freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
durchfuhr ein leiser Schrecken, als er sah, dass seine Hand tatsächlich angeschwollen und dunkel verfärbt war. Die Wunde war entzündet und roch schlecht, hatte noch nicht einmal angefangen zu heilen, und es kostete ihn enorme Anstrengung, sich den heftigen Schmerz nicht anmerken zu lassen.
»Sag mir, wenn es zu sehr wehtut«, sagte Urd.
Thor war tatsächlich drauf und dran, ganz genau das zu tun, fragte sich dann aber zu Recht, was das wohl nutzen sollte, und blieb stoisch und mit ausdruckslosem Gesicht sitzen.
Nicht dass es Urd beeindruckt hätte. »Du hältst dich tapfer, großer Krieger«, sagte sie. »Aber es ist nicht notwendig. Wir sind allein.«
Sie nahm einen Zipfel des verdreckten Tuches, das sie gerade von seiner Hand gewickelt hatte, tunkte ihn in den Becher und begann ihre selbst gemachte Salbe auf die Wunde zu schmieren.
Der Effekt war bemerkenswert: Die Salbe brannte wie Feuer,betäubte den Schmerz aber auch fast augenblicklich wieder und ließ ein fast angenehmes Gefühl prickelnder Kühle zurück.
»Warum heilt die Wunde nicht?«, fragte er.
»Weil sie sehr tief ist«, meinte Urd. »Und gerade einmal wenige Stunden alt.« Sie schüttelte tadelnd den Kopf. »Ich habe schon vieles gesehen, aber dass man einem Mann das Schwert mit der bloßen Hand entreißt noch nicht. Ist das ein besonders raffinierter Trick oder einfach nur Dummheit?«
»Beides«, antwortete Thor. »Das kommt immer darauf an, wie es ausgeht.« Aber natürlich hatte sie recht: Es war dumm gewesen. Auch wenn ihm irgendetwas sagte, dass es ihm mühelos hätte gelingen sollen, ohne sich die Hand bis auf die Knochen zu zerschneiden.
Urd verteilte den Inhalt des Bechers sorgsam auf seiner Hand, griff unter ihren Mantel und zog ein dunkelgrünes Blatt mit gezackten Rändern hervor, das sie auf die Wunde legte, bevor sie seine Finger zur Faust schloss, die sie anschließend mit großer Sorgfalt wieder bandagierte – mit demselben schmutzigen Tuch, das sie gerade erst abgewickelt hatte.
»Du kennst dich gut mit so etwas aus«, lobte Thor. Seine Hand tat zwar immer noch weh, aber es war kein Vergleich mehr mit vorher, und das Gefühl prickelnder Kühle hatte mittlerweile sein Handgelenk erreicht und kroch weiter in seinem Arm empor.
»Das sollte jede Frau können, die länger mit dir zusammen ist«, antwortete Urd ernsthaft. Dann hob sie die Schultern. »Aber du hast recht. Ich habe ein wenig Erfahrung in solchen Dingen. Ich war Priesterin.« Sie sah ihn auf eine Art an, als erwarte sie eine ganz bestimmte Reaktion auf diese wenig überraschende Eröffnung. Als sie nicht kam, fügte sie hinzu: »Die Priesterinnen des Lichtgottes sind auch Heilerinnen.«
»Dann erklär mir, warum meine Hand nicht heilt«, erwiderte Thor. »Nicht so, wie sie sollte.«
Er war kein bisschen überrascht, als Urd ihn auch jetzt wieder auf dieselbe forschende Art ansah. Sie suchte etwas in seinem Gesicht, dachte Thor beunruhigt. Offensichtlich fand siees nicht. »Das wird sie«, sagte sie. »Es wird nur eine Weile dauern. Gewöhn dich lieber daran.«
»Woran?«
»Vielleicht nicht mehr ganz so unsterblich zu sein wie ein Gott.« Sie machte eine Kopfbewegung auf die bandagierte Hand. »Keine Angst. Sie wird heilen, und das mit einer Schnelligkeit, um die dich jeder andere Mann beneiden würde. Aber du solltest in Zukunft vielleicht trotzdem etwas vorsichtiger sein.«
»Du meinst, ich verliere meine Kraft?« Er war nicht überrascht – und wenn, dann allenfalls darüber, dass er es nicht schon längst begriffen hatte.
Urd schüttelte jedoch den Kopf. »Sie hat dir nie gehört.«
»Was soll das heißen?«
Auch jetzt verging wieder Zeit, bevor sie antwortete, doch ihr Zögern schien einen anderen Grund zu haben. »Ich … bin nicht ganz sicher«, sagte sie schließlich. »Es heißt, die Götter geben ihren Einherjern einen Trank, bevor sie in die Schlacht ziehen. Einen Trank, der ihnen die Kraft von zehn Männern verleiht und sie unempfindlich gegen Schmerz und Furcht werden lässt.«
»Als Berserker, ich weiß.« Die Nächte im Tal waren lang, und an den Feuern wurde viel geredet und viel erzählt. »Es heißt aber auch, dass die meisten diese geliehene Kraft mit dem Leben bezahlen, wenn die Wirkung des Tranks nachlässt.«
»Es ist nur eine Geschichte«, sagte sie. »Aber die meisten Geschichten enthalten einen Funken Wahrheit. Deine Träume, deine Kraft, die so groß ist wie die von zehn Männern …« Wieder dachte sie einen Moment nach,
Weitere Kostenlose Bücher