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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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versuchten
     sich möglichst anzuturnen, bevor es auf die Jagd ging; der Alkohol sollte ihre Schüchternheit in Charisma verwandeln. Vielleicht
     hätte auch ich mit einem Glas Cognac im Blut im Büro nicht wie ein Tolpatsch gewirkt, dachte Marco Luciani. Als junger Mann
     wußte er mit Frauen umzugehen, er war er selbst, benahm sich natürlich, brachte sie zum Lachen. Aber seine Rolle als Polizist
     hatte ihm nach und nach jede Selbstsicherheit genommen, und nun stand er, mit siebenunddreißig Jahren, einer gutaussehenden
     Frau so hilflos gegenüber wie ein Schuljunge, der entweder übertrieben gleichgültig reagierte oder hoffnungslos unbeholfen.
     Er erwartete gar nicht, daß er amüsant, brillant und verführerisch wirkte wie andere Männer, aber wenigstens natürlich wollte
     er sein, ab und zu mit einer originellen Bemerkung aufwarten, einen klugen Satz von sich geben.
    Er betrachtete das Firmament – die Tage wurden länger. Der Himmel war noch nicht schwarz, sondern kobaltblau, und die ungewöhnlich
     warme Luft löste eine Vorfreude auf den Sommer aus, wie Luciani sie schon lange nicht mehr |174| gespürt hatte. Er nahm die jungen Leute in der Bar genauer unter die Lupe. Die Burschen waren nicht viel jünger als er selbst,
     aber sie schienen ihm so fern, als ob sie seine Kinder wären. Sie trugen lange Koteletten und Gel im Haar, einige waren gepierct
     oder hatten Tattoos auf den Unterarmen. Unter den schwarzen Jacketts und den bunten Hemden lugten die im Fitneßcenter gestählten
     Brustmuskeln hervor. Auf der einen Seite fand er sie abstoßend, auf der anderen mußte er gestehen, daß sie in den Augen einer
     Frau wohl allesamt attraktiver und schicker wirkten als er selbst. Und auch die Mädchen waren unglaublich hübsch, im Schnitt
     viel hübscher als zu seiner Zeit. Vielleicht ein bißchen zu dünn, aber jedenfalls begehrenswert, und ihr Kleidungsstil und
     ihre Blicke sandten unzweideutige Signale aus. Sie wirkten nicht wie Mädchen, die lange fackelten, wenn ihnen nach Sex war.
    Er dachte an Greta, an das häßliche Pathos ihrer zerlaufenen Schminke, wie sie ihre Schuhe verloren und ihn auf der Straße
     attackiert hatte. Und auch er kam sich häßlich, ärmlich und deplaciert vor, in seinem Polohemd, dem Ralph-Lauren-Imitat, das
     er bei einem senegalesischen Straßenhändler gekauft hatte, der Hose, den Schuhen, die aus irgendeinem Schlußverkauf stammten.
     Als er sich entschloß, ein anderes Leben anzufangen, hätte er nicht gedacht, daß man so schnell aus dem gehobenen Marktsegment
     fallen würde, bloß weil man nicht mehr die Schaufenster studierte, die Kleidungsstücke nicht mehr sorgfältig auswählte und
     zusammenstellte, vor dem Verlassen der Wohnung nicht mehr in den Spiegel blickte.
    Im Vergleich zu Greta, im Vergleich zu ihm, aber auch im Vergleich zu den vier Flittchen, die in dieser Bar herumkicherten
     und mit dem Hintern wackelten, strahlte Sofia Lanni wie eine Perlenkette in einem Ramschladen. Eine reinrassige Schönheit,
     die einem den Atem und die Selbstbeherrschung |175| nahm. Er bereute, daß er sich hier mit ihr verabredet hatte. Das Lokal war sicher zu romantisch, und selbst wenn sie nicht
     sofort das Ralph-Lauren-Imitat erkannte, so würde seine Aura des frischgebackenen Singles sie sicher in die Flucht schlagen.
     Es wäre besser gewesen, sich im Büro zu verabreden, auf Distanz zu bleiben, die Sache auf rein beruflicher Ebene abzuhandeln.
     Und danach hätte man vielleicht peu à peu …«
    Er leerte sein Glas und schüttelte den Kopf. Ich bin ein Trottel, dachte er, ich weiß, daß sie zu attraktiv für mich ist,
     und dann verdient sie sicher mehr als ich … und trotzdem schaffe ich es nicht, insgeheim
nicht
an sie zu denken, ich schaffe es nicht, mir
keine
Illusionen zu machen. Sie kommt heute abend hierher, weil sie auf mich angewiesen ist. Punkt. Und wenn die Ermittlungen abgeschlossen
     sind, dann ist es auch mit den Rendezvous vorbei.
    Er wiederholte stumm die alte Preisfrage, die sie sich als Jugendliche immer gestellt hatten: »Du hast zwei Möglichkeiten:
     Du gehst mit Kim Basinger ins Bett, aber niemand erfährt es. Oder du gehst nicht mit Kim Basinger ins Bett, aber alle glauben,
     du hättest es getan.«
    Er entschied sich in der Regel für die zweite Option, »denn wenn man annimmt, ich hätte es mit Kim Basinger getrieben, dann
     werden jede Menge Frauen mit mir ins Bett wollen«.
    »Ihrem Lächeln nach zu urteilen, war das heute ein guter Tag für

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