FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Pause, um das Gesagte sich setzen zu lassen. Dann fuhr er fort: »Ehe ihr in die Schlacht ziehen könnt, müsst ihr lernen, wie man kämpft. Der Feldwebel und der Leutnant werden mit euch in den nächsten Tagen exerzieren, bis ihr, ohne nachzudenken, auf die Kommandos reagiert. Erst dann werdet ihr an den Waffen ausgebildet.«
Die Offiziere neben Georg Ackermann blickten die Männer streng an. Die kommenden Tage würden für die Neuen kein Zuckerschlecken sein, sondern Schweiß und Tränen bedeuten, bis sie jedem Befehl blind gehorchten.
»Unsere Kompanie besteht aus hundert Pikenieren und hundertsechzig Musketieren«, fuhr Georg Ackermann fort. »Die Musketiere stehen hinter den Pikenieren und feuern über deren Köpfe hinweg. Sie müssen wissen: Das Laden und Abfeuern von Musketen ist aber eine Wissenschaft für sich.«
Er nahm eine Muskete in die Hand.
»Zielen und Feuern, ohne zu verreißen, ist nicht alles. Der Musketier muss die Kugeln mit einer Zange aus einer Bleiplatte herauspressen und sorgfältig die Kanten glätten, damit sie später nicht im Lauf stecken bleibt und ihm die ganze Waffe um die Ohren fliegt.
Zum Laden füllt er die genau richtige Menge aus einem Pulverhorn in den Lauf und stopft es mit dem Ladestock fest. Dann wird die Kugel mit dem Ladestock nach unten gedrückt. Danach legt er die Muskete auf die Stützgabel und schüttet Pulver auf die Pfanne neben dem Zündloch. Er muss aufpassen, dass der Wind es nicht wegbläst. Beim Feuern wird die glühende Lunte vom Schloss auf das Pulver gedrückt. Die Lunte besteht aus einer Hanfschnur, die in einer Lösung aus Kalisalpeter und Bleisalz getränkt worden ist. Wie gesagt, alles nicht so einfach. Ist das Pulver trocken und die Muskete gut gestopft, geht der Schuss los, und das Laden beginnt von vorne.«
Die Männer starrten ihn an, als hätte ein Ochse sie vor den Kopf getreten. Sie waren nicht die Hellsten und konnten sicherlich mit der Heugabel besser umgehen als mit einem Schreibgriffel, falls sie überhaupt lesen und schreiben konnten. Georg Ackermann bezweifelte es.
Er holte tief Luft. Dann war ja klar, wo er sie hinstellen würde: In vorderster Reihe als Pikeniere. Wer einen Stall ausmisten konnte, konnte auch eine Pike halten. Kräftig genug dafür waren die Männer allemal.
»Kommen wir nun zu den Hellebardieren und Rondartschieren. Unsere Kompanie hat davon je zwanzig Söldner. Rondartschiere sind gut ausgebildete Schwertkämpfer, die noch das Langschwert verwenden. Ihr Name kommt von ihrem Rundschild, der Rondartsche. Sie versuchen in den Feuerpausen die Formation der Musketiere zu zerschlagen.«
Er ließ einen mit Kettenhemd, Brustharnisch, Stahlhelm und Beinschienen gerüsteten Söldner vortreten.
»Diese Schwertkämpfer werden heute nur noch im kaiserlichen Heer eingesetzt«, fuhr Georg Ackermann fort. »Dabei sind sie außerordentlich erfolgreich und fügen den feindlichen Musketieren und Pikenieren oft schwere Verluste zu. Gerade wenn sich zwei Pikenierformationen verkeilt haben, sind sie unentbehrlich. Sie versuchen, die gegnerischen Piken mit den Schilden abzuwehren und die Pikeniere mit dem Schwert niederzuschlagen.
Hellebardiere haben die gleiche Aufgabe wie Rondartschiere. Mit ihrer Beilklinge können sie dem Gegner die Waffe aus den Händen reißen oder in Rücken, Hals und Beine einhaken, um ihn aus dem Gleichgewicht oder sogar zu Fall zu bringen. Mit dem Schlagdorn der Hellebarde schlagen sie anschließend Rüstung oder Helm ein. Sie reißen außerdem mit der Beilklinge Reiter aus dem Sattel oder verletzen die Beine der Pferde, sodass diese zu Boden gehen. Viele Generäle setzen sie leider nicht mehr ein.«
Er winkte einem Söldner zu, der mit seiner Hellebarde wartete. Der Mann trat dem Rondartschier gegenüber. Er täuschte Stiche zur Brust des Söldners an, dann ließ er die Hellebarde über seinen Kopf kreisen. Krachend schlug die Beilklinge gegen das Schild des anderen. Blitzschnell duckte sich der Hellebardier, hakte die Beilklinge in das vordere Bein des Rondartschiers und zog die Waffe mit voller Kraft zurück. Der Mann fiel nach vorne, drehte sich dabei und landete auf dem Rücken. Im selben Moment sauste der Schlagdorn der Hellebarde auf ihn herab und blieb nur einen Fingerbreit über dem Brustharnisch stehen.
»Beeindruckend, nicht wahr?!« Georg Ackermann musterte die Neuen, die mit offenen Mäulern auf die beiden Söldner starrten. »Aber um so kämpfen zu können, braucht man viel Übung. Deshalb
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