FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
so? Mauern ihr Geld in unterirdischen Gewölben ein, statt es zu Hause oder in der Bank sicher zu verwahren?«
Der Mann schüttelte seinen Kopf.
»Nein, es ist doch nur wegen …«
»Wegen was?«
»Wegen … wegen Berta, meiner Frau.«
»Wegen Berta, deiner Frau? Das wird ja immer schöner! Du wolltest deiner Gattin dein ›sauer verdientes‹ Geld vorenthalten? Deshalb hast du es hier eingemauert?«
Der Mann nickte.
»Na, dann sollte ich ihr das Geld erst recht bringen.«
»Wenn du das tust, dann bringe ich dich um!«, schrie der Mann jetzt mit überschnappender Stimme.
»Genauso wie deinen Bruder, nicht wahr? Am Schlag gestorben! Dass ich nicht lache! – Ich werde jetzt den Büttel holen, und dann werden die Juristen und der Henker sich deiner annehmen. Vielleicht fällt dir auf der Streckbank ein, wer du wirklich bist, und warum du hier herumgeisterst und die braven Bürger und die Witwe Emmerich verschreckst. Die Kiste mit den Dukaten bringe ich gleich zu ihr.«
»Nein!«, schrie der Mann wie ein wildes Tier, doch Rosa war schon aus der Tür.
Wo sollte sie hin? Nach links oder rechts? Zurück zum Dom, um Berta Emmerich sofort das Geld zu bringen? Was aber, wenn sie dabei den Komplizen ihres Mannes in die Arme lief? Dann wäre alles umsonst gewesen. Oder sollte sie es erst einmal in der alten Waffenkammer verstecken und ihren Vater oder Benno aufsuchen? Sicherlich machten sich die beiden große Sorgen und hatten sie schon überall gesucht. Bei dem ständigen Beschuss der Stadt könnte sie auch tot oder schwer verletzt unter den Trümmern eines Hauses liegen. Und das vielleicht schon seit Tagen! Wie lange sie von Emmerich festgehalten worden war, wusste sie selbst nicht.
Ja, es wäre das Beste, wenn sie die Kiste mit Emmerichs Geld erst einmal verstecken würde!
Rosa eilte den glitschigen Gang hinunter, vergrub die Kiste in einer Ecke der alten Waffenkammer und warf noch ein Bündel Lumpen darüber. Als sie zurückkehren wollte, hörte sie weit entfernte Stimmen im Gang.
Hatten Tillys Soldaten etwa einen Eingang zu den unterirdischen Gängen und Gewölben der Sudenburg gefunden? Das wäre fatal! Der Stadtkommandant müsste das sofort wissen und den Gang sprengen. Dann aber wäre auch ihr Fluchtweg für immer versperrt! Und sollte ihr, Rosa etwas zustoßen, würde Berta Emmerich nicht mehr ihr Geld bekommen. Niemand wüsste dann, wo es sich befand. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, direkt zum Dom zurückzukehren, um der Kaufmannswitwe ihr Eigentum zu bringen.
Einige Minuten später war es wieder still geworden. Vorsichtig schlich sich Rosa zurück und spähte in den Raum, in dem sie Emmerich gefesselt zurückgelassen hatte. Der Mann war verschwunden!
Dann waren die Stimmen doch nicht feindliche Soldaten gewesen, sondern Emmerich und einer seiner Komplizen.
Rosa war dies irgendwie recht, auch wenn es ihr lieber gewesen wäre, wenn die Büttel den verlogenen Kaufmann abgeführt hätten. Seine Flucht war immer noch besser, als wenn die kaiserlichen Soldaten sich Zugang zu diesem Gang verschafft hätten. Doch jetzt musste sie noch mehr aufpassen. Emmerich war sicherlich losgestürmt, um sie daran zu hindern, das Geld seiner Gattin zu überbringen. Es war also doch gut gewesen, es in der alten Waffenkammer zu verstecken!
Am besten, sie kehrte sofort zum Dom zurück, um Benno zu suchen. Der konnte die Büttel beauftragen, nach Klaus Emmerich zu fahnden. Nachdem nun klar war, dass er lebte, konnte er die abergläubischen Menschen nicht länger erschrecken. Aber noch wussten es die Magdeburger nicht.
Mit gespannten Sinnen ging Rosa den Gang zum Dom zurück. Sie wollte Emmerichs Kumpanen nicht über den Weg laufen, falls sie sich hier noch aufhielten. Kurz nachdem sie wieder unter der Altstadt angelangt war, sah sie einen schwachen Lichtschein, der aus einem Seitengang fiel. Rosa schaute vorsichtig um die Ecke. Fünf Stufen führten zu einer morschen Eichentür empor, durch deren Ritzen Licht schien. Zwei Männer unterhielten sich in dem Raum dahinter mit gedämpften Stimmen. Waren das etwa Emmerichs Komplizen? Worüber sprachen die beiden?
Rosa wollte es herausfinden. Nein, sie musste es herausfinden! Es war vielleicht wichtig für Benno und sie.
So leise wie möglich schob sie sich die Stufen empor und lauschte gespannt an der Tür.
»Ich sag es Ihnen doch, der Mann ist ein Idiot!«
Die unangenehme, raue Stimme kam vom Schlaksigen. Seit der Mann sie auf dem Alten Markt angesprochen und
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