freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
allem jetzt.«
Sein Gegenüber lächelte: »Vor ein paar Jahren hätte ich es vielleicht gebracht, aber mit der Zeit habe ich kapiert, daß man
mit den Bomben nur Leute hochgehen lassen sollte, die es auch verdienen. Sonst wenden sich die Sensationsmeldungen am Ende
nur gegen den, der schreibt.«
Der Kommissar senkte den Blick. Er spürte, daß er Baffigo zu Dank verpflichtet war, und sagte: »Ich werde versuchen dir einen
anderen Knaller zu liefern, am Ende dieser Geschichte. Vielleicht ein Exklusivinterview mit dem Mörder.«
Der Journalist hob das Glas. »Soviel erwarte ich gar nicht. Ich will nur, daß du mir, wenn alles vorbei ist, eine Frage beantwortest.«
|89| Als der Kommissar nach Hause kam, fand er auf der Briefkastenzeile einen dicken braunen Umschlag, auf dem mit schwarzem Filzer
sein Name, aber kein Absender geschrieben stand. Er nahm ihn in die Hand und spürte durch den Umschlag einen rechteckigen,
relativ leichten Gegenstand. Es waren weder Drähte noch sonst etwas Verdächtiges auszumachen. Während Luciani seine Wohnung
betrat, öffnete er vorsichtig die Sendung. Sie enthielt eine Videokassette mit einem Kärtchen, auf dem stand: »Lieber Herr
Kommissar, Sie haben mich heute gebeten, Beweise für den Selbstmord zu liefern. Dies ist der Videomitschnitt des Spiels vom
Sonntag. Falls Sie es noch nicht getan haben, dann schauen Sie ihn sich an, er wird Sie interessieren. Was in der 21. Spielminute
passiert, wird einen eurer Hauptzweifel ausräumen, und was anschließend geschieht, hätte auch weniger labile Menschen, als
Ferretti es war, aus der Bahn geworfen. Die Wahrheit ist immer einfacher, als man glaubt.« Darunter die Unterschrift Alfredo
Rebuffos.
Dieser Idiot gefällt sich jetzt auch noch in Ratespielen, dachte Marco Luciani. Hätte er nicht einfach sagen können, worauf
er hinauswill? Allerdings mußte der Kommissar ein Versäumnis einräumen: Er hätte sich längst die Aufzeichnung des Spiels anschauen
müssen. Er zog Jacke, Hemd und Hose aus, schlüpfte in T-Shirt und Bermuda-Shorts und ging in die Küche, wo er sich einen Tee
mit viel Zucker bereitete. Dann schob er die Kassette in den Videorekorder, streckte sich auf dem Sofa aus und betrachtete
die Partie so, wie er es noch nie getan hatte, indem er sich nämlich nur auf den Schiedsrichter und dessen merkwürdiges Spiel
im Spiel konzentrierte. Bis zur zehnten Minute geschah nichts Besonderes, doch dann griff Ferretti ein: mit einer Gelben Karte
für einen Spieler der Heimmannschaft. Luciani bemerkte, daß der Referee mit der linken Hand schrieb. Ein kleiner Zweifel war
also schon ausgeräumt, |90| und zwar im gewünschten Sinne. Einige Minuten später verwarnte der Schiedsrichter einen weiteren Spieler, ebenfalls aus der
gastgebenden Mannschaft; dann revidierte er eine Freistoßentscheidung, anschließend pfiff er eine klare Torgelegenheit ab,
weil er den Stürmer fälschlicherweise im Abseits gesehen haben wollte: Die Fernsehkamera fing einen Moment lang Adelchi ein,
der unbeeindruckt alle Proteste schluckte. Die meisten Entscheidungen begünstigten Rebuffos Team; nichts Eklatantes, aber
doch genug, um das Spiel in die gewünschte Richtung zu lenken. Um die 20. Spielminute herum geriet Ferretti plötzlich in die
Flugbahn eines verunglückten Schusses; der Ball traf ihn aus drei Meter Entfernung am Kopf. Er ging in die Knie, sank auf
alle viere, war aber geistesgegenwärtig genug, um das Spiel abzupfeifen. Er verlangte eine kurze Pause, während der Spieler,
der ihn getroffen hatte, sich bei ihm entschuldigte. Auch die anderen eilten zu Hilfe. Ein Masseur drückte ihm einen nassen
Schwamm an die rechte Schläfe, und einige Minuten später war der Schiedsrichter in der Lage, das Spiel fortzusetzen. Die Kamera
zoomte auf ihn, während er das Spiel wieder anpfiff.
Marco Luciani griff sofort zum Telefon und wählte Vassallos Handynummer. Hoffentlich hat er es noch nicht abgeschaltet, dachte
er. Er ließ es klingeln, bis eine etwas mürrische Stimme fragte:
»Ja bitte?«
»Entschuldigen Sie die späte Störung, Herr Doktor. Hier ist Luciani. Ich schaue mir gerade die Aufzeichnung des Spiels an
und wollte schnell eine Frage loswerden.«
»Fragen Sie.«
»Dieses Mal an Ferrettis Schläfe … Kann das von einem harten Schuß mit dem Ball herrühren?«
Vassallo schwieg einen Moment. Er schien überrascht. »Nun … theoretisch schon. Aber von einem ziemlich |91| strammen
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