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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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wurde bewußt, daß er noch immer Gretas Handgelenke umklammert hielt, obwohl ihre Arme keinen Widerstand mehr
     leisteten. Beim Wort »Polizei« tauschten sie einen flüchtigen Blick, nur für einen Sekundenbruchteil. Aber ihnen wurde klar,
     daß die Situation lächerlich geworden war.
    Er ließ sie los, sie holte ein Taschentuch hervor, um sich die Tränen abzuwischen. »Das ist nicht nötig, danke.« Sie sammelte
     ihre Schuhe ein und zog sie wieder an, während ein weiterer Schluchzer sie schüttelte.
    Es hatten sich noch mehr Leute eingefunden. Der Junge wollte nicht einfach das Feld räumen, nachdem er nun im Zentrum der
     Aufmerksamkeit stand. Er hatte die unschuldige Jungfer den Klauen des Drachen entrissen und wollte es jedermann wissen lassen:
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja, danke. Es ist alles in Ordnung. Nur ein Streit … das kommt vor.«
    Auch das häßliche Entlein wollte seinen Teil vom Ruhm abhaben:
    »Ja, aber handgreiflich gegen eine Frau zu werden, das geht nicht.«
    Zwei oder drei Leute nickten zustimmend. Alle schauten Luciani strafend an. Das war selbst für den Kommissar zuviel.
    »Hoi, hoi, hoi, habt ihr’s jetzt bald? Du, Bubi, hast den Helden gespielt, Glückwunsch, jetzt verziehst du dich aber mit deiner
     Mißgeburt. Und dann wird bitte die Versammlung hier aufgelöst, die Polizei ist schon vor Ort«, sagte er und zückte seinen
     Dienstausweis.
    Er nahm Greta am Arm und zog sie aus der Menschentraube, sie machten sich rasch davon, während hinter ihnen die Leute mit
     lauter Stimme ihre Kommentare abgaben: |130| »Eine Schande« … »Und so jemand soll zu unserem Schutz da sein« … »Ruft die Carabinieri«.
    Der Kommissar warf einen Blick zurück. Dem häßlichen Entlein stand immer noch die Zornesröte im Gesicht. Ihr Freund hatte
     ihr einen Arm um die Schultern gelegt, vermied aber, sie anzusehen.
     
    Als Luciani sich schlafen legte, war es fast drei. Wegen Greta machte er sich keine Vorwürfe, er wußte, daß sie sich nun endlich
     frei fühlen würde. Und er hoffte, daß es für sie nicht zu spät war und sie einen anderen Mann finden, Kinder bekommen und
     glücklich werden würde. Dagegen dachte er mit Beklemmung an das andere Pärchen, das er vermutlich mit einer einzigen Bemerkung
     entzweit hatte, mit einer billigen fiesen Bemerkung. Und diese Schuldgefühle ließen ihn die ganze Nacht nicht einschlafen.

|131| Freitag
    Alfredo Rebuffo war ein widerlicher Kerl, aber ihm war auch ein Zug von jovialer Spontaneität eigen, und so schien es nachvollziehbar,
     daß er sogar Freunde hatte, die ihm mit Sympathie begegneten. Man konnte – vorausgesetzt man war hartgesotten genug – mit
     ihm essen gehen, eine ordentliche
line
Koks schnupfen, ein paar Nutten abschleppen und befriedigt wieder nach Hause gehen.
    Mario Colnago dagegen war die Arroganz in Person. Die Arroganz der Macht in ihrer schlimmsten Ausprägung, der Macht im Stile
     eines Staatsanwalts Angelini, die nur für sich und durch sich selbst besteht, allein dem eigenen Erhalt dienliche Bekanntschaften
     pflegt und keinerlei Kameradschaft kennt. Man brauchte nur sein hochgerecktes Kinn und seinen verbissenen Kiefer anzusehen,
     seinen verächtlichen, anmaßenden Blick, und man wußte, daß er keine echten Freunde haben konnte und daß keine Frau ihn jemals
     wirklich lieben würde. Es stimmt tatsächlich, daß man jenseits der Fünfzig das Gesicht hat, das man verdient, dachte Marco
     Luciani, während er Colnago, der in seinem Büro vor ihm saß, betrachtete.
    Mario Colnagos Gesicht sprach Bände, ebenso wie sein blauer Zweireiher und die Fünfzehntausend-Euro-Rolex, an denen man den
     einstigen Postboten erkennen konnte, der es zu ungeahntem Reichtum gebracht hatte. Ihm Fragen zu stellen, war reine Zeitverschwendung,
     Colnago würde sicher nicht antworten, dachte Luciani, er schien eher der Typ, der im Kommissariat auftaucht, um selber Fragen
     zu stellen. Einen Versuch mußte er aber doch unternehmen.
    |132| »Herr Colnago …«
    »Doktor Colnago, wenn Sie nichts dagegen haben. Nicht um meinetwillen, sondern mit Rücksicht auf die Funktion, die ich bekleide.
     Und der Opfer wegen, die mir das Studium abverlangte, während ich gleichzeitig meine Schiedsrichtertätigkeit auf höchster
     Ebene fortführte.«
    Marco Luciani schossen rund ein Dutzend Sätze durchs Hirn, die er Colnago gerne an den Kopf geworfen hätte. Dann zog er jedoch,
     wie immer, die verbale Notbremse, zwei, drei Bemerkungen, die der Kommissar in

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