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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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bin selbst an der Aufklärung interessiert. Schließlich bedroht der Mann auch mich und Benno Greve.«
    Ein schwaches Lächeln zog über Berta Emmerichs Gesicht.
    »Ich werde mich erkenntlich zeigen, wenn ihr beide alles aufklären könnt.«
    »Darum geht es uns nicht«, wehrte Rosa ab. Plötzlich fiel ihr noch etwas ein: »Kennen Sie einen Spitzbuben mit Namen Kuno?«
    »Kuno?«, überlegte die Witwe. »Meinst du Kuno Lederer? Diesen heruntergekommenen Haderlumpen? Dunkle, schüttere Haare und blasse Haut?«
    Rosa nickte.
    »Das ist ein richtiges Schlitzohr«, fuhr Berta Emmerich fort. »Der Kerl ist mehrmals nur knapp dem Galgen entgangen.«
    Rosa pfiff durch die Zähne und sagte dann: »Der steckt mit Bernhard von Absberg unter einer Decke. Wahrscheinlich ist er auch in den Mord an Ihrem Mann verwickelt. Vielleicht spielt er ja auch das Phantom, um Sie auszunehmen.«
    Berta Emmerich war blass geworden.
    »Ich glaube, ich lade heute einen der Büttel zum Abendessen ein«, sagte sie. »Ich habe noch ein paar Vorräte und ein Fässchen Bier. Da wird auch ein Stadtknecht nicht Nein sagen.«
    »Ja, das sollten Sie wirklich tun!«, nickte Rosa. »Ich werde inzwischen meinen Freund suchen, um mit ihm zu besprechen, was zu tun ist.«
    Die Witwe schien wieder ein wenig ruhiger zu sein.
    Es ist doch gut, dachte Rosa, wenn man in schwierigen Situationen etwas tun kann. Dann grübelt man nicht herum und wird von seinen Sorgen nicht aufgefressen. Außerdem war es eine gute Idee, einen Stadtknecht zum Essen einzuladen. Vielleicht konnte Berta Emmerich ihn auch bewegen, die Nacht in ihrem Haus zu verbringen. Bei dem schmalen Lohn der Büttel und den schlechten Zeiten, würde sie sicherlich jemanden finden, der dazu bereit war – und wenn es nur der alte Säufer wäre, der ihren Gatten aus dem Fluss gefischt hatte.
    Nachdem sie sich verabschiedet hatte, machte Rosa sich auf die Suche nach Benno. Doch er war weder in seiner kleinen Dachwohnung noch bei den Stetters oder im Stadtarchiv. Niemand konnte ihr sagen, wo der junge Mann sich aufhielt. Schließlich kam sie wieder an der alten Dombrauerei vorbei. Conrad und Michi spielten noch immer in den Trümmern.
    »Hallo, ihr beiden«, rief sie ihnen zu, »könnt ihr etwas für die Jungfrau von Magdeburg tun?«
    »Aber klar«, antworteten die beiden wie aus einem Mund.
    »Ich habe die ganze Stadt nach Benno Greve abgesucht, um ihm etwas Wichtiges mitzuteilen. Aber niemand weiß, wo er steckt. Könnt ihr ihn suchen und ihm sagen, dass ich ihn morgen Nachmittag unbedingt sprechen muss?«
    »Ja, das machen wir gerne«, nickte Michi.
    »Wann und wo willst du ihn treffen?«, fragte Conrad. Als Sohn des Stadtschreibers hatte er gelernt, alles immer genau festzulegen oder wissen zu wollen.
    »Am besten am Dom, wenn die Kirchenuhr dreimal geschlagen hat«, antwortete Rosa.
    »Alles klar«, sagte Conrad, »morgen Nachmittag, Schlag drei am Dom. Wir sagen es deinem Liebsten weiter. Mach dir keine Gedanken. Wir finden ihn ganz sicher.«
    Die Turmuhr schlug elf, und Emmerich war immer noch nicht erschienen. Rosa zog die Wolldecke enger um ihre Schultern. Warum waren die Kirchen immer dunkel und kalt? Hätte man sie nicht auch so bauen können, dass Sonnenlicht sie tagsüber durchflutete und erwärmte? Gott wohnt doch im Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Warum dann dunkle Gewölbe, in denen wir ihn anbeten sollen?
    Die Stunden dehnten sich zu kleinen Ewigkeiten. Jedes Mal, wenn die Glocken der Turmuhr die Zeit ansagten, zählte Rosa die Schläge mit. Ihre Augenlider wurden schwer.
    Bevor sie sich im Dom auf die Lauer gelegt hatte, war sie noch zum Lichtzieher gegangen, um für ihre Blechlaterne noch eine Reihe billiger Unschlittkerzen zu kaufen, gelblichweiße Kerzen aus minderwertigem Talg. Sie brannten schneller ab als erwartet und rußten fürchterlich. Doch wenn Emmerich auftauchte, würde sie keine Zeit haben, Feuer zu schlagen, um eine Kerze anzuzünden. Weil die Laterne einen Schieber besaß, konnte Rosa die Glasscheibe abdecken, sodass kaum Licht nach außen drang. Sie war für dieses Abenteuer gut gerüstet, doch die Stunden zogen sich hin, und schon bald würde ihr Kerzenvorrat aufgebraucht sein.
    Warum kommt Emmerich nicht?, fragte sie sich. Die Leute sagen ja immer noch, dass er ein Geist ist, ein Wiedergänger oder Untoter. Aber das ist Unsinn. So etwas gibt es nicht. Nein, dieser Emmerich ist ein ganz normaler Mensch, und ich werde herausfinden, was es mit ihm auf sich hat!

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