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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seine Antwort gar nicht ab, sondern steckte das Messer wieder ein, ließ sich neben dem Toten auf die Knie und rollte ihn herum, um ihm den Schwertgurt abzunehmen. Im Aufstehen löste sie die Waffe aus den verkrampften Fingern des Toten und schob sie mit einer Bewegung in die Scheide, die zu selbstverständlich und zu schnell war, um irgendetwas anderes als lebenslange Routine zu sein. Wieso hatte er es eigentlich in all den Wochen und Monaten nie gesehen, dachte Thor verblüfft. Er kannte jeden Fingerbreit ihres Körpers, er wusste, wie sie sich bewegte und wie sie dachte … wieso hatte er nie gemerkt, dass sie eine Kriegerin war?
    »Bringt meinen Mantel mit! Und beeilt euch!« Urd band sich den Schwertgurt um und ging mit schnellen Schritten zu Tjerg, um auch dessen Waffe an sich zu nehmen. Als Thor, ihren Mantel über dem linken Arm und Mjöllnir noch immer in der anderen Hand, neben ihr ankam, reichte sie ihm Schwert und Gürtel des toten Kriegers. Thor war viel zu verwirrt, um auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Hinter seiner Stirn herrschte einfach nur Chaos. Da war ein schreckliches Gefühl von Zufriedenheit, tief in ihm, vor allem aber Verwirrung und Schrecken.
    »Schnell jetzt«, sagte Urd, nachdem sie ihren Mantel übergeworfen hatte und er immer noch dastand und sie anstarrte. »Sie können jeden Moment hier sein!«
    Thor fragte sich, ob er Urd eigentlich jemals wirklich gekannt hatte. War es wirklich nur die Angst um ihn und ihre Kinder, die sie so verändert hatte, oder sah er sie vielleicht zum ersten Mal so, wie sie war?
    »Thor!« Urds Stimme wurde drängender, aber zugleich auch sanfter, und an der Härte in ihrem Blick erschien eine Spur der alten Urd, der Frau, die er zu kennen – und zu lieben – geglaubt hatte.
    Aber vielleicht hatte er ja auch eine Frau geliebt, die es gar nicht gab.
    »Bitte! Ich kann verstehen, wenn du verwirrt bist, aber wir müssen los! Sie werden uns töten, wenn sie uns einholen!« Sie legte die flache Hand auf den Bauch. »Auch deinen Sohn.«
    Thor starrte sie nur weiter an. Natürlich hatte sie recht. Bjorn konnte jetzt gar nicht mehr anders, als sie zu töten; zumindest Urd und ihn. Und vielleicht hatte er sogar recht damit.
    »Gehen wir«, sagte er mühsam.
    Urd sah ihn an, als hätte sie eine andere Reaktion erwartet, hob aber dann nur die Schultern, schlang den Mantel enger um sich und wedelte ungeduldig in Lifs und Elenias Richtung, sich zu beeilen.
    Elenia trat gehorsam an ihre Seite, während Lif noch einmal in den Schatten ihrer improvisierten Deckung zurückhuschte und mit dem »kleinen Gepäck« zurückkam, auf das sich zu beschränken Thor ihm eingeschärft hatte: einem voluminösen ledernen Sack, der ungefähr so schwer sein musste wie er selbst. Thor nahm ihm die Last kopfschüttelnd ab und erntete ein knappes Nicken, aber er gewahrte auch etwas in den Augen des Jungen, das ihn alarmierte. Elenias Gesicht war wie Stein, eine Maske vollkommener Ausdruckslosigkeit, die den Schrecken darunter aber eher noch deutlicher machte, doch in den Augen ihres Bruders funkelte eine unangemessene Begeisterung. Urdhatte recht, dachte er bedrückt. Sie würden mit Lif reden müssen. Beide. Und bald.
    Der Götterpfad kam ihm länger vor und, obwohl die Welt insgesamt heller und wärmer geworden war, kälter und dunkler. Mit jedem Schritt, den sie taten, schienen die Wände ein Stück enger aneinanderzurücken, und obwohl sie schon nach wenigen Augenblicken einen haardünnen senkrechten Streifen aus verschwommenem Grau vor sich sahen, der das jenseitige Ende des Spalts markierte, fiel es Thor immer schwerer, gegen die Vorstellung anzukämpfen, dass sie Opfer eines niederträchtigen Zaubers wurden, der den Ausgang aus dieser Falle im gleichen Maße vor ihnen zurückweichen ließ, in dem sie sich ihm zu nähern versuchten.
    Keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort, bevor sie das jenseitige Ende der Felsspalte erreichten. Zehn Schritte vor dem Ende der finsteren Klamm blieb Urd plötzlich stehen, legte den Kopf schräg und hob die Linke. Ihre andere Hand sank auf das Schwert in ihrem Gürtel. »Wartet!«
    Auch Thor lauschte. Einen Moment später warf er Urd einen ebenso anerkennenden wie überraschten Blick zu. Sie waren eindeutig nicht mehr allein, und obwohl seine Sinne doch umso vieles schärfer waren als die eines normalen Menschen, hatte Urd es vor ihm bemerkt.
    Jemand beobachtete sie. Mehr als nur einer.
    Urd wollte die Waffe ziehen, doch Thor schüttelte nur

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