FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst
kleine Flamme aufflammen, so dass die Schatten des Geländers an den Wänden zappelten. Die neununddreißigjährige Frau hatte Angst, ihre Hände zitterten wie Espenlaub, für jede Stufe, die sie hinabstieg, brauchte sie neue Überzeugung.
Erika Bästlein schrie – laut und schrill – als sie ihren regungslosen Freund auf dem Boden liegen sah, daneben den Schatten des leeren Mülleimers. Die große Haustür stand weit geöffnet.
Endlich kamen auch andere Hausbewohner zu Hilfe, die mühsam die Mutter zu beruhigen suchten, die kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Jemand rief die Polizei und den Rettungswagen.
Auf dem Fußweg vor der Haustür lagen Eriks im Nieselregen aufgeweichten Pantoffeln.
Kurze Zeit später wurde der Straßenabschnitt der Georg-Schumann-Straße im Leipziger Norden in blaues Licht getaucht.
Erst gegen 24 Uhr konnte ein Protokoll aufgenommen werden. Christian Lohmann wurde mit einer Kopfverletzung ins St.Georg-Krankenhaus gebracht. Nun erst kam heraus, dass der Täter es wieder auf einen Neunjährigen mit dem Namen Erik abgesehen hatte. Ein Beamter informierte die Kollegen der Kriminalpolizeiinspektion Leipzig, in der Dimitroffstraße – kurz KPI.
Zehn Minuten später ging es rund. Das LKA und die SoKo ERIK wurden informiert, fast jeder einsatzbereite Polizist war auf den Beinen, Peter Minkwitz, der in der Nacht die Fäden der SoKo in den Händen hielt, löste sofort eine Großfahndung aus.
Erfolglos. Von dem entführten Jungen, dem Täter und dem Fahrzeug fehlte jede Spur. Selbst der Gegenstand, mit dem der Täter Christian Lohmann zu Boden geschlagen hatte, war verschwunden.
Kommissar Minkwitz erhielt in den Morgenstunden einen Anruf von Kriminaldirektor Dr. Schubarth, der nunmehr das sächsische LKA in Dresden um massive Hilfe gebeten hatte. Die verstärkten die Leipziger mit Leuten aus der Abteilung Ermittlungsunterstützung. Außerdem liefen in einem Dezernat in Dresden sämtliche Hinweise zusammen, die das LKA in Sachen Kinderpornografie in Erfahrung bringen konnte. Letztendlich wies das Dresdner Präsidialbüro des LKA’s an, alle Untersuchungen die den Fall ERIK betrafen, vorzuziehen und schnellstmöglich zu bearbeiten. In den sieben Fachbereichen des kriminalwissenschaftlich-technischen Instituts arbeitete man fieberhaft an der Auswertung der Spuren, die Schillers Gruppe bisher gefunden hatte.
Nach dem neuen dreisten Entführungsfall, konnten jedoch keine bedeutsamen Hinweise gefunden werden. Man wurde sich nun bewusst, dass der Täter auch eine brutale Vorgehensweise in Kauf nahm, um an seine Opfer heranzukommen.
Hinrich schien seinen Ohren nicht zu glauben.
Es war kurz vor sechs Uhr am Morgen, er saß am Frühstückstisch, seine Frau mit grämen Blick ihm gegenüber.
„Und hier das Neuste mit L.E.“, klang es leise aus dem Radio. Hinrich berührte den Lautstärkenregler ein paar Mal. „Ein Kinderentführer hält die Stadt Leipzig und ganz Sachsen weiterhin in Atem. Am gestrigen Abend schlug er erneut in Leipzigs Norden zu. Und wieder ist es ein Neunjähriger mit dem Vornamen Erik, der spurlos verschwunden ist. Der Vater des kleinen Eriks wurde bei der Tat brutal zu Boden geschlagen. Neuste Informationen von meinem Kollegen Klaus Reutemeyer aus dem Polizeipräsidium. – Klaus, gibt es überhaupt etwas zu berichten oder tappt die Polizei noch immer völlig im Dunklen?“
„Ich befinde mich hier im Presseraum, bisher konnte ich nicht viel in Erfahrung bringen. Die bisher gefundenen Spuren – ein Sprecher redete von einer mageren Ausbeute – werden derzeit in Dresden untersucht. Man wolle auch den sogenannten genetischen Fingerabdruck des Täters entschlüsseln, was durchaus noch Stunden oder Tage dauern könnte. Das Landeskriminalamt Dresden hat nochmals die Eltern aller Kinder aufgefordert, diese möglichst wenig unbeobachtet zu lassen. Dass der Täter es nur auf Jungen mit dem Namen Erik abgesehen hat, ist wahrscheinlich, jedoch nicht sicher. In der Nikolaikirche werden am frühen Morgen einige hundert Menschen zu einem Morgengebet für die entführten Jungen erwartet. Was aus den Kindern wurde, ist noch nicht bekannt, die Suchgruppen werden ebenfalls in Kürze ausrücken, es sollen wohl mittlerweile über 5.000 Mann sein, die in und um Leipzig nach den verlorenen Jungen suchen sollen ...“
Kriminaloberkommissar Hinrich biss appetitlos in ein aufgebackenes Brötchen. „Ich werd verrückt.“
„Holger, ich weiß nicht ... Warum haben die gerade dir diese
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