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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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Würden Sie mitkommen?«
    Benno blickte sie an.
    »Ich würde Sie gerne dabeihaben. Inzwischen sind Sie für mich nicht mehr nur eine Zeugin, sondern zu einer Mitarbeiterin geworden. Schließlich würde ich ohne Sie noch völlig im Dunkeln tappen. Außerdem haben Sie ein Gespür für diesen Fall und sehen und hören mehr als andere Menschen. Ich würde mich freuen, wenn Sie dabei wären.«
    »Sie wollen mit einer Gerberstochter gesehen werden? Einer Frau, in deren Kleidern und Haaren der Geruch von Tierhäuten, Beizen und Laugen hängt?«
    Ein leichter Wind blies durch die Gasse. Benno räusperte sich und sagte schließlich: »Sie sind eine bezaubernde und kluge Frau, Rosa, es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mich unterstützten.« Jetzt hatte er das Unausgesprochene gesagt und seine Gefühle in Worte gekleidet.
    Er spürte, wie er rot wurde. Er hatte das nicht geplant. Der Wind fuhr durch Rosas Haare und gab ihr Gesicht frei; auch ihre Wangen glühten ein wenig. Sie öffnete leicht ihren Mund, als wollte sie etwas sagen. Doch dann schwieg sie.
    »Es wäre mir wirklich eine Hilfe, wenn Sie mit mir zusammenarbeiten würden«, versuchte Benno nun wieder festen Boden unter den Füßen zu gewinnen. »Und die Leute sind mir gleichgültig. Die reden sowieso über jeden, der fremd oder neu in der Stadt ist.«
    »Aber es ist nicht standesgemäß, wenn sich ein Advokat mit einer Gerberstochter sehen lässt«, sagte Rosa schließlich leise.
    »Gerberstochter hin oder her, Sie sind ein Mensch wie jeder andere auch – und außerdem das hübscheste Mädchen der Stadt …«
    »Wirklich?«, fiel ihm Rosa ins Wort und blickte ihn mit ihren Augen, in denen sich der Himmel zu spiegeln schien, prüfend an.
    Benno wurde wieder rot, wandte seinen Blick ab und betrachtete verlegen seine Schuhspitzen. Was hatte er da eben gesagt? Anneliese, dachte er, die dunkelhaarige Schönheit, mit den braunen Augen und dem süßen Lächeln. Aber es stimmte, Rosa war das hübscheste … oder Anneliese? Und überhaupt, es zählte doch nicht nur das Aussehen, oder?
    »Sie verwirren mich, Rosa. Ich werde rot wie ein Vierzehnjähriger, wenn Sie mich so anschauen.«
    Er wandte sich ihr wieder zu.
    »Ehrlich, ich habe noch kein Mädchen getroffen, das wie Sie ist.«
    Sie lächelte ihn so lieb an, dass sein Herz wie wild zu pochen begann.
    »Sehen Sie, Rosa«, fuhr Benno fort, »Sie lächeln mich nur an, und sagen nichts. Und ich weiß nicht …«
    »Benno«, fiel Rosa ihm wieder ins Wort, »ich glaube, ich habe mich in Sie verliebt.«
    Die Haustür knarrte leise, und Hans Münkoff trat vor das Haus. Er warf wortlos einen Blick auf Rosa und Benno und wandte sich zum Gehen.
    »Ein harter Beruf, den Sie sich da ausgesucht haben«, sagte Benno, um irgendwie Zugang zu diesem verschlossenen Mann zu finden.
    »Hab ich mir nicht ausgesucht«, antwortete dieser und wandte sich Benno halb zu, »schon mein Vater und mein Großvater und dessen Vater waren Gerber. Kenne nichts anderes. Musste es lernen.«
    »Konnten Sie nicht später umsatteln?«
    »Warum sollte ich?«
    »Nun ja, es gibt doch Berufe, die angenehmer sind.«
    Hans Münkoff starrte ihn mit zusammengekniffen Augen an.
    »Will der feine Herr mir etwa sagen, dass meine Arbeit etwas ›anrüchig‹ ist?«
    »Ein wenig streng riecht es hier schon«, antwortete Benno vorsichtig.
    »Es riecht ein wenig streng?«
    Das Gesicht des Lohgerbers rötete sich.
    »Sagen Sie es doch offen und ehrlich: Es stinkt hier gewaltig! Es stinkt nach Abfällen, Tierhäuten, Brühen und Kalkmilch! Und wenn Sie hier nicht meine Tochter treffen wollten, würden Sie sich niemals in dieses Viertel gewagt haben, nicht wahr, mein Herr?«
    Hans Münkoff blickte Benno herausfordernd an. Der überlegte fieberhaft. Da hatte er mit seiner Antwort ein wenig danebengegriffen. Wie konnte er auch den Gestank des Gerberviertels ansprechen?! Das war taktisch nicht klug gewesen. Also, was tun, um das Steuer wieder herumzureißen und Rosas Vater für sich zu gewinnen?
    »Es ging mir nur um die Frage, ob man unbedingt in die Fußstapfen der Vorfahren treten muss«, versuchte Benno sich herauszureden. »Ich selbst bin jedenfalls nicht wie mein Vater Medikus geworden, sondern habe mich der Juristerei verschrieben.«
    »Und wer soll dann diese Arbeit machen? Egal wie hart sie ist? Irgendjemand muss es ja tun. Sonst könnten die noblen Damen und Herren da oben keine Lederstiefel, Gürtel und Handschuhe tragen. Oder möchten Sie etwa wie ich in Holzpantinen

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