FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Spiel setzen, um mir bei der Aufklärung zu helfen. Passen Sie auf sich auf. Man sagt doch: Mut zeugt tote Helden, wenn das Glück fern bleibt.«
Ein mittelgroßer Mann mit breiten Schultern trat aus der gegenüberliegenden Werkstatt und überquerte die Gasse. Er trug Holzschuhe und eine breite Lederschürze über der knielangen Hose und dem Hemd. Seine blonden Haare hingen ihm in die schweißnasse Stirn.
»Ihr Vater?«, fragte Benno.
Rosa nickte. Benno erhob sich von der Bank, um Hans Münkoff zu begrüßen.
»Benno Greve«, sagte er und hielt dem Gerber seine saubere und gepflegte Hand hin.
Der blickte ihn prüfend an und erwiderte schließlich den Händedruck mit seiner durch die Gerblauge verfärbten Hand. Benno machte es nichts aus, dass der Mann von der Arbeit gezeichnete Hände hatte. Schließlich war er der Vater dieser atemberaubenden Frau neben ihm.
»Der Rat der Stadt hat mich beauftragt, den Fall von Klaus Emmerich aufzuklären, und Ihre Tochter ist bis jetzt meine wichtigste Zeugin.«
Münkoff nickte: »Das hat sie mir schon erzählt.«
»Erlauben Sie mir, mit Ihrer Tochter an den Ermittlungen zu arbeiten?«
Der Gerber zuckte nur mit den Schultern.
»Verbieten kann ich's doch nicht«, sagte er und verschwand in der Haustür.
»Sehr gesprächig ist er aber nicht, Ihr Vater«, sagte Benno zu Rosa.
»Ja, seit meine Mutter vor sechs Jahren an der Pest starb, ist er recht wortkarg geworden. Seitdem ist er nicht mehr der Alte.«
»Das war eine schlimme Zeit«, nickte Benno. »Ich habe davon gehört. Den Menschen hier ging es durch den Krieg schon wirtschaftlich sehr schlecht, obwohl sich der Rat wie andere Hansestädte aus den politischen Auseinandersetzungen heraushalten wollte. Wallensteins Truppen standen vor den Toren Magdeburgs und in der Stadt herrschte die Pest.«
»Ich habe damals viel geweint.«
Wie selbstverständlich strich Benno zart über ihren Arm, und sie ließ es geschehen. Beide schwiegen eine Weile, Rosa offensichtlich von der Erinnerung an damals bewegt, und Benno, weil er nicht wusste, was er sonst noch sagen sollte.
Schließlich räusperte er sich: »Sollen wir fortfahren?«
»Ja«, nickte sie, »machen wir weiter.«
»Was haben wir bisher? Einen geachteten Ratsherrn, der Mitglied der Gemeinde von Sankt-Ulrich-und-Levin ist, der sich mit einem Mann in speckigem Lederwams und Pluderhose trifft und Geheimzeichen austauscht. Das ist schon ein wenig verdächtig. Und dieser Kerl hat tatsächlich versucht, Ihnen mit zweideutigen Worten Angst einzujagen?«
Rosa nickte.
»Können Sie den Mann noch ein wenig näher beschreiben? Hat er besondere Merkmale, etwas, wodurch er besonders auffällt?«
»Er sah blass aus und hatte dünne schwarze Haare.«
»War er rasiert?«
»Nein, aber die Flusen in seinem Gesicht kann man nicht wirklich als Bart bezeichnen.«
Benno grinste: »Also, keine besonders angenehme Erscheinung.«
Rosa schüttelte sich nur als Antwort.
»Kommen wir zum Ratsherrn. Können Sie ihn mir näher beschreiben, Rosa?«
Er sprach ihren Namen aus, als wäre er etwas Kostbares, und sie schien es zu merken.
»Eher klein als mittelgroß, schlank, hellbraunes Haar mit grauen Schläfen, gestutzter Bart, gut gekleidet. Mehr fällt mir nicht ein.«
»Mmh«, erwiderte Benno, »also im mittleren Alter. Davon gibt es viele …«
»Da fällt mir noch etwas ein«, unterbrach Rosa seinen Gedankengang, »er besaß eine Narbe an der Wange.«
»Auf welcher Seite?«
»Rechts.«
»Daran müsste man ihn leicht erkennen können. Am besten ich unterhalte mich einmal mit Meister Stetter über die Ratsherren, ihre politische Einstellung und womit sie ihr Geld verdienen. Schließlich muss ich ihnen bald Rede und Antwort im Mordfall Emmerich stehen. Vielleicht sagt er dabei irgendetwas, das uns weiterbringt.«
»Das hört sich gut an«, stimmte Rosa zu. »Möglicherweise stand der Mann bei Emmerich hoch in der Kreide, war verzweifelt, und wollte seine Schulden loswerden. Dafür hat schon so mancher gemordet, der nicht mehr aus noch ein wusste. Oder der Emmerich hat den Mann übers Ohr gehauen und ihn um eine größere Summe erleichtert, sodass er sich rächen wollte.«
»Beides würde die Misshandlung des Ermordeten erklären«, nickte Benno. »Der Täter scheint jedenfalls eine große Wut im Bauch gehabt zu haben. – Wir sollten Witwe Emmerich aufsuchen. Vielleicht kennt sie sich mit den Geschäften ihres Mannes aus, weiß um mögliche Feinde oder kann uns Hinweise geben.
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