freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
zu reiten. Hielt schließlich an, damit Lif zu ihnen aufschließen konnte, und versuchte den Blick des Jungen einzufangen. Lif hatte sich erstaunlich gut in der Gewalt, aber seine Beherrschtheit war von Feindseligkeit erfüllt. Thor verstand nicht wirklich, was er demJungen getan hatte, aber jetzt war auch nicht der Moment, darüber zu sprechen.
»Wir brauchen ein Versteck«, sagte er. »Und wir müssen schneller reiten. Schafft ihr das?«
Lif nickte wortlos, und auch Urd und ihre Tochter signalisierten stumm ihre Zustimmung. Aber sie alle waren am Ende ihrer Kräfte, und das schloss auch die Pferde ein. Sverigs Männer hatten eine gute Wahl getroffen, doch die wenigen echten Kriegspferde, die es in ihrem Tal gab, waren weder auf Ausdauer gezüchtet noch daran gewöhnt, Stunde um Stunde ohne Pause zu reiten. Sie gaben ihr Bestes, aber er war ganz und gar nicht sicher, dass das reichte.
Seine Hand tastete nach dem Hammer an seinem Gürtel und strich über das mit Runen verzierte Eisen. Die Berührung sollte ihm Zuversicht spenden, aber sie tat es nicht. Er spürte zwar die Kraft, die in der Waffe schlummerte, aber selbst diese kleine Bewegung tat weh. Er würde sich verteidigen können, wenn er es musste, aber an einen wirklichen Kampf war nicht einmal zu denken.
Eine geraume Weile ritten sie in Schweigen. Der Schatten, den er bisher nur erahnt hatte, begann allmählich aus dem Grau der immerwährenden Dämmerung herauszutreten, und Thor sah, dass es sich tatsächlich um einen verschneiten Wald handelte, größer als der, in dem er das erste Mal erwacht war, aber nicht einmal annähernd groß genug, um sich ernsthaft darin verstecken zu können.
Schon seit einer Weile war das Plätschern von Wasser zu hören gewesen, das seinen Ursprung in einem schmalen Bach hatte, welcher sich einen guten Steinwurf vor dem Waldrand in beide Richtungen dahinschlängelte, bevor er im grauen Zwielicht verschwand. Obwohl er von den Bergen kam, war sein Wasser offensichtlich bereits warm genug, um die Eisdecke zu schmelzen, die ihn den ganzen Winter über verborgen hatte. Das verbliebene Eis an seinen Rändern zersplitterte unter den Pferdehufen wie sprödes Glas. Dennoch ritt Thor nur bis zum Waldrand und gerade weit genug hinein, um eine schwacheSpur aus gebrochenen Ästen im Unterholz zu hinterlassen, dann hielt er sein Pferd an, lenkte es vorsichtig auf seiner eigenen Fährte zurück und signalisierte den anderen, zum Bach zurückzureiten. Elenia machte ein fragendes Gesicht, während Urd und der Junge anscheinend begriffen hatten, was er plante. Urd wirkte besorgt, wahrend sich auf Lifs Gesicht eine Mischung aus Abenteuerlust und Entschlossenheit breitmachte, die ihm noch vor Tagesfrist gefallen hätte; jetzt fragte er sich, ob ihm das Funkeln in den Augen des Jungen vielleicht Anlass zur Sorge geben sollte.
»Wir reiten durch das Wasser, für den Fall, dass sie Hunde dabeihaben?«, vermutete Elenia.
»Um sie von unserer Fährte abzubringen, ja«, bestätigte Thor.
Elenia sah ihn nun doch ein wenig zweifelnd an, vor allem als ihr Pferd zwar gehorsam in den Bach hineintrat, dann aber unwillig zu schnauben begann, als sie es daran hinderte, sofort wieder auf das jenseitige Ufer hinaufzutreten, sondern nur noch tiefer in das eisige Wasser hineinlenkte. Schließlich musste Thor nicht nur ihr, sondern auch ihrem Bruder dabei helfen, ihre störrischen Tiere zu bändigen.
Er konnte die Pferde gut verstehen. Das Wasser war nicht nur kalt, sondern auch deutlich tiefer, als er erwartet hatte. Selbst durch die dicken Stiefel hindurch konnte er die Eiseskälte spüren, und als wäre das allein noch nicht schlimm genug, wies der Bach unter seiner trügerisch ruhigen Oberfläche eine reißende Strömung auf, gegen die anzukämpfen die Tiere zusätzliche Kraft kostete. Als Urds Pferd das erste Mal strauchelte und sie sich mit einem erschrockenen Laut am Sattel festklammerte, um nicht zu stürzen, sah er die Sinnlosigkeit seines Plans ein und lenkte sein Tier wieder auf das Ufer hinauf. Dicht aneinandergedrängt und zitternd vor Erschöpfung hielten die Pferde an. Ihr Fell dampfte vor Kälte, und auch aus ihren Nüstern und Mäulern stieg grauer Dunst auf.
»Und du glaubst, dieses kurze Stück reicht, um sie unsere Spur verlieren zu lassen«, fragte Lif spöttisch. »Das war nichteinmal eine Meile.« Dass auch seine Stimme dabei vor Kälte zitterte, nahm ihr nur wenig von ihrem ätzenden Klang.
Thor bewahrte trotzdem Ruhe; wenn auch nur
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