Frederikes Hoellenfahrt
Vergleich. Wie hatte Kain Frederike im Stich lassen können? Ehrlicher war maßlos enttäuscht. Es war ihm unbegreiflich.
Ehrlicher wusste, dass die Gefahr für Frederike mit jeder Minute größer wurde. Die Gangster hatten ihr Ziel noch nicht erreicht, und sie würden es wohl auch nicht. Alle Kräfte wurden zusammengezogen. Die Zeit spielte ihnen, den Verfolgern, in die Hände. Polizisten konnten sich abwechseln, die Gangster waren allein. Allein mit Frederike! Sie war ihr einziger, ihr letzter Trumpf. Nur Frederikes Leben war der Pfand, der ihnen die erfolgreiche Flucht sichern konnte. Meine Frederike!
»Kommen Sie, ich bring Sie nach Hause.« Agnes Schabowski legte ihm ihre Hand auf die Schulter. Sie lächelte, als er zu ihr aufschaute.
»Nach Hause, was soll ich denn da?« Keiner im Raum wusste darauf eine Antwort. »Der Fall muss geklärt werden!«
Arbeit! Genauso hatte er auf den Tod von Lore reagiert. Er hatte den Fall geklärt. Auch Lore war durch Zufall ins Räderwerk befeindeter Gangster geraten. Im Bahnhof von Krakow war sie einem Bombenattentat zum Opfer gefallen. Und sie hatte nur helfen wollen. Lores Lohn war der Tod. Frederike durfte es nicht genauso ergehen.
Ehrlicher sah zur Agnes Schabowski. »Wir müssen Patricia Thede befragen.«
Agnes Schabowski war erstaunt und blickte fragend zu Direktor Miersch. Der nickte. Mit einem Mal nahm Ehrlicher den Betrieb im Büro wieder wahr. Er hatte zu tun. Frederike musste gerettet werden.
»Haben Sie die Adresse?«
Agnes Schabowski nickte und hielt einen Zettel. Ehrlicher verließ mit ihr den Konferenzraum. Die Zeit drängte.
15:15
Sie liefen nebeneinander die Gänge im Präsidium entlang und sprachen kein Wort. Vor manchen Zimmern saßen Zeugen auf Bänken. Schabowski hatte mehrmals zu einem Gespräch angesetzt, wusste aber nicht, was sie zu Ehrlicher sagen sollte. Jeder Satz schien ihr falsch. Ehrlichers Lebenspartnerin, oder was immer Frederike auch für ihn war, blieb Geisel. Schabowski konnte seine Enttäuschung, seine Wut nachvollziehen. Kain war gerettet, Frederike nicht. Auch die Kommissarin fand diesen Umstand bedenkenswert, aber sie hatten keine Ahnung, was wirklich an der Tankstelle vorgefallen war. Vielleicht war es Zufall, vielleicht Notwendigkeit, dass Kain das Auto allein verließ.
Ein Blick zur Seite zeigte ihr, dass Ehrlicher litt. Auch deshalb wollte sie ihn nicht von den weiteren Ermittlungen ausschließen. Er musste dabei sein, auch wenn die Kollegen meinen könnten, Ehrlicher in seiner Gefühlslage würde ihre Arbeit nur erschweren. Schabowski vermochte es nicht, den pensionierten Kommissar nach Hause zu schicken. Sie hatte schon einmal seine Hilfe in Anspruch genommen. Sie waren Partner.
Sie hatten zusammen den Namen Philip Thede recherchiert. Alle Indizien sprachen dafür, dass dieser Philip Thede einer der Geiselgangster war, die Frederike noch immer bedrohten. Ehrlicher zweifelte nicht. Schabowski zweifelte nicht. Philip Thede war einer der Kidnapper Frederikes. Lippi glaubte Vitali, der Partner von Vera Kreuzpointner verstanden zu haben. Er hatte sie auf die Spur gebracht. Vitali der Jüngere, Mike64. Sie verbot sich jeden weiteren Gedanken.
Ehrlicher und sie waren Partner. Lippi bezog sich nicht auf einen Gesichtsteil, wie Agnes Schabowski angenommen hatte. Lippi war kein Familienname, was Ehrlicher vermutet hatte. Der kleine Junge im Park, Philip, hatte sie auf diese Kurzform des Vornamens gebracht. Philip – Lippi. Ungewöhnlich, aber vorstellbar. Ehrlicher entdeckte in den Akten den Namen.
Sie saßen und lasen erneut in den bereits mehrmals durchblätterten Karteien. Und plötzlich rief Ehrlicher: Lippi Thede. Das wär eine Spur ! Schabowski nickte und wusste, Thede, so hieß das Mädchen hinter der Theke. Lippi Thede, er war gefunden. Zweimal der Familienname Thede, das konnte kein Zufall sein. Mit Patricia Thede hatte Schabowski schon zweimal gesprochen. Sie erschien ihr nervös, mit den Gedanken woanders gewesen zu sein. Die Kommissarin hatte es auf den Schock und den Stress und ihr Alter geschobert. Die Zeugin konnte die Täter nicht beschreiben, das war nicht ungewöhnlich. Aber so gar kein Detail? Andere hatten mehr gesehen und gehört. Vera Kreuzpointner. Ihr Begleiter Vitali.
Thede konnte keine zufällige Namensgleichheit sein. Lebensläufe und Adressen von Philip und Patricia stimmten überein. Philip war Patricias kleinerer Bruder. Und die Akten hatten auch seinen Rufnamen vermerkt: Lippi. Lippi Thede
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