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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»du –«
    »– solltest jetzt lieber den Mund halten«, unterbrach ihn Urds Stimme vom gegenüber liegenden Rand der Lichtung. »Und wolltest du nicht überhaupt am Waldrand Wache halten, damit wir keine bösen Überraschungen erleben?«
    Lif funkelte seine Mutter trotzig an, stand wortlos auf und verschwand mit stampfenden Schritten im Unterholz.
    Urd kam über den verharschten Boden heran, der im Windschatten der Bäume an einigen Stellen schon zu halb gefrorenem Morast aufgetaut war, und wandte sich dann in zwar sanfterem, aber dennoch entschlossenem Ton an Elenia. »Vielleicht gehst du ihm nach und gibst ein wenig auf ihn acht?«
    Auch Elenia trollte sich, und obwohl sie es sehr schnell und ohne ein Wort des Protestes tat, schien sie Thor genauso verärgert zu sein wie ihr Bruder – auch wenn er sich vergebens fragte, warum.
    Urd wartete, bis sie gegangen war, bevor sie sich umwandte und zu den Pferden hinüberging. Sie kramte eine Weile in den Satteltaschen herum, und als sie schließlich zurückkam, trug sie in der rechten Hand einen zerbeulten Becher. Zwischen den Fingern ihrer zur Faust geschlossenen Linken ragten ein paar abgerissene Pflanzenstängel hervor: die Kräuter, von denen Elenia gesprochen hatte.
    »Ich habe gehört, was du gesagt hast«, begann sie, während sie neben ihm Platz nahm – und das auf eine so verblüffend ähnliche Weise wie ihre Tochter zuvor, dass Thor sich allen Ernstes fragte, ob sie Elenia beobachtet hatte und sie nachahmte – und ihre unterschiedlichen Mitbringsel vor sich im Schnee ausbreitete. Thor beging den Fehler, die mitgebrachten Kräuter und Pilze genauer zu betrachten, und bedauerte ihn sofort. Einiges davon sah aus, als wäre es von dem einen oder anderen Waldbewohner schon einmal gegessen worden, bevor sie es eingesammelt hatte.
    »Er ist ein Junge«, antwortete er. »Und ich bin selbst schuld. Diese ganze Gott-des-Donners-Geschichte –«
    »Elenia«, unterbrach ihn Urd, ohne in ihrem Tun innezuhalten. »Ich habe gehört, was du zu ihr gesagt hast.« Ihre Hände bewegten sich weiter, als hätten sie sich plötzlich in zwei kleine, unabhängige Wesen verwandelt, aber sie selbst sah ihm fest und mit einem Ausdruck in die Augen, von dem er nicht sicher war, ob er ihm gefiel. »Ich weiß nur nicht, ob ich dir wirklich dankbar sein soll.«
    Thor verstand, was sie meinte. Trotzdem fragte er: »Wäre es dir lieber, wenn deine Kinder wüssten, dass du Sigislind getötet hast?«
    »Oder du?«
    »Das ist ein Unterschied«, behauptete er. »Ich bin ein Krieger. Krieger töten Menschen.«
    Urd wirkte … irritiert, und für einen ganz kurzen Moment hatte Thor das sichere Gefühl, sie verärgert zu haben. Dann überraschte sie ihn, indem sie den Kopf schüttelte und ein leises, gutmütig-spöttisches Lachen hören ließ. »Und du bist sicher, dass du nicht seinerzeit in anderer Gestalt zu mir gekommen bist und Lif dein Sohn ist?«, fragte sie.
    »Wieso?«
    »Weil du dich jetzt genauso anhörst wie er.« Sie lachte noch einmal und womöglich noch amüsierter und wurde im nächsten Augenblick umso ernster. »Aber ich weiß nicht, ob ich das will.«
    »Was?«
    »In deiner Schuld stehen«, antwortete sie.
    Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Vielleicht, weil ihn diese Worte im gleichen Maße empörten, wie er sie auf einer tieferen Ebene sehr genau verstand.
    Urd nahm den zerbeulten Becher in die Hand, streute einen Teil ihrer mitgebrachten Kräuter hinein und missbrauchte den umgedrehten Dolch, um mit seinem Griff die Pflanzenstängel zu einem Brei zu zerstoßen. Halb damit fertig, raffte sie eine Handvoll Schnee auf, gab sie hinzu und rührte und stampfte weiter.
    »Du erwartest aber nicht, dass ich etwas davon esse?«, fragte er vorsichtig. Urd warf ihm einen undeutbaren Blick zu, gab eine weitere Handvoll Schnee in den Becher und hielt ihn über die Flammen, um seinen Inhalt zu schmelzen, und Thor fügte hinzu: »Oder trinke.«
    »Natürlich nicht«, antwortete sie, ohne ihn direkt anzusehen. »Das kommt auf deine Verbände.«
    »Hm«, machte Thor. »Wenn ich es mir genau überlege …« Er deutete mit der unversehrten Hand auf seine Kehle. »Vielleicht nimmst du doch besser deinen Dolch.«
    Urd lächelte zwar knapp, hantierte aber wortlos weiter und bedeutete ihm dann nur schweigend, ihr seine Hand zu reichen. Routiniert und vielleicht etwas weniger rücksichtsvoll, als es ihr möglich gewesen wäre, wickelte sie den durchgebluteten Stoff ab, und Thor

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