FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
uns.«
Draußen war es still geworden. Schließlich rief eine raue Männerstimme: »Gut, kommt raus!«
Der junge Soldat öffnete nun die Tür ganz, sodass sein Kommandeur hinaustreten konnte. Leutnant Berwitz musste nach Luft schnappen, als er die Wand der gegen ihn gerichteten Piken sah.
Nur eine einzige falsche Bewegung, und er würde in der nächsten Sekunde von mindestes zehn Spießen auf einmal durchbohrt werden. Blass und mit unsicher fragenden Blicken traten nun auch seine Männer einer nach dem anderen hinter ihm aus dem Wachhaus heraus und hoben zitternd ihre Hände.
Berwitz kniete mit seiner weißen Fahne in der Linken nieder, und auch die achtzehn Soldaten fielen auf ihre Knie.
Ein Offizier mit schwarzen Haaren, sauber ausrasiertem Bart und braunem Teint schob sich durch die Reihen der Söldner nach vorne. Er stellte sich breitbeinig vor die Besiegten hin und blickte von oben auf sie herab.
»Habt Erbarmen mit uns, Herr Kommandeur«, bat Berwitz demütig, »wie auch Gott ein barmherziger Gott ist.«
Der Offizier schwieg eine Weile. Schließlich sagte er mit bitterer Stimme: »Warum soll ich euch gegenüber irgendwelche Rücksicht zeigen oder barmherzig sein? Ihr habt viele meiner besten Männer erschlagen. Warum sollte ich euch da nicht auch zum Teufel schicken?«
»Das war während der Schlacht«, erwiderte Berwitz mit gesenktem Kopf. »Auch die meisten meiner Männer sind dabei gefallen.«
Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. Er spürte ganz deutlich den Knoten in seinem Magen. Die nächsten Augenblicke würden über Leben und Tod entscheiden, und er wollte leben – wie die anderen auch!
»Die Schlacht ist für mich aber noch nicht zu Ende«, schnarrte der Offizier. Er hob die Hand, um den Befehl zur Exekution zu geben.
»Halt!«, rief eine befehlsgewohnte Stimme. »Haltet ein, Leutnant Savelli.« Ein Reiter mit zwei Gefolgsleuten und einem Bannerträger bahnte sich den Weg durch die Reihen der Söldner. Ehrfurchtsvoll wichen diese zur Seite und machten ihm Platz.
Leutnant Berwitz hatte Generalleutnant Johann Graf von Tilly noch nie gesehen, erkannte aber den hageren Mann mit den scharfen Gesichtszügen und den feurigen Augen sofort, so viel hatte er schon von ihm gehört. Der Feldherr strahlte eine natürliche Autorität aus, der sich niemand seiner Untergebenen zu widersetzen wagte.
Tilly hielt direkt vor dem knienden Berwitz an und fragte: »Wie heißt Ihr, Soldat?«
»Berwitz, Leutnant Berwitz, General. Ich bin Kommandant der Schanze Magdeburger Succurs.«
»Magdeburger Succurs? Viel Hilfe und Unterstützung hat euer Bollwerk aber der Stadt nicht gebracht.«
Tilly lächelte spöttisch, wurde aber schnell wieder ernst.
»Doch Eure Männer haben tapfer gekämpft! Dreimal habt Ihr die Pappenheimer Kompanien zurückgeworfen, und wenn ich ihnen nicht zu Hilfe gekommen wäre, hätten sie die Schanze noch immer nicht erobert.«
Diesmal blickte der Feldherr ein wenig verächtlich auf Leutnant Savelli herab, der sich sichtlich unwohl bei diesem versteckten Tadel fühlte.
»Leutnant Berwitz, ich schenke Ihnen und Ihren Männern das Leben, wenn Ihr in meine Dienste tretet. Solche mutigen und tapferen Kämpfer sind mir immer willkommen.«
Berwitz blickte den Grafen unglücklich an.
»Was ist?«, wollte Tilly wissen. »Seid Ihr nicht froh, dass ich Euch und Eure Männer am Leben lassen will. Ihr wollt doch nicht etwa als Märtyrer sterben?!«
»Nein, Herr, aber wir sind doch Protestanten und kämpfen für den Erhalt des lutherischen Glaubens …«
»Papperlapapp!«, fuhr Tilly ihm über den Mund. »In diesem Krieg geht es doch gar nicht um Gott, Kirche und Glauben. Fragt meine Männer. Meint Ihr, dass sie alle treue Söhne der Kirche von Rom sind? Bestimmt nicht! Manche sind Lutheraner, andere Muslime und manche sind schlimme Heiden, die von Gott und Papst nicht das Geringste wissen. Und auch meinen katholischen Männern geht es mehr um Sold und reiche Beute als um den Sieg der Kirche. Glaubt mir, Leutnant!«
»Und doch können wir nicht mit Euch gegen unsere Glaubensbrüder kämpfen.«
Man sah Tilly an, dass er sich innerlich ärgerte. Er war es nicht gewohnt, dass jemand seinen Wünschen widersprach. Doch er schien sich schnell wieder zu fassen.
»Ich weiß nicht, Leutnant, ob ich mich mehr über Eure große Sturheit ärgern oder mehr Eure große Standhaftigkeit und Grundsatztreue bewundern soll. – Entscheidet Euch jetzt oder ich überlasse Euch mit Euren Männern den Pappenheimern.
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