobahn ist zu Ende, und ich weiß nicht wo’s langgeht. Verdammt!«, fluchte Catwoman.
»Richtung Brünn musste fahren. Bratislava. Budapest. Muss doch dranstehen.« Superman wusste Bescheid. Der war gut.
»Steht nirgendwo dran. Ich fahre blind!« Catwoman hatte Probleme und geriet in Panik.
»Brünn schreiben die hier Brno, danach musste gucken.«
»Plze ň . Hradec Králové. Brno kannste hier nirgendwo lesen.« Catwoman haute Kain in die Seiten. »Mach die Augen auf! Guck nach Brno, wo wir abfahren müssen.«
»Wenn wir halten, könnten wir nicht nur Kaffee trinken, sondern auch die Leute befragen, wo’s langgeht.« Frederike hatte ihre Hoffnung auf ein Frühstück noch nicht aufgegeben.
Kain sah sich erneut zu ihr um und legte ihr seine Hand auf den Schoß. Er schaute flehend. Sie las in seiner Hand. Flieh, wenn du kannst! Mein Gott, sie hatte verstanden, aber während der Fahrt konnte sie nicht aus dem Wagen springen, und außerdem waren die Türen verriegelt: Kindersicherung. »Kannst auch mal schauen, vielleicht siehste ein Schild Richtung Brünn.«
»Brno.« Frederike nickte. »Aber auf meinen Kaffee besteh ich!«
»Hau der Kuh eine aufs Maul. Die tickt doch nicht richtig!«
Catwoman vom Fahrersitz gab den Befehl, nur Superman war sich unsicher, ob er wirklich in ihr Gesicht schlagen sollte. Catwomans Stimme war wütend, wahrscheinlich spritzte Spucke an die Frontscheibe vor ihm. »Mensch mach, dass dieses Gequatsche jetzt aufhört!«
»Haste gehört? Sei still!« Superman hatte wieder zu seiner Sprache gefunden.
Frederike bedauerte, dass sie ihre Einladung einfach ablehnten. Immer nur fahren, fahren. Nach Brno sollte sie schauen. Was wollten die denn in Brünn? Prag war eine so schöne Stadt. Sie hätten ihren Spaß dran gehabt. Aber die fahren nach Brno. Bratislava. Budapest.
Frederike schaute aus dem Fenster in die Morgendämmerung. Ja, Bruno hätte gehalten, wann immer sie ihn darum gebeten hätte. Auch in Prag. So eine tolle Stadt: Prag. Und die Masken wollten sie einfach nicht sehen. Frederike konnte es nicht begreifen. Tausend Farben wünsch ich mir, nur um meine Stadt zu malen. Tausend Farben für mein Prag und diesen sonnigen Tag.
Sie summte die Melodie vor sich hin. Pavel Novak. Jiri Korn. Helena Vondrackova. Und natürlich Karel Gott. Die CSSR hatte ihre Unterhaltungskünstler gern exportiert. Da lacht der Bär. Kessel Buntes. Da liegt Musike drin. Frederike sang, aber unhörbar für die andern. Sie würden sie und ihre Erinnerungen nicht verstehen . Singen, kochen, tanzen, lachen, glücklich machen, das war Babicka. Pferde stehlen, Äpfel schälen und erzählen, das war Babicka. Sie hat uns getröstet in der Nacht und gut ins Bett gebracht wir liebten sie und spielten gern mit uns’rer Babicka.
Ihre
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