FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst
nicht.“
„Na, du als Leipziger wirst ja kaum in Leipziger Hotels nächtigen. Warte mal ...“ Sie zog eine Visitenkarte aus der Hosentasche. „Körnerstraße, muss ganz in der Nähe sein. Der Taxifahrer heute morgen hat sich an den Kopf gegriffen. Dann hat er mir zehn Euro abgeknöpft, für drei Minuten an der Ampel stehen. Ich dachte mir, klei mi doch an de Feut.“
„An de was?“
„Klei mi an de Feut. – Du kannst mich mal.“
„Ach so ... Jedenfalls sind’s nur fünf Minuten Fußweg. Wenn man langsam geht. Aber ich fahr dich noch hin.“
„Du hast dein Auto verborgt.“
Hinrich schüttelte den Kopf und hielt – schon wieder gähnend – einen Schlüssel hoch. „Ein Kollege, der heut Nacht Dienst hat. Komm jetzt, ich fall gleich um ...“
Engler hatte geschlafen wie ein Stein. Wenn ihn sein Handy nicht geweckt hätte, das er für diesen Zweck auf neunzehn Uhr gestellt hatte, dann wäre er vor dem nächsten Morgen mit Sicherheit nicht aufgewacht.
Voller Stolz hatte er den großen BMW geführt, ein kurzer Halt am Blumenladen folgte.
„Machen Sie mir einen Strauß, für eine Frau.“
Die Verkäuferin grinste. „Für eine Frau ... Rosen? Grün mit rein? Was darf’s denn kosten?“
Dies waren drei Fragen zu viel für den Kriminalassistenten. Die Blumen zum jährlich wiederkehrenden Muttertag, besorgte ihm zuverlässig Frau Heinrich aus dem Sekretariat. Einen Blumenladen von innen hatte Engler lang nicht gesehen.
„Ja, ja, mit Grünzeug, Rosen, ja, das ist gut, ja. Was kostet so was denn?“
„Wenn Sie die langstieligen nehmen, zehn Stück, der Strauß vierzehn Euro.“ Die ältere Blumenverkäuferin hielt dem unschlüssigen Mann eine dunkelrote Rose unter die Nase.
„Ja, das ist gut“, meinte Engler. „Dauert das lange? Ich muss ins Bett.“
Während die gute Frau den Strauß band, versuchte sie ihre Gedanken zu sortieren. Es war früher Nachmittag, der Kerl kaufte Rosen und wollte ins Bett. Sie sagte aber lieber nichts, grinste nur.
Englers Kopf arbeitete ebenfalls. Als Erklärung fügte er nur hinzu: „Nachtschicht.“
„Ach so. – Das Pulver mit in die Vase machen, Papier oder Folie ...?“
Engler ging in sein winziges Bad, zog die Unterwäsche aus, stellte sich unter die enge Dusche. Kalt – heiß – kalt ... Nun war er wieder bei sich. Trockenrubbeln, neues Hemd, Feinrippunterwäsche, Strümpfe, Anzug – perfekt. Noch ein bisschen Spray unter die Achseln, zweimal mit der Bürste durch das feuchte Haar. Ein Blick in den angelaufenen Spiegel.
Was Hinrich sich nur bei solchen Aktionen dachte? Dass es sich um einen Verkupplungsversuch handeln könnte, diese Erklärung lag Engler zu nah. Entweder, Hinrich, der eine sehr menschliche Ader besaß, wollte diese Frau Krahmann tatsächlich beruhigen oder er nahm an, sie wüsste etwas, was er noch nicht wusste und Engler sollte herausbekommen, was das war.
Der Kriminalassistent lief zur Küchenzeile, nahm die Rosen aus dem Waschbecken, zog mit spitzen Fingern den Stöpsel heraus und schüttelte das Wasser von den Rosen.
Neunzehn Uhr vierzig. Höchste Zeit!
Fünfzehn Minuten später suchte Engler einen Parkplatz vor dem alten Haus, in dem Frau Krahmann wohnte. Kurzerhand stellte er sich in ein Halteverbot und holte die Sondergenehmigung aus dem Handschuhfach, die er in die Windschutzscheibe klemmte. Er stieg aus. Die Gegend wirkte nicht gerade einladend.
Oben hörte er Stimmen hinter der Wohnungstür. Engler klingelte so kurz es nur ging, gleich öffnete sich die Tür. Zwei Frauen lachten ihn an, dazwischen ein kleiner Junge.
„Tag Frau Krahmann, ähm ... ich bin Kriminalassistent Engler, Kollege – sozusagen – von Herrn Hinrich“, stammelte Engler. „Ach so, hier, die sind für Sie ...“ Er hielt der jungen Frau den Strauß Rosen hin, als würde er ihr ein Einschreiben überreichen. Noch eingepackt in Folie.
Das Gesicht von Jutta Krahmann errötete. „Oh, rote Rosen ...“
„Na das sind aber schöne Rosen, die die Mutti da bekommen hat”, sprach die Psychologin der Kripo Leipzig, die sich noch in der Ausbildung befand, als würde sie im Kindergarten einen Vortrag halten. Florian sparte sich jeden Kommentar.
„Guten Abend, Kollegin Zander ...“, begrüßte Engler nun auch das arrangierte Kindermädchen . „Und wer bist du?“, fragte er den blonden Jungen, der sich hinter der Mutter versteckte und nun einen Arm herausstreckte.
„Florian. Wissen Sie schon, wo Erik ist?“ Zwei fragende Augen erschlugen den
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