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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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wollten den Herrn Direktor nicht stören. Alle wussten um die Lage der Dinge. In einer Viertelstunde trat Miersch vor die versammelte Presse. Die Psychologin hatte ihm zu einem ruhigen Frühstück geraten. Britt Tomaselli nahm große Brocken Quarkkuchen auf ihren Löffel. Nicht sehr damenhaft, dachte Miersch, oder die Psychologin hat großen Hunger.
    »Kann ich gar nichts zu sagen, das hängt von den Umständen ab.« Britt Tomaselli blieb Quark im Mundwinkel hängen. Sie redete auch während des Kauens. »Die meisten Geiselnahmen finden ein schnelles Ende. Aber was heißt schnell.« Sie löffelte ein neues Stück Kuchen. »Die meisten Täter geben auf, weil sie nicht anders können. Der Körper verlangt sein Recht. Sie schlafen ein, allem Wollen zum Trotz. Aber bis dahin ist vieles möglich. Es ist ein Geduldsspiel.«
    »Wir können nur hoffen, wollen Sie sagen?«
    »Das sage ich nicht. Aber jeder übereilte Schritt bringt die Geiseln in Gefahr.« Sie wischte sich mit ihrer Hand über den Mund. »Unsere Pflicht ist, ihr Leben zu retten.«
    »Ja.« Konstantin Miersch trank vom kalten Kaffee. Der Fall zehrte an seinen Nerven. Frederike und Kain waren nicht aus dem Auto der Mörder zu befreien. Sie konnten nur zuschauen. Dominic Bleicher bereitete die Pressekonferenz vor. Trotz der Morgenstunde würde der Saal brechend voll sein. Allein vierzehn Kamerateams. Und er saß gleich vor ihnen und konnte keinen Erfolg melden.
    »Genau das werden Sie den Journalisten auch sagen.« Der Teller vor Britt Tomaselli war leer. Sie schielte zum Buffet.
    »Soll ich Ihnen noch ein Stückchen holen?« Miersch spielte Kavalier, das würde ihn für Minuten aus der Gegenwart dieser Dame befreien. Er fühlte sich ihr unterlegen. Er fühlte sich matt. Da half es auch nicht, dass er wusste, dass Britt Tomaselli ihn nach ihren Kräften zu unterstützen versuchte. Und diskussionswürdig waren ihre Argumente allemal, sie hatten viel seiner Panik genommen. Sie hatten die Hektik in Bahnen gelenkt und Mut gemacht. Ja, auch das. Jetzt saß sie ihm gegenüber und schob sich ihre Brille zurecht.
    »Ich würde ja gern, aber …« Sie blickte über den Busen zu ihrem Bauch und klopfte mit ihrer Hand drauf. »… gerade Frustessen im Stress geht auf die Hüfte.« Sie lächelte, als ob sie ein Kompliment von ihm erwartete, das das Gegenteil behauptete.
    Miersch stand stattdessen auf. »Noch mal dasselbe?« Ihre Reaktion wartete er nicht ab und stürzte vom Tisch. Die Psychologin war ihm unheimlich.
    In der Glasvitrine der Kantine lagen die belegten Brötchen. Er nahm sich eines mit Fleischsalat auf seinen Teller. Quarckuchen war aus. Er entschied sich für Ananastorte mit extra Sahne für Frau Dr. Britt Tomaselli. Über den Preis an der Kasse war Miersch überrascht.
    »Sie verwöhnen mich, Herr Direktor!« Und dabei drohte Britt Tomaselli ihm mit dem Finger. Flirtete sie? Er schluckte und kam sich so vor wie bei seinem ersten Rendezvous.
    »Wer weiß, wann wir wieder zum Essen kommen.« Miersch nahm am Tisch Platz und trank einen Schluck Kaffee. Plörre. Da brühten sie im Büro oben besser.
    Britt Tomaselli benutzte ihren Löffel nicht mehr, sondern nahm die Obsttorte in ihre Hand. »Das Wichtigste, Ruhe bewahren. Auch bei der anstehenden Pressekonferenz.«
    Sie sah ihm offensichtlich seine Aufregung an. Miersch hatte Kamera und Mikrofon nie gescheut. Auch wenn es manches Mal schwerfiel, solche Auftritte gehörten zu seinem Job. Er erinnerte sich sowohl peinlicher als auch stolzer Momente. Es war nie schön, bei einem ungelösten Kriminalfall vor die Presse treten zu müssen. Aber das Recht der Öffentlichkeit zwang die Polizei zur Information, er stand ihr vor. Und oft hatten Aufrufe in der Presse auch Zeugen erreicht, die entscheidende Hinweise gaben, ein Verbrechen aufzuklären. Er war mehrmals Gast bei Kripo live und Aktenzeichen XY … ungelöst gewesen. Manche warfen Miersch sogar Publicity-Geilheit vor. Er blieb gelassen. Allerdings war diese Geiselnahme mit nichts zu vergleichen. Er fühlte sich wie ein Schauspieler vor der Premiere. Er war im Text unsicher. Vor allem kannte er nicht die Fragen.
    »Sie werden mich schön in die Enge treiben.«
    »Soll ich mit Ihnen …« Britt Tomaselli ließ den Satz in der Schwebe.
    »Ich bitte Sie! Seit mehr als zehn Jahren stehe ich der Presse hier Rede und Antwort. Das ist ein Fall unter vielen.«
    »Wenn Sie meinen.« Die Psychologin schob sich das letzte Stück Ananastorte in den Mund. »Ich setze mich in

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