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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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erneuern. So aber würde die Kirche noch in dreihundert Jahren genauso aussehen, ohne einen Schritt weitergekommen zu sein. Und darauf würden die Verantwortlichen sicherlich noch stolz sein.
    Auch wenn es überall in der Stadt nach Abfällen und Kot roch, nahm er schon bald den strengen Geruch wahr, der aus dem Gerberviertel kam. Meister Stetter hatte recht gehabt; denn mit jedem Schritt wurde dieser Geruch stärker, bis der Gestank von verfaultem Fleisch, Beize und Gerberlohe ihm unangenehm in die Nase stach. Wie konnten hier nur Menschen wohnen? Tag für Tag diese verpestete Luft einatmen?
    »Lieber Gott«, sagte er leise, »danke, dass ich als Sohn eines Medikus und nicht als Sohn eines Gerbers geboren wurde – auch wenn dies jetzt pharisäisch klingt.« Sein Blick fiel in den Hof einer Gerberei und er sah, wie Männer dort Fleisch- und Fettreste von Tierhäuten schabten, während andere die Felle in Gruben mit Kalkmilch und Gerberlohe walkten. Benno schüttelte sich und eilte die Straße hinunter, bis er die Elbgasse an der Stadtmauer erreichte. Hier musste das Haus des Lohgerbers Münkoff sein, ein kleines Haus, nur vier Schritt breit.
    Er blickte die Gasse entlang. Richtig, nicht weit von ihm entfernt stand ein Haus, das nur so breit wie eine Tür und ein Fenster war, genau wie Rosa es ihm beschrieben hatte. Davor stand eine Holzbank und ein Blumenkübel mit Geranien, wie man sie schon seit hundert Jahren in Deutschland kultivierte. Gegenüber befand sich eine Gerberei, wie Benno an den in der Sonne aufgehängten Tierhäuten erkennen konnte. Das mussten das Haus und die Werkstatt der Münkoffs sein.
    Ein Sonnenstrahl fiel durch die enge Gasse auf ein Fenster im zweiten Stock. Benno Greve hob seine Augen, und dann sah er Rosa. Die Gerberstochter saß am Fenster. Gedankenverloren kämmte sie ihr Haar, das wie lichtdurchflutetes Gold im Sonnenlicht glänzte.
    Fasziniert blieb Benno stehen. Mit weicher, warmer Stimme begann sie zu singen.
    Ich hört ein Sichelein rauschen,
wohl rauschen durch das Korn.
Ich hört ein feine Magd klagen,
sie hätt ihr Lieb verlorn.
    Lass rauschen, Lieb lass rauschen,
ich acht nit, wie es geh;
ich hab mir ein Buhlen erworben
im Veiel und grünen Klee.
    Ein Pferdekarren rumpelte vorbei. Der Fuhrmann fluchte lauthals und klatschte mit der Peitsche, um den ausgemergelten Gaul in der U-förmigen Deichsel anzutreiben. Benno musste sich eng an die Hauswand drücken, um seine Kleider vor den kotverschmierten Rädern zu schützen.
    Hast du ein Buhlen erworben
in Veiel und grünen Klee,
so steh ich hier alleine,
tut meinem Herzen weh.
    Zwei junge Frauen bei der Arbeit im Kornfeld, die eine findet ihre große Liebe im Klee- und Veilchenfeld, die andere verliert die ihre. Benno spürte die tiefe Traurigkeit des Volksliedes in Rosas Stimme. Seltsam, wie diese bittersüße Stimmung auch ihn erfasste. Er konnte sich nicht dagegen wehren, und er wollte es auch nicht. Verstohlen wischte er sich eine Träne aus dem Augenwinkel und blinzelte gegen das Sonnenlicht nach oben.
    »Was für ein schönes Lied«, rief er, »und wie traurig es ist!«
    Die junge Frau zuckte zusammen, als sie seine Stimme hörte, doch dann schien sie sich zu fassen.
    »Ich komme nach unten«, rief sie und verschwand am Fenster.
    Benno ging zum Haus hinüber. Doch kaum war er dort angekommen, öffnete sich schon die Tür, und Rosa begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln. Die Traurigkeit in ihrer Stimme war verschwunden.
    »Sie sind ja wie ein Wirbelwind die Treppen hinuntergestürmt«, sagte Benno, um seine Verlegenheit zu überspielen. Der Anblick der jungen Frau raubte ihm den Atem, und Rosa schien es zu spüren und zu genießen. Genau das aber verwirrte Benno noch mehr. Schon damals am Fluss hatte sie ihn tief in seinem Inneren berührt, obwohl ihre Haare nass und wirr um ihren Kopf hingen. Doch nun, wo sie im beigeweißen Kleid mit bestickter Schürze und hellblonden Haaren so selbstsicher vor ihm stand, fühlte er sich, als wäre alles nur ein Traum.
    Rosa zuckte zur Antwort nur mit den Schultern und sagte ein wenig schnippisch: »Der Weg nach unten ist ja nicht so weit wie der Ihre zu mir.«
    Benno errötete bei dem versteckten Vorwurf.
    »Es tut mir leid, dass ich erst jetzt kommen konnte, Rosa.«
    »Ich dachte schon, der Fall wäre abgeschlossen, und Sie bräuchten mich nicht mehr.« Benno spürte eine leichte Enttäuschung in ihrer Stimme.
    »Nein, ganz im Gegenteil. Ich tappe nach wie vor im Dunkeln.« Er wies

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