freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
solchen Fällen ausspielte, um ein paar Sekunden
Zeit zu gewinnen und seinen Impuls zu bezwingen.
»Gut, ich würde sagen, wir besprechen alles der Reihe nach …«, setzte er an.
»Bevor wir beginnen, Herr Kommissar, würde ich gerne einige Dinge vorausschicken. Allem voran: Daß ich hier ohne Anwalt vorspreche,
hat zwei ganz simple Gründe. Erstens habe ich nicht das Geringste zu verbergen. Zweitens habe ich selber Jura studiert und
bin daher bestens in der Lage, mich gegen etwaige Tricks und Einschüchterungsversuche zu wehren.«
Marco Luciani war schon wieder drauf und dran, zurückzuschießen. Wenn hier jemand Einschüchterungsversuche unternahm, dann
war das Colnago. Aber auch diesmal beherrschte sich der Kommissar. »Das ist erfreulich für Sie. Wie ich bereits sagte …«
»Warten Sie. Ich bin noch nicht fertig. Es gibt noch etwas, das Sie wissen sollten …«
Dem Kommissar lag eine ganze Reihe ausgesprochen origineller Beleidigungen auf der Zunge. Wieder suchte er nach einer unverfänglichen
Floskel, um sie niederzuringen, doch dann spürte er, wie das Blut in seinen Schläfen pochte, und er dachte: Zum Kuckuck, wie
lange soll das so weitergehen, daß ich das eine denke und das andere sage?
|133| »Stop«, sagte er und gebot seinem Gegenüber mit vorgestreckter Hand Einhalt. »Mich interessiert nicht, was Sie mir sagen wollen.
Und nachdem ich dreißig Sekunden lang ihr Arschgesicht gesehen hatte, interessierte mich nicht einmal mehr das, was
ich Ihnen
sagen wollte. Ja, schauen Sie mich nicht so an, ich habe tatsächlich Arschgesicht gesagt, und ich füge gerne noch hinzu, daß
Sie ein Stück Scheiße sind, ein Lügner und ein Betrüger. Verlassen Sie diesen Raum, und lassen Sie sich bloß nicht wieder
blicken, denn wenn ich Sie zufällig in einer finsteren Gasse erwische, dann rücke ich Ihnen mit Fußtritten ihre arrogante
korrupte Visage zurecht.«
Mario Colnago war bereits mit krebsrotem Gesicht aufgesprungen, den Mund vor Empörung aufgerissen, und stach mit dem Finger
in die Luft. Er schnaubte, sah sich auf der Suche nach Zeugen um, stammelte ein paar unverständliche Worte und platzte dann
heraus: »Sie … Sie … Sie haben mich beleidigt, und dafür werde ich Sie anzeigen. Ich werde Sie verklagen, so wahr ich hier
stehe. Ich bin wie ein Würdenträger des Staates, Sie …«
»Finden Sie alleine raus, oder muß ich Ihnen noch einen Tritt in den Hintern verpassen? Unter uns bemerkt: ich habe Schuhgröße
neunundvierzig.«
Colnago war wie der Blitz an der Tür. Er öffnete sie, drehte sich um: »Wir werden Sie wie eine Wanze zerquetschen. Ein widerliches
Insekt wie Sie verdient es nicht anders. Sie wissen nicht, wen Sie sich zu beleidigen erdreistet haben. Sie werden es bald
merken. Sie sind erledigt. Erledigt!«
Er ging hinaus und warf die Tür zu. Einen Wimpernschlag später knallte der Stifthalter aus Keramik, den der Kommissar geschleudert
hatte, gegen die Wand. Marco Luciani war so gereizt, daß er bebte, er klammerte sich an der Schreibtischplatte fest, bis seine
Knöchel weiß wurden. |134| Dann atmete er zwei-, dreimal tief durch, beruhigte sich und dachte mit einem Lächeln an das Gesicht, das Colnago gemacht
hatte. Es war eines jener Gesichter, die einem den Tag versüßten.
»Kommissar, ein Anruf auf Leitung zwei.«
»Wer ist es?«
»Ein Versicherungsdetektiv.«
»Nein. Um Himmels willen, sag ihm, ich bin in einer Besprechung. Stell mir bitte niemanden mehr durch, ich gehe nämlich jetzt.«
Er legte auf, schaute auf die Uhr und fluchte. Er versuchte dem ungläubigen Blick Giampieris auszuweichen, der gerade hereingekommen
war, unter dem Arm einen gewaltigen Aktenstapel: »Du gehst? Jetzt?«
»Ja, ich bin eh schon spät dran.«
»Und wohin gehst du?«
Wohin es mir paßt, dachte er. Aber er antwortete nur: »Ich muß jemanden treffen.«
»Ach, übrigens. Ich habe dieses Mädel von neulich wiedergesehen, die auf dem Flur war.«
»Schön.«
»Sie wollte eigentlich mit dir reden, aber wahrscheinlich hast du dich wie immer verleugnen lassen. Du hast etwas verpaßt,
von vorne ist die noch besser als von hinten. Ich denke, sie kommt wieder; wenn du willst, bringe ich sie dann zu dir.«
Luciani fielen wieder ihre langen Beine, ihr geschmeidiger Gang ein.
»Nein, laß gut sein. Schöne Frauen muß man ignorieren, dann denken sie, du wärst nicht interessiert, und setzen ihren ganzen
Ehrgeiz daran, dich zu verführen.«
»Aha,
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