FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Ihr wisst, worauf sie brennen.«
Leutnant Berwitz blickte zuerst in die hasserfüllten Gesichter von Savellis Söldnern, dann wandte er sich seinen Männern zu. Auch wenn er in ihren Augen schreckliche Angst sah, schüttelten sie doch alle den Kopf.
»Wir können nicht die Seiten wechseln. Bitte versteht uns, Herr«, sagte Leutnant Berwitz. »Dennoch bitten wir um Gnade.«
»Keine Gnade!«, sagte Tilly kurz angebunden und wandte erbost sein Pferd. »Savelli, macht mit den Leuten, was ihr wollt, aber lasst ihren Offizier am Leben.«
Berwitz sprang auf seine Füße und rief erregt: »General, ich bitte euch: Nehmt mein Leben, aber tötet nicht meine Männer!«
Erstaunt zog Tilly die Zügel seines Pferdes und blickte auf den verletzten, bleichen Mann herab, der sich ihm mutig widersetzt hatte, und der bereit war, für seine Männer zu sterben. Man sah, dass es in ihm arbeitete.
»Sie sind ein tapferer Mann, Leutnant«, sagte er schließlich anerkennend, »und genau deshalb hätte ich Sie gerne unter meinen Offizieren gehabt. – Sie erinnern mich an eine Geschichte aus der Bibel, die mir ein Mönch erzählt hat, als ich noch in die Klosterschule ging. Als Gott von den ewig maulenden Israeliten die Nase voll hatte und sie vom Erdboden vertilgen wollte, war ihr Anführer Mose bereit, für diese Nervensägen zu sterben. Das hat mich damals tief beeindruckt. Ich jedenfalls hätte das nicht gemacht. Ich bin es gewohnt, dass andere für mich sterben.«
Er lächelte dem Offizier zu, und dieses Lächeln schien tatsächlich von Herzen zu kommen.
»Sie, Leutnant Berwitz, haben mich ebenfalls beeindruckt. Deshalb schenke ich Ihnen und Ihren Männern das Leben. Ich habe nur eine Bedingung: Ich möchte Sie und Ihre Männer niemals wieder im Kampf auf der Seite meiner Feinde sehen. Haben Sie das verstanden?«
Leutnant Berwitz nickte demütig. Er spürte, wie eine ungeheure Last von ihm abfiel, und seine Augen feucht wurden. Auch hinter ihm ging ein Seufzer der Erleichterung durch die Reihe seiner Männer.
»Habt von Herzen Dank, Herr General, für Eure Güte! Gott segne Euch dafür. Wir werden uns an Ihre Bedingung halten und Sie nicht enttäuschen!«
»Ich möchte nämlich nicht noch einmal so viele Männer im Kampf verlieren wie heute«, fuhr Tilly fort und zwinkerte ihm zu. »Schwört mir also, dass Ihr Euch an Euer Versprechen haltet.«
»Herr, wir können nicht schwören, weil Jesus in der Bergpredigt gesagt hat, dass unsere Rede nur ›Ja, ja‹ und ›Nein, nein‹ sein soll.«
»Ach, Ihr Protestanten mit Eurer Bibel!«, winkte Tilly unwirsch ab, gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte in einer Staubfahne davon, während ihm seine Begleiter folgten.
Kapitän Georg Ackermann sollte – wie mit dem Generalstab abgesprochen – die Schanze Trutz Tilly mit seinen Söldnern stürmen, nachdem der Graf die Schlacht durch das Kanonenfeuer auf Trutz Pappenheim eröffnet hatte. Doch er selbst hielt diesen Plan für zu gefährlich. Er rief seinen Leutnant, Klaus Münzhofer, den Feldwebel und die zwei Gemeinwebel der Kompanie zu sich und beriet sich eingehend mit ihnen.
»Die Kanonen werden die Magdeburger aufschrecken und hellwach machen«, sagte er. »Wenn wir erst dann über die Wiese zur Schanze stürmen, werden viele unserer Männer von den Musketen niedergemäht werden.«
»Ich halte das auch für keinen guten Plan«, stimmte Leutnant Münzhofer zu.
Die beiden Gemeinwebel und der Feldwebel nickten.
»Was schlagt ihr vor?«, wollte Ackermann wissen.
»Warum schleichen wir uns nicht im Schutz der Dunkelheit an?«, meinte einer der Gemeinwebel. »Sobald Pappenheim zu feuern beginnt, stürmen wir den Wall hinauf und überraschen so den Feind.«
»Guter Plan, das gefällt mir!«, nickte der Kapitän ihm zu.
»Was ist aber, wenn man uns vorher bemerkt?«, warf Leutnant Münzhofer ein.
»Dann stürmen wir sofort und kommen Pappenheim eben zuvor. Was soll's?!«, winkte der Gemeinwebel ab. »Wichtig ist nur, dass wir ohne große Verluste die Schanze vom Feind klären. Dann wird es dem General egal sein, wer zuerst geschossen hat.«
Georg Ackermann überlegte kurz und nickte: »Genau so machen wir's! Instruiert unsere Leute.«
Kurz darauf schlichen sich die Söldner der Kompanie – nur mit Schwertern, Dolchen und Radschlosspistolen bewaffnet – wie Katzen durch den Wald und anschließend über das Stück Wiese. Sie konnten im Graben unterhalb des Walls Stellung beziehen, ohne dass es jemand von den Wachhabenden
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