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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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dieselbe Richtung: Südosteuropa. Die Fluchtroute bestätigte die Theorie. Dort schien das Ziel der Geiselgangster zu liegen. Einschlägig bekannte Personen, Spitzel, Haftinsassen waren allerdings ohne greifbares Ergebnis vernommen worden. Der Verdacht konnte bislang durch keinen Beweis bekräftigt werden. Doch schien allen die Spur, auf die man den Ermittlungsansatz stützen musste: die Mafia aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die Täter durften nicht entkommen. Doch die Gangster glaubten offenbar an ihre erfolgreiche Flucht.
    Andrea Dressel legte Miersch einen Stoß Protokolle auf den Tisch.
    »War Entscheidendes dabei?«
    Andrea Dressel schüttelte den Kopf. »Die meisten bestätigen die Aussagen der anderen Geiseln. Keine neuen Hinweise auf die Täter. Sie sprachen deutsch. Sie trugen Masken. Sie schossen.« Sie blickte den Direktor an. »Ich hätte nicht in der Haut der Geiseln stecken mögen.«
    »Zwei stecken noch drin.«
    »Ja.«
    Miersch zeigte ein optimistisches Lächeln, und doch war er enttäuscht. Mit Grausen sah er auf das Ende der Entführung. Die Kollegen am Tisch schlossen den Einsatz von Waffen nicht aus. Ihnen war dabei die Gefahr für die Geiseln bewusst, aber man konnte, man durfte solche Gangster nicht ungestraft entkommen lassen. Auch die ausländischen Kollegen kämpften mit ihrer Geduld. Die Sache muss sofort ein Ende haben! Erfahrene und trainierte Kräfte standen bereit und erwarteten Befehle. Miersch übernahm diese Verantwortung nur ungern. Aber irgendwann würde er sich den Argumenten beugen und den Schießbefehl erteilen. Er wusste es. Er war nicht stolz darauf. Sie würden die Flucht gewaltsam beenden.
    Andrea Dressel stand noch immer vor ihm. »Einen Kaffee, Herr Direktor?«
    »Wenn Sie so lieb wären …« Miersch hoffte, dass er freundlich klang. Die Dressel nickte und verschwand.
    Die Mitarbeiter des Referates Organisierte Kriminalität hatten an die Pinnwand die ihnen bekannten Strukturen geheftet. Khalid Georgieff auf der einen Seite, Sokol Mistic auf der anderen. Mistic galt als Georgieffs Rivale. Geburtsland Kosovo, Armee-Erfahrung. Mistics Vorstrafen waren Bagatellen im Vergleich zu dem, was die Kollegen vermuteten: Schutzgelderpressung. Auftragsmorde. Bestechung im Amt. Nach ihren Informationen hatte Mistic in Sachsen eine schlagkräftige Organisation etabliert, die in vielen Städten mit illegalen Bordellen Geld verdiente. Verbindungen vermuteten sie zu Menschenhandel, Zwangsprostitution und Drogenkriminalität. Bewiesen war nichts. Das Gerücht lautete: Mistic will mit aller Macht die Leipziger Szene übernehmen. Insofern lag es nah, dass seine Killer auf Georgieff angesetzt worden waren. Auf Sokol Mistic sollten sich die Ermittlungen konzentrieren. Miersch stimmte zu, was sollte er sonst tun? Einen anderen Ansatz sah er nicht.
    Auch andere Namen waren gefallen. Dragan Tschukadse. Giuseppe Vaneroli. Michael Städel. Barbara van Hogenband. Namen von Exfreunden und Freundinnen Georgieffs. Im Umfeld seiner Kneipen, seines Boxstalls, seiner Fußballmannschaft … wurden Vernehmungen durchgeführt. Miersch verlor beinahe den Überblick. Auf jede These waren Ermittler angesetzt. Bislang keine Resultate, keine Spur und keine Hoffnung. Nun sollte Sokol Mistic auf den Zahn gefühlt werden. Sie hatten darüber abgestimmt.
    Einsatzpläne wurden festgelegt, Objekte und Personen lokalisiert. 14 Uhr 30 schien als Zeit des Angriffs möglich. Das SEK war aufgeteilt, Straßen, Hausnummern und Namen bekannt. Der Countdown lief. Er würde Schlagzeilen machen.
    Manuela Hohmann brachte Kaffee. »Ein Tässel für Sie, Herr Direktor?«
    »Ja, bitte.« Sie schenkte ihm einen Pott voll und reichte ihn über den Tisch.
    »Danke.«
    »Milch? Zucker?«
    Miersch lehnte ab und nippte. »Danke, Frau Hohmann, der ist gut und der ist stark.«
    »Freut mich.« Und damit ging sie zum Wasserkocher zurück.
    Es klopfte, und Bruno Ehrlicher steckte seinen Kopf durch die Tür. Miersch war wütend, als er ihn erkannte. »Nein! Ich hatte Ihnen gesagt, ich informiere Sie, wenn etwas passiert. Ehrlicher, Sie stören die Arbeit. Es kann doch nicht jeder um eine Einzelkonsultation bitten. Ich hatte Sie der Kollegin Schabowski unterstellt. Nun stehen Sie wieder bei mir auf dem Teppich. Das nervt. Ehrlich, Ehrlicher, das nervt!«
    »Ich wollte nur …«
    Miersch ließ ihn nicht ausreden. Zwar verstand er Bruno Ehrlicher, Frederike war seine Lebenspartnerin und eine der Geiseln. Ihre Kollegin Isabell hatten sie erschossen,

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