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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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stundenlangen Angst und Ungewissheit sowie der Kampf mit ihrem Peiniger. Doch sie musste sich zusammenreißen. Wenn sie jetzt zum Dom zurücklief, um Hilfe zu holen, konnte der Mann sich vielleicht doch befreien, oder er wurde von einem Mitwisser gefunden und losgebunden. Sie musste sich also beeilen.
    Schon bald gab Rosa ihre Suche nach einem Stück Metall auf. Es war aussichtslos! Im Gang und in den wenigen Kellerräumen lag nichts, das sie gebrauchen konnte. Sie kehrte zurück und ließ sich am Tisch nieder.
    »Na, alter Mann«, sagte Rosa herausfordernd, »wie fühlst du dich jetzt? Vielleicht kannst du dich nun in meine Lage versetzen.«
    »Binde mich auf der Stelle los!«, schrie der, »oder …«
    »Oder was?«, fiel ihm Rosa ins Wort. »Was willst du alter Mann denn jetzt tun?«
    »Ich habe Freunde, und die können jeden Augenblick kommen«, zischte ihr Peiniger, »die werden dir deinen hübschen Hals umdrehen.«
    »So, Freunde hast du«, lachte Rosa, »ich denke, es werden eher deine Kumpanen sein, aber nicht Freunde.«
    In diesem Moment hatte sie einen Einfall. Warum war sie nicht gleich daraufgekommen?! Sie hakte das Türchen der Laterne aus, schob den Tisch beiseite und hockte sich auf den Boden.
    »Was machst du da?«, wollte der Mann wissen.
    »Ich hole mir jetzt das Geld, das du hier eingemauert hast, und bringe es Emmerichs Witwe. Das hab ich dir doch schon mal gesagt. Warum hörst du mir nicht zu?«
    »Das ist mein Geld!«, schrie der Mann. »Lass deine schmutzigen Finger davon!«
    »Du wiederholst dich. Außerdem: Dein Geld?«
    Rosa wandte sich um und schaute den am Boden Liegenden groß an. »Ich dachte, du bist tot, und in diesem Fall erbt deine Frau alles. Das letzte Hemd hat nun mal keine Taschen. Bist du aber Emmerichs Bruder, erbt deine Schwägerin auch alles. Du hast keinen Anspruch auf die Dukaten deines Bruders, zudem du ihn ja umgebracht hast. Das Einzige, was du bekommst, ist ein Stelldichein mit dem Henker.«
    Der Mann fluchte wieder, doch Rosa beachtete ihn nicht weiter, sondern begann mit dem Laternentürchen die Fugen auszukratzen. Sie kam schnell voran, weil die Lehmschicht nur dünn war. Schon bald konnte sie den ersten Stein herausziehen. Danach dauerte es nur noch wenige Minuten, bis alle Steine entfernt waren. Sie griff in das Loch, zog eine kleine Holzkiste heraus und hob sie auf den Tisch.
    Als sie den Deckel zurückklappte, pfiff sie leise durch die Zähne. In der Kiste lagen mehrere prall gefüllte Ledersäckchen. Sie öffnete eines und ließ die Münzen in ihre Hand gleiten. Es waren Golddukaten!
    Wieder pfiff sie durch die Zähne.
    »Da wird sich Berta Emmerich aber freuen«, sagte sie.
    Der Mann am Boden drehte sich wie ein gefangenes Tier hin und her und schrie mit Schaum auf den Lippen: »Das ist meins! Das sind meine Dukaten! Gib mir mein Geld zurück! Es gehört mir!«
    Doch Rosa klappte die Kiste zu, nahm sie unter den Arm und ging ungerührt zur Tür.
    »Lass mir mein Geld, bitte«, versuchte der Mann nun zu verhandeln. Seine Stimme klang nun weinerlich. »Ich schenke dir auch einen Beutel. Das ist mehr Geld, als du jemals besitzen wirst.«
    »Du willst mich zu deiner Komplizin machen?«, sagte Rosa. »Aber dabei spiele ich nicht mit. Das Geld gehört Emmerichs Witwe! Außerdem traue ich dir keinen Handbreit über den Weg!«
    »Ich bin Emmerich«, wimmerte der Mann und starrte sie verzweifelt an, weil er merkte, dass er Rosa nicht mit Drohungen einschüchtern konnte.
    »Emmerich ist tot und liegt auf dem Gottesacker des Doms mannstief unter der Erde.«
    »Das ist mein Bruder.«
    »Ja, das glaub ich dir gerne«, erwiderte Rosa, »das ist dein Bruder, den du umgebracht hast, um dir seine Kohle unter den Nagel zu reißen.«
    »Ich habe ihn nicht umgebracht, er ist am Schlag gestorben.«
    »Am Schlag gestorben!«, spöttelte Rosa. »Und dann ist er die Elbe hinunter bis nach Magdeburg getrieben, hat sich hier einen Stein an die Beine gebunden, sich selbst die Augen ausgestochen und dann versenkt.«
    »Nein, das habe ich natürlich getan«, versuchte der Mann sie zu überzeugen.
    »Natürlich!«, erwiderte Rosa. »Sicherlich, um die Beerdigungskosten zu sparen, denn du bist ja ein ganz armer Mann.«
    Sie klopfte auf die Holzkiste.
    »Nein, ich wollte …, ich wollte …«
    Der Mann brach ab.
    »Was wolltest du?« Rosa blickte ihn neugierig an. »Und warum hast du das Geld hier eingemauert, wenn du tatsächlich der Emmerich bist? Machen das alle Pfeffersäcke in Magdeburg

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