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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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übergelaufen ist?«
    Jetzt dämmerte es Georg Ackermann. Diese drei Landsknechte hatten nicht ihn, den Fahnenflüchtigen, verfolgt. Sie standen in Tillys Diensten. Sie hatten ihn auf ihrer Patrouille nur zufällig aufgestöbert.
    Wie zur Bestätigung wiederholte nun der andere Landsknecht: »Sag ich dir doch, spanische Schule, Schwert und Dolch. So kämpft keiner der lausigen Söldner der Evangelischen.«
    Georg Ackermann ließ die Spitze seines Schwertes sinken und richtete sich auf, blieb aber dennoch wachsam. Auch sein Gegenüber entspannte sich und schob schließlich sein Schwert zurück in die Scheide, ließ die rechte Hand jedoch auf dem Knauf. Georg Ackermann wusste inzwischen, wie schnell der Mann die Waffe ziehen und damit zuschlagen konnte. Deshalb ließ er ihn nicht aus den Augen.
    »Ich bin ein freier Mann«, sagte er, »und niemandem verpflichtet. Sieht etwa so ein Landsknecht aus?« Dabei zeigte er auf seine inzwischen verschlissene Kleidung, die er seit seiner Zwangsrekrutierung immer noch trug.
    »Nun ja, auch Mansfelds Söldner sind nicht gerade elegant gekleidet. Außerdem tragen viele nicht mehr die alte Tracht wie wir. Du würdest ganz gut in ihren Haufen passen«, warf der Sprecher der Gruppe ein. »Aber du kämpfst wie unsere spanischen Verbündeten. Wo hast du das gelernt?«
    »Mein Fechtmeister hat es mich gelehrt.«
    »Soso, dein Fechtmeister. Bist du etwa adelig?«
    »Nein, mein Vater stand in den Diensten des Landgrafen von Hessen-Darmstadt und ermöglichte mir den Unterricht.«
    »Und was suchst du hier bei Heidelberg?«
    »Mansfelds Männer haben unsere Dörfer überfallen und geplündert. Da bin ich getürmt.«
    »Das hast du gut gemacht, Junge. Hier herrscht nämlich Generalleutnant Tilly. Bei uns bist du in Sicherheit. So einen wie dich können wir immer gut gebrauchen.«
    Georg Ackermann dachte fieberhaft nach. Er war vom Regen in die Traufe gekommen! Vor ihm waren Tillys Söldner, hinter ihm Mansfelds Schergen. Was sollte er tun? Etwa mit den Katholischen gehen? Dann wäre er erst einmal in Sicherheit und könnte sich vielleicht später wieder absetzen. Oder sich sofort aus dem Staub machen? Dann hätte er beide im Nacken. Wie er es auch drehte und wendete, die Alternativen gefielen ihm nicht wirklich. Doch unvermittelt sagte er: »Gut, ich komme mit euch. Zunächst einmal – ob ich aber bleibe, das entscheide ich später.«
    Er stieß das Schwert in den Boden und steckte seinen Dolch wieder in den Gürtel.
    »Es wird dir bei uns, den kaiserlichen Fußknechten gefallen, glaub mir«, sagte der Landsknecht, den er in der Hütte überwältigt hatte, und reichte ihm die Hand. »Du wirst erst einmal für sechs Monate rekrutiert und bekommst gleich nach der Musterung deinen ersten Monatssold. Später kannst du frei entscheiden, ob du weiter in unserer Kompanie bleiben willst.«
    Auch der Untersetzte schlug ihm auf die Schulter und brummte: »Guter Mann. Wirklich. Hast mir zwar übel mitgespielt, aber bist kein schlechter Kerl.«
    Eine Viertelstunde später marschierte Georg Ackermann mit den drei Landsknechten zu deren Heerlager und ließ sich dort einschreiben. So war er zunächst zu Tillys Armee gekommen, wechselte jedoch ein halbes Jahr später zu Pappenheims Männern, weil der gerade einen Fahnenträger suchte.
    »Herr, die Neuen sind da. Leutnant Münzhofer, der Feldwebel und die beiden Gemeinwebel warten schon.«
    Die Stimme seines Burschen riss ihn aus seinen Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Er erhob sich mit steifen Gliedern und reckte sich. Dann griff er seinen mit Federn geschmückten Filzhut, zupfte seine Kleidung zurecht und folgte dem Burschen.
    Die Kriegsjahre waren schnell verflogen. Er war durch halb Deutschland gezogen, hatte Tag für Tag die Schrecken des Krieges erlebt, und nun saß er hier vor den Toren Magdeburgs – weit weg von seiner Heimat, die er seit damals nicht wiedergesehen hatte. Vielleicht war dies ja seine letzte Schlacht. Vielleicht aber gingen die Magdeburger auf die Forderung von Generalleutnant Tilly ein und kapitulierten.
    Er hatte der Stadt ein Ultimatum gesetzt und die Magdeburger aufgefordert, ihm die Tore zu öffnen. Dann würde er Freiheit und Eigentum der Bürger garantieren. Vielleicht ging der Stadtrat darauf ein. Georg Ackermann hoffte es inständig. Er begann inzwischen, den Krieg immer mehr zu hassen.
    Die neuen Rekruten waren hauptsächlich Landwirte, die ihren Hof verloren hatten, und Knechte, die das Soldatenleben reizte. Sie

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