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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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Reihen der Feinde. Doch die Zahl der gegen sie gerichteten Piken schien nicht weniger zu werden. Die Menge der kaiserlichen Söldner wirkte jetzt auf die wenigen Verteidiger wie ein Schweizer Gewalthaufen aus dem vorletzten Jahrhundert, der bis zu fünftausend Mann umfassen konnte.
    Berwitz' Männer feuerten und beteten, feuerten und beteten. Doch der Feind marschierte näher und näher und setzte schließlich zum Sturm an.
    »Pechkugeln, werft!«, befahl Leutnant Berwitz.
    Die Soldaten packten die Drahtseile der brennenden Geschosse, holten Schwung, drehten sich immer schneller um die eigene Achse und schleuderten die Pechkugeln schließlich über die Wälle auf die heranstürmenden Feinde. Feuer und Rauch stiegen auf, in Flammen stehende Männer wälzten sich schreiend am Boden. Der Ansturm der Feinde geriet ins Stocken. Viele Söldner zogen sich zurück, um nicht von den Flammen erfasst zu werden.
    Brüllend stürzten sich die Verteidiger mit angelegten Piken über die Wälle auf den verwirrten Feind. Wieder flohen die Kaiserlichen über die Wiese zurück in den schützenden Wald.
    Sofort gab Leutnant Berwitz den Befehl zum Rückzug. Der Feind sollte nicht sehen, wie klein die Gruppe der Verteidiger wirklich war.
    »Männer«, sagte er anerkennend, »ihr habt mit Gottes Hilfe tapfer gekämpft. Wir haben Pappenheims Kompanien zweimal zurückgeschlagen. Doch nun geht unsere Munition allmählich zur Neige. Lange werden wir die Stellung nicht mehr halten können. Was schlagt ihr vor: Sollen wir bleiben oder uns über die Elbe nach Magdeburg absetzen?«
    »Wir bleiben!«, sagte einer der Soldaten mit grimmig entschlossenem Blick. »Sicherlich haben uns Tillys Truppen schon längst den Rückweg abgeschnitten, während die Pappenheimer uns hier angreifen. Wir haben da keine Chance, durchzukommen.«
    Die anderen nickten zustimmend.
    »Ihr wisst, was das bedeutet? Kampf bis zum letzten Blutstropfen!«, sagte ihr Kommandant.
    »Ja, das wissen wir!«, erwiderte der Soldat.
    »Gut, dann nehmt wieder eure Plätze ein.«
    Sie waren keinen Augenblick zu früh zu ihren Stellungen zurückgekehrt, denn Servellis Söldner griffen ein drittes Mal an, mussten aber auch diesmal wieder mit hohen Verlusten abziehen. Es war, als hätte sich Gott gegen Tilly und Pappenheim gestellt und wollte ihr Verderben. Inzwischen war die Wiese rund um die Schanze »Magdeburger Succurs« mit Leichen und vor Schmerzen schreienden und stöhnenden Söldnern übersät. Niemand kam ihnen zur Hilfe oder versorgte ihre Wunden. Ein schwer verletzter Söldner galt eben nicht viel, denn er konnte nicht mehr kämpfen. Das allein aber machte seinen Wert aus.
    »Tilly ist eingetroffen!«, rief einer der Soldaten Leutnant Berwitz zu. »Ich habe ihn und seinen Standartenführer drüben am Waldrand gesehen.«
    »Dann gnade uns Gott!«, erwiderte dieser. »Sicherlich ist er nicht allein gekommen. Gegen diese Übermacht haben wir keine Chance!«
    Er ließ die letzte Munition und das restliche Pulver ausgeben und ermutigte seine von den Kämpfen erschöpften Männer noch einmal, ehe er sie auf ihre Posten zurückschickte.
    Der vierte Angriff ließ nicht lange auf sich warten. Diesmal stürmten die Kaiserlichen wie vom Teufel gejagt auf die Schanze zu. Offensichtlich hatte Tilly ihnen ordentlich die Hölle eingeheizt, sodass ihre Furcht vor einem weiteren Versagen größer war als ihre Angst vor dem Tod auf dem Schlachtfeld. Zwar streckte Schuss auf Schuss die Angreifer nieder, doch sie wurden nicht weniger. Kurz vor dem Wall drängten sich spanische Rondartschiere nach vorne, wehrten mit ihren eisernen Rundschilden die Piken der Verteidiger ab oder hieben sie mit ihren Langschwertern in Stücke. Die Reihe der Magdeburger geriet ins Wanken. Einer nach dem anderen der tapfer kämpfenden Soldaten fiel tödlich getroffen den Wall hinunter.
    Ein scharfer Schmerz schnitt durch Leutnant Berwitz' rechten Oberarm. Eine Drahtkugel hatte ihn durchschossen! Er ließ sein Schwert fallen und schrie aus Leibeskräften: »Rückzug! Rückzug!«
    Ihre Lage war aussichtslos geworden. Vielleicht konnten einige noch ihr Leben retten.
    Sofort stürmten die Männer, die noch fliehen konnten, den Wall hinunter und verschanzten sich mit ihrem Kommandeur in dem aus starken Eichenbohlen gebauten Wachhaus. Wütend schlugen die feindlichen Söldner von außen gegen die massive Tür, aber sie gab keinen Fingerbreit nach.
    Der Raum wurde nur durch schmale Schießscharten erhellt, doch auch in diesem

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