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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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Wagen aus
     der Tiefgarage des Hotels holen wollte. Der Schiedsrichter hätte es folglich dort liegenlassen, bevor er Richtung Stadion
     aufbrach. Der Beamte, der den Wagen am Sonntag abend durchsuchte, behauptet, das Handy sei nicht dagewesen, doch mir scheint
     wahrscheinlicher, daß Witwe Ferretti ehrlich und der Beamte ein Trottel ist. Natürlich hätte jemand das Handy auch später
     dort deponiert haben können, jemand, der die Selbstmordtheorie stützen möchte. Wenn das Handy im Auto war, bedeutet dies:
     der Mörder hat es nicht aus der Kabine mitgehen lassen. Doch das Risiko wäre zu groß gewesen.
    Wie dem auch sei – das Handy selbst liefert keine wichtigen Hinweise; es sind keine SMS gespeichert, was auffällig ist, aber
     nicht verdächtig, da Ferretti ein ordnungsliebender Mensch war und den Speicher vermutlich regelmäßig löschte. Seit dem Tatzeitpunkt
     war das Handy die ganze Zeit über ausgeschaltet, und als es angestellt wurde, gingen weder SMS noch Anrufe ein, was ja auch
     logisch ist: Grabesstille. Was das Telefonbuch betrifft: Es finden sich darin |256| Nummern von Kollegen, Bekannten und Verwandten, die restlichen Anschlüsse werden gerade einer Kontrolle unterzogen. Es finden
     sich Colnago, Adelchi, Cavallo. Rebuffo fehlt. Die Nummer der Brasilianerin ist unter ›Physiotherapeut‹ gespeichert, nicht
     schlecht. Saggeses Nummer unter ›Mineraldrinks‹. Ach ja: natürlich keine Fingerabdrücke. Außer von Ferretti und seiner Frau.«
    Er rief im Büro an und sagte Giampieri, er werde erst am Nachmittag kommen, der Vize solle die Besprechung leiten. Luciani
     wollte sich nicht den Journalisten aussetzen, die nur eine Reaktion auf den Hetzartikel aus ihm herauskitzeln wollten. Dann
     rief er in der Redaktion an, um sich bei Baffigo zu bedanken, doch der war nicht da. Luciani schaute auf die Uhr und stellte
     fest, daß es noch nicht einmal zehn war: Um die Zeit war Baffigo seinen Kater noch nicht los. Der Kommissar zog T-Shirt und
     Shorts an, schnürte seine Joggingschuhe und machte sich auf den Weg.
     
    Er schaffte die erste Runde, ohne Quälerei, in der üblichen halben Stunde. Er lief relativ langsam, damit sein Bewußtsein
     wach blieb, denn er grübelte über den Fall und Angelinis Ultimatum nach: Ihm blieben nur noch achtundvierzig Stunden, um die
     Ermittlungen abzuschließen. Danach würde der Staatsanwalt ihm den Fall entziehen, und er stünde wie ein Trottel da. Aber wenn
     er es schaffte, waren das auch die letzten achtundvierzig Stunden mit Sofia Lanni.
    Im Moment interessierten ihn nicht so sehr die ungeklärten Details als vielmehr die Personen, die um diesen an der Decke baumelnden
     Schiedsrichter kreisten. Ferretti war sein Leben lang ein verlogener, widerlicher Kerl gewesen, aber der Kommissar fand nicht
     richtig, daß er nach seinem Leben nun auch noch den Tod vergeudete. Luciani hätte sich gewünscht, daß die Leiche im schwarzen
     Leibchen sich erhob und mit dem Zeigefinger auf denjenigen wies, der ihn |257| korrumpiert hatte. Daß sie dafür sorgte, daß eine ganze Welt zusammenbrach, eine Welt, die sich auf Lüge, Geld und Heuchelei
     gründete. Wenn jemand ihn wirklich geliebt hätte, dachte der Kommissar, dann würde dieser Jemand jetzt zumindest versuchen,
     Ferrettis Tod einen Sinn zu geben. Aber es gab keinen, der ihm wirklich nachtrauerte, diesem Tullio Ferretti aus Livorno,
     außer vielleicht seinem Sohn, der jedoch noch zu klein war, in dem Alter, in dem der Vater ein Held und der beste Mensch der
     Welt ist.
    Und wer weiß, dachte Marco Luciani, ob eines Tages mir jemand nachtrauert, wenn ich abtrete. Ich tue alles, um ein ehrliches
     Leben zu führen, um die Regeln einzuhalten, ich versuche nie, die anderen zu übervorteilen; aber kann ich behaupten, daß ich
     echte Freunde habe, eine Frau, Kinder, Bewunderer, die eines Tages um mich weinen werden?
    Nein, das konnte er nicht behaupten. Er hatte sich für das Alleinsein entschieden, und alles, was er tat, hatte nur für ihn
     allein Bedeutung: Seine Askese, seine Opfer, sein Training, selbst das Joggen, das er gerade betrieb und das ihm weder Medaillen
     noch Applaus einbringen würde. Wenn er noch an diesem Tag beschlossen hätte, mit dem Trinken anzufangen, bis zum Platzen zu
     fressen, sich auf Kompromisse einzulassen, wenn er beschlossen hätte, sein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen – es hätte
     keinen Menschen gekümmert. Im Gegenteil: auf viele hätte er ein bißchen sympathischer, ein

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