FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
versteckte Drohungen ausgesprochen hatte, konnte Rosa seine Stimme nicht mehr vergessen. Sie würde sie aus Tausenden von Stimmen wieder erkennen. Es war Kuno Lederer.
»Lässt sich von dieser Gerber-Göre überrumpeln und das Geld abnehmen! Tss! Einfach zu blöd, dieser Mann!«
»Was? Rosa Münkoff hat dem Emmerich das Geld abgeluchst?«
Diese Stimme kannte Rosa inzwischen auch. Es war Bernhard von Absberg. Der Ratsherr steckte also doch mit Klaus Emmerich und Kuno Lederer unter einer Decke! Was hatten die drei nur vor?
Plötzlich verstand Rosa, was von Absberg damals auf dem Marktplatz gemeint hatte, als er sich mit Kuno Lederer irgendwo »unten im Dom« verabredet hatte. Nun war alles klar. Die beiden hatten nicht den Dom gemeint, sondern den Eiskeller der alten Dombrauerei, in dem sie jetzt zusammen beratschlagten. Die Brauerei war vor achtzehn Jahren bei einem Großfeuer abgebrannt, dem auch die Katharinenkirche und über zweihundert Häuser zum Opfer gefallen waren. Dabei war der Besitzer mitsamt seiner Familie ums Leben gekommen. Sie hatten sich nicht mehr aus dem Flammenmeer retten können. Seitdem kümmerte sich niemand um die Ruine. Im Gegenteil, viele Magdeburger betrachteten diesen Ort als verflucht. Die Kellerräume der ehemaligen Brauerei waren also ein ideales Versteck für Gesindel wie Kuno Lederer.
»Warum hat er ihr nicht gleich den Hals umgedreht?«
»Hochwürden, sicherlich aus den gleichen Gründen, warum Ihr eine Haushälterin habt«, lachte der Schlaksige. »Der wollte mit ihr einfach noch mal seinen Spaß haben. Seine Alte hat ihn sicherlich schon seit Jahren nicht mehr an sich rangelassen.«
Hochwürden?, dachte Rosa. Dann hatte Berta Emmerich mit ihrer Vermutung doch recht gehabt, dass Bernhard von Absberg ein Jesuit ist, ein katholischer Geheimagent, der für Papst und Kirche kämpft. Doch was wollte der von Emmerich und diesem heruntergekommenen Kuno Lederer? Was führten sie im Schilde?
»Wie hat die Gerberstochter überhaupt herausgefunden, wo Emmerich sein Geld versteckt hatte?«, wollte von Absberg wissen. »Hat sie ihn etwa gefoltert?«
»Gefoltert? Wo denkt Ihr hin?! Auch unter den grässlichsten Torturen würde der Emmerich niemals verraten, wo er seinen Zaster hat. Dem ist sein Geld doch wichtiger als sein Leben. Seine Augen haben ihn aber verraten. Dieser Dummkopf hat auf die Wand geschaut, hinter der er seine Dukaten eingemauert hatte. Mann, wenn ich das gewusst hätte!«
»Du wärest mit dem Geld schon längst über alle Berge, na klar!«
»Hmm!«, ließ sich Kuno Lederer nur vernehmen.
»Und nun ist diese Rosa mit dem Geld auf und davon?«
»Ja, sie hat behauptet, dass sie die ganze Kohle seiner Alten bringen wolle. Und das hat den Emmerich nur noch mehr fuchsteufelswild gemacht. Schließlich hat er seiner besseren Hälfte das alles mit viel Geschick abgeluchst. Aber vielleicht hat diese Göre nur gelogen und wollte sich selbst die Kohle unter den Nagel reißen.«
»Und nun ist Emmerich zu seiner Frau gelaufen, um sich das Geld zurückzuholen, nicht wahr?«
»So eilig wie der Teufel hinter der armen Seele, ja!«
»Der Trottel bringt nur unseren ganzen Plan in Gefahr«, schimpfte Bernhard von Absberg.
»Ich hab Ihnen ja gleich gesagt, dass man auf den nicht wirklich zählen kann«, erwiderte der Schlaksige. »Ich bin jetzt ziemlich sauer, schließlich gehört mir ein Teil des Geldes. Emmerich hatte mir eine Belohnung dafür versprochen, dass ich seinen toten Bruder aus dem Wasser ziehe. Doch diese Gerber-Dirne ist mir ja zuvorgekommen. Ich denke nicht daran, auf meinen Lohn zu verzichten. Was Hochwürden mir als Lohn versprochen hat, reicht nicht, um ein neues Leben anzufangen.«
»Ich werde mich darum kümmern, Kuno. Aber vielleicht ist Emmerichs Geld noch nicht verloren. Wer weiß, ob die Münkoff'sche Rosa es wirklich zurückgebracht hat.«
»Da habt Ihr recht, Hochwürden. Bei so viel Zaster kann auch ein Ehrlicher schwach werden. Nur, wir müssen diese Göre finden.«
»Das werden wir schon. Vielleicht ist sie ins Kloster zu ihrem Vater zurückgekehrt. Ich werde unsere Freunde, die Chorherren, auf sie ansetzen und ihnen sagen, dass die beiden die Kriegskasse meines Ordens gestohlen haben. Die werden sich dann um das Problem kümmern.«
»Gute Idee«, hörte Rosa den Schlaksigen sagen. »Was ist nun mit Klaus Emmerich? Der wird hier doch nicht mehr rechtzeitig eintreffen, wenn überhaupt. Solange er hinter seinen Dukaten her ist, können wir nicht mit
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