freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
zwanzig Hooligans zusammenrotten oder dessen Auto in Flammen aufgeht, sieht zu, daß er Land gewinnt. Und
dann braucht man sie, um Stimmung für oder gegen den Trainer zu machen, manchmal sogar gegen den Präsidenten, wenn Rebuffo
mit ihm gerade im Clinch liegt.«
»Nicht schlecht … wirklich ein aufgeweckter Haufen. Sportlich und fair. Und die Schiedsrichter?«
|84| »Die sind bestechlich, das ist klar. Natürlich nicht alle. Aber viele, vor allem die berühmtesten. Das ist wie in vielen anderen
Branchen auch: in der Politik, in der Justiz, im Journalismus. Je weiter oben du bist, desto wahrscheinlicher ist, daß dich
faule Kompromisse dort hingebracht haben. Jeder Schiedsrichter hat seinen Preis, und es ist nicht gesagt, daß es sich dabei
um Geld handelt. Manch einer ist schon mit dem ein oder anderen Nachtclub-Besuch zufrieden, Edelnutte inbegriffen; andere
tun es nur aus Macht- und Ruhmsucht und machen sich zu Handlangern des Establishments, damit man ihnen für die Zukunft einen
Platz in der Fußballszene freihält, in irgendeinem Club oder im Fernsehen.«
»Und Ferretti, warum tat er es?«
»Bei ihm war von allem etwas dabei. Du kannst beim ›Basic Instinct‹ anfangen, einem Privatclub bei Carmagnola, vor den Toren
Turins: In erster Linie junge Osteuropäerinnen, aber auch italienische Mädchen aus gutem Haus. Dort ist er, wie es scheint,
mehrmals mit Rebuffo und dessen Spießgesellen gewesen. Und dann der Einfluß natürlich: Er war mittlerweile ein internationaler
Schiedsrichter, der wichtige Spiele leitete und sich Hoffnungen auf die Weltmeisterschaften machen durfte. Und wenn er es
letztes Jahr nicht zu bunt getrieben hätte, dann hätte er es vermutlich auch geschafft.«
»Aber kann Rebuffo denn so dreist die Strippen ziehen? Oder benutzt er Strohmänner?«
Baffigo trank seinen Whiskey aus, und der Barkeeper brachte ihm sofort einen neuen.
»Rebuffo ist dreist. Er hält sich für besonders schlau und abgebrüht, aber in Wirklichkeit ist er so stolz auf seine Machenschaften,
daß er sich keine besondere Mühe gibt, sie zu tarnen, im Gegenteil, manchmal scheint er sich damit zu brüsten. Ein bißchen
so wie die Sozialisten mit |85| den Schmiergeldern.« Er hielt plötzlich inne, weil ihm klar wurde, daß er einen Fauxpas begangen hatte. »Entschuldige, Marco,
ich habe damit nicht gemeint …«
»Schon gut, das ist längst passé.«
Baffigo murmelte noch eine Entschuldigung, ehe er seinen Gedanken wieder aufnahm: »Jedenfalls ist die Schlüsselfigur – derjenige,
der die Schiedsrichter nach eigenem Gutdünken einsetzt – Mario Colnago, der
designatore
. Er ist der widerwärtigste und hinterhältigste Wächter des Status quo der Macht, die Vollzugsgewalt der Fußballmafia, der
mächtigen Vereine. Viele haben versucht, an seinem Stuhl zu sägen, es sind auch ein paar hübsche Skandale ruchbar geworden,
wie zum Beispiel vor einigen Jahren, kannst du dich erinnern?«
»Von damals kaum, ich habe neulich etwas im Internet gelesen. Es ging um Geschenke von seiten der Präsidenten, scheint mir.«
»Ja. Die üblichen Aufmerksamkeiten zum Weihnachtsfest, allerdings im Wert von zehntausend Euro pro Stück. Wie auch immer,
dieses Sackgesicht bestimmt, wer wo pfeift, was bedeutet, daß er entscheiden kann, wer die Meisterschaft gewinnt, wer absteigt,
einfach alles.«
Marco Luciani war verblüfft. »Aber wurden die Schiedsrichter nicht per Losverfahren bestimmt?«
»Ach ja, das Losverfahren! Das wirkliche, konsequente Zufallsverfahren wurde nur ein einziges Mal angewandt. Und weißt du,
wer den Titel geholt hat? Hellas Verona. Das spricht Bände. Da haben die großen Clubs natürlich gleich die Notbremse gezogen;
zuerst haben sie das Vetorecht wegen Befangenheit eingeführt, das heißt: wenn ein Schiedsrichter ihnen nicht behagte, konnten
sie verlangen, daß er ausgetauscht wurde. Überleg dir mal: ein fähiger, ehrlicher Schiedsrichter, der von Juventus Turin und
AC Milan wegen Befangenheit abgelehnt wird, weil er ihnen, |86| sagen wir, nicht zur Hand geht. Der wird nie die wichtigen Partien leiten, die Spitzenspiele, die über die Meisterschaft entscheiden.
Und wenn er ein oder zwei Jahre auf dem Abstellgleis verbracht hat, wie wird er dann Spiele dieser Mannschaften leiten, wenn
er wieder darf? Unbefangen? Gegen diese Schweinerei ist häufig gewettert worden, also hat man ein Gruppensystem entwickelt,
aber in Wahrheit ist alles manipuliert, die legen
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