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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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Kraft schlug sie ihm den Krug aus den Händen. Der Mann blickte instinktiv nach unten und öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
    In diesem Moment schlang Rosa ihre gefesselten Arme um seinen Hals, zog seinen Kopf an ihre rechte Schulter und rammte ihm das Knie in die Magenkuhle, wieder und wieder. Der Mann stöhnte auf und versuchte ihre Angriffe mit beiden Händen abzuwehren, doch Rosa zielte nun höher und traf ihn am Kinn. Die Beine des Mannes knickten ein, und er ging wie ein k.o. geschlagener Faustkämpfer auf einem Jahrmarkt zu Boden.
    »Ich darf keine Zeit verlieren!«, sagte Rosa halblaut.
    Eilig zog sie den Strick aus der Öse in der Decke und trat an den Tisch, doch sie fand dort kein Messer. Ein leichtes Gefühl von Panik machte sich in ihrem Magen breit. Emmerichs Bruder konnte jeden Augenblick aus seiner Bewusstlosigkeit erwachen!
    Immer wieder warf sie einen prüfenden Blick auf den am Boden Liegenden. Doch der regte sich nicht. Sollte sie den Strick an einer Steinkante durchscheuern? Das würde zu lange dauern. Die Knoten mit den Zähnen öffnen? Dafür saßen diese zu fest.
    Kurzentschlossen öffnete sie die Laterne, holte die Kerze heraus und stellte sie auf den Tisch. Dann hielt sie die Knoten des Hanfseiles über die Flamme. Es wurde heiß und die Fasern begannen zu brennen. Eisern biss sie die Zähne zusammen, bis sie den Schmerz nicht länger ertragen konnte. Sie klopfte die Flamme am Tisch aus, eilte zur Tür und rubbelte die restlichen Fasern an der scharfen Steinkante durch. Keine Sekunde zu früh, denn der Bewusstlose begann sich leise stöhnend zu regen. Rosa drehte ihm die Arme auf den Rücken und knotete seine Hände fest zusammen, danach auch seine Beine.
    »So, jetzt bist du gut verschnürt«, sagte sie und rieb sich ihre schmerzenden Handgelenke. »Du kannst dich nicht mehr befreien.«
    Emmerich erwachte allmählich aus seiner Bewusstlosigkeit. Blut lief aus seinem Mund über das Kinn.
    »Du hast mir die Zähne ausgeschlagen, du Hexe!«, keuchte er schließlich mit schmerzverzerrtem Gesicht, als ihm klar wurde, was geschehen war.
    Rosa blickte gleichgültig auf die beiden braunen Stummel, die neben Emmerichs Kopf lagen. Schließlich hatte der Mann sie stundenlang hier unten festgehalten, ohne dass sie sitzen konnte.
    »Die waren sowieso schon halb verfault«, antwortete sie. »Einen Rindsbraten hättest du damit nicht mehr essen können. Der Bader hätte sie dir ohnehin bald ziehen müssen.«
    Der Mann stieß einen Fluch aus.
    Sie wandte sich dem Tisch zu und zog ihn von der Wand ab. Emmerichs Bruder beobachtete sie finster und unruhig. Das machte Rosa noch sicherer, auf der richtigen Spur zu sein. Mit dem Talglicht leuchtete sie die Wand ab. Tatsächlich, einige Steine waren nicht mit Mörtel, sondern mit gelbbraunem Lehm verfugt.
    »So, da hast du also dein Diebesgut versteckt. Dann will ich es mal aus dem Loch holen und deiner lieben Schwägerin bringen, denn schließlich gehört es ihr, nicht wahr?«
    »Verflucht seist du«, schrie der Mann von Wut und Hass erstickt, »das ist mein Geld! Meins ganz allein! Na, warte, wenn ich dich in die Finger kriege.«
    »Das wird nicht ganz einfach sein, denn gleich wird dich der Büttel in Eisen legen.«
    Ihr kam ein Gedanke. Sie ging zu Emmerichs Bruder hinüber, nahm den restlichen Strick, der hinter dem Knoten an den Füßen herausschaute und band ihn an der Öse in der Decke fest, sodass seine Unterschenkel nach oben gezogen wurden, auch wenn er noch so zappelte und sich hin und her drehte.
    »So, das ist nicht so schmerzhaft, wie stundenlang stehen und die Hände über den Kopf halten zu müssen, aber nun kannst du nicht im Raum herumrollen und mich bei meiner Arbeit stören.«
    Sie wandte sich der Mauer zu, auf die der Mann gestarrt hatte. Tatsächlich, einige Steine waren frisch mit Lehm verfugt! Sie brauchte ein Stück Metall, um die Fugen freikratzen und die Steine herausnehmen zu können. Mit Sicherheit hatte Emmerich – oder wie der Mann auch heißen mochte – dahinter sein Geld versteckt.
    Rosa nahm die Laterne, stellte eine neue Talgkerze hinein und verließ den Raum, um sich in den unterirdischen Gängen umzusehen. Eigentlich brauchte sie jetzt etwas zu essen und ein warmes Bett. Sie fühlte sich nach all diesen Stunden Gefangenschaft im feuchten Kellerraum, als wäre sie nach einer heftigen Grippe zum ersten Mal aufgestanden. Ihre Hände zitterten, und ihre Beine schienen bleischwer zu sein. Dazu kamen die Folgen der

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