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FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst

FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst

Titel: FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tino Hemmann
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Kriminalassistenten.
    „Nein, das weiß ich leider noch nicht“, Engler drückte die Hand des Kindes. „Aber wir finden ihn ganz bestimmt. Versprochen. Bald geht Erik wieder mit dir in die Schule.“
    Florian nickte.
    „So, jetzt aber raus mit euch, wir wollen unsere Ruhe habe, nicht wahr, Floh?“ Die Psychologin lächelte. „Geben Sie mir die Blumen – man sind die schön –, Frau Krahmann, Florian weiß bestimmt, wo eine Vase ist. Und jetzt tschüssi.“
    Jutta Krahmann zog sich rasch einen Mantel über. „Regnet es noch?“
    Engler gewahrte für einen kurzen Augenblick die gute Figur der Sechsundzwanzigjährigen unter einem engen, roten Kleid.
    „Keine Angst. Der Wagen steht vor der Haustür.“
    Jutta Krahmann gab ihrem Sohn einen dicken Schmatzer auf die Lippen, die der Junge sich sogleich mit dem Ärmel abwischte. „Sei schön lieb.“
    Dann verließen der Assistent und die junge Frau das Haus im Leipziger Süden und fuhren in die Innenstadt, parkten unweit des Barfußgässchens und liefen eilig in das kubanische Restaurant, wo ein für zwei Personen reservierter Tisch in einer ruhigen Ecke im Kerzenlicht, umgeben von karibischer Musik wartete.

    „Erik! Der Mülleimer ist voll!“ Der dicke, große, immer etwas verwahrlost aussehende Freund von Eriks Mutter, spielte stets den Erzieher im Haus. Christian Lohmann, der nun seit einem Jahr zusammen mit Monika Bästlein und ihren vier Kindern lebte, stand wie ein Fels in der Wohnzimmertür.
    Widerwillig erhob sich der neunjährige Junge vom Fußboden, ließ den Fernseher nicht aus den Augen. „Muss das jetzt noch sein?“
    Auch Eriks Mutter legte dem großen Mann eine Hand auf die Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: „Du weißt, was der Mann von der Polizei gesagt hat ...“
    Nachdem Monika Bästlein ihren Ehemann nach einem kurzen, schweren Krebsleiden verloren hatte, fand sie Christian, einen Bauarbeiter, der die finanziell angeschlagene Familie wenigstens ein klein wenig in die Spur brachte und der vierfachen Mutter etwas Mut zusprach.
    „Mäuschen, es ist seine Aufgabe. Das Haus ist vorn abgeschlossen und die Tonnen stehen hinten auf dem Hof. Du kannst ja am Fenster gucken und aufpassen.“
    Die kleine, magere Frau nickte. „Na, komm, Erik. In zwei Minuten bist du wieder oben, dann gibt es Abendbrot.“
    Erik hatte einen ziemlich abgetragenen Jogginganzug von Bayern München an, sein ganzer Stolz, auch wenn der aus einer Kleidersammlung stammte. In Pantoffeln schlich er zur Küche, bekam noch einen kleinen, freundschaftlichen Klaps von seinem neuen Papa mit, den er ganz gut leiden konnte, auch wenn der ziemlich streng war. Trotzdem konnte er sich sein „Immer ich, und nie die Mädchen“ nicht ersparen. Erik hatte drei ältere Schwestern und kaum einen Grund, sich wie ein verwöhntes Nesthäkchen zu fühlen.
    Der Junge hob den Mülleimer aus dem Treteimer, öffnete die Wohnungstür, nahm einen kleinen Schlüssel vom Haken und machte draußen auf dem Treppenabsatz Licht. Mutter Bästlein wohnte mit ihren vier Kindern und dem neuen Ersatzvater im dritten Stockwerk eines großen, unsanierten Hauses in der Georg-Schumann-Straße im Leipziger Stadtteil Gohlis. Erik ging zwei Querstraßen weiter in die Schule. Er besuchte die zweite Klasse zum zweiten Mal. Vor anderthalb Jahren starb Eriks Vater und nahm dem Jungen jede Lust und Konzentration am Lernen. Selbst Erik war damit einverstanden, die Klasse zu wiederholen. Außerdem war er ein Maikind, also einer der Jüngsten seines Jahrgangs in der Schule. Seit sich Christian um die Familie kümmerte, fing sich Erik Bästlein wieder, nun gehörte er zum besseren Mittelfeld der neuen Klasse.
    Stufe für Stufe lief Erik hinunter. Als er unten ankam, ging das Licht im Treppenhaus schon wieder aus.
    Erik öffnete die große schwere Tür zum Hof, auf dem Fußballspielen verboten war, was ihn und die Jungen der Nachbarschaft jedoch nur wenig davon abhalten konnte, es trotzdem zu tun.
    Auf dem Hinterhof war es kalt, es stürmte ein wenig, Regentropfen platschten Erik ins Gesicht. Die Pflastersteine auf dem Hof trieb es aus dem Boden, nach jedem Winter sah es schlimmer aus. Die Lampe auf dem Hof brannte nicht. Christian hatte sie schon oft gewechselt. Erik nannte den Stiefvater Christian, auch wenn die Mutter darum gebeten hatte, der Junge möge doch Vati sagen.
    Eriks Hände zitterten, die Kälte fuhr sofort unter den dünnen Jogginganzug. Der Junge versuchte das Schloss zu öffnen, das gemeinsam mit einer

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