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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gedanken wohl laut ausgesprochen hatte.
    »Vielleicht haben sie nicht die Berge vor den Bewohnern des Landes beschützt«, sagte Urd, »sondern das Land vor etwas, das aus den Bergen gekommen ist.«
    »Was soll dort oben schon sein?«, mischte sich Lif ein. »Nur Felsen und Kälte. Dort lebt nichts.«
    »Vielleicht nicht mehr«, sagte nun auch Elenia. »Aber jemand hat diesen Turm und all die anderen gebaut, oder? Und das bestimmt nicht ohne Grund.«
    Lif schürzte nur verächtlich die Lippen. Thor sah ihm an, dass er Luft zu einer mindestens ebenso verächtlichen Antwort holte, dann aber drehte er sich auf dem Absatz herum und ging zu den Pferden hin. Schnell und erstaunlich geschickt nahm er die Sättel von seinem und Thors Pferd und befreite sie auch von Zaumzeug und Zügel.
    Als er auf dieselbe Weise mit dem Schecken verfahren wollte, stieß das Tier ein unwilliges Schnauben aus und schnappte nach seinen Fingern.
    »Sei lieber vorsichtig«, sagte Thor. »Sverig hat diesen Hengst für mich ausgesucht. Ich glaube, er hat sich etwas dabei gedacht.«
    Lif funkelte abwechselnd ihn und den Schecken feindselig an, sah einen Moment lang auf seine Hand hinab, als müsste er sich davon überzeugen, dass seine Finger auch tatsächlich noch vollzählig waren und ging dann – in respektvollem Abstand – um den Hengst herum.
    »Das sieht gar nicht gut aus«, sagte er, nachdem er einen Blick auf das verletzte Bein des Tieres geworfen hatte.
    Er hat recht, dachte Thor besorgt. Der Schecke war wirklich übel zugerichtet. Der Hund hatte einen fast faustgroßen Brocken Fleisch aus seinem Hinterschenkel herausgebissen. Die Wunde blutete noch immer, und es war dem Tier nicht möglich, stillzustehen. Es zitterte am ganzen Leib und bewegte sich ununterbrochen, wie um sein letztes bisschen Kraft auch noch zu verbrennen.
    »Lif hat recht«, sagte Urd. »Das Tier leidet. Vielleicht sollten wir es von seinen Qualen erlösen.«
    Und damit hat auch sie recht, dachte Thor. Das Tier litt, und wahrscheinlich würde es sterben, langsam und sehr qualvoll. Dennoch sagte er impulsiv: »Nein!« Beinahe schrie er es schon.
    Nicht nur Urd sah ihn verwirrt an. Auch Elenia blickte hoch und machte ein überraschtes Gesicht, und Lif verzog böse die Lippen.
    »Dieses Tier …«, begann er unbeholfen, zögerte einen Moment und setzte dann nach einem gekünstelten Räuspern neu an. »Der Hengst hat mir das Leben gerettet. Ohne ihn wäre ich jetzt tot.«
    »Und du willst es ihm danken, indem du ihn qualvoll zugrunde gehen lässt«, sagte Urd.
    Natürlich hatte sie auch damit recht. Trotzdem schüttelte er nur noch einmal den Kopf. »Vielleicht ist es ja nicht so schlimm, wie es aussieht«, antwortete er.
    Urd runzelte nur beredt die Stirn.
    »Kannst du nichts für ihn tun?«, fragte Elenia.
    »Für wen?«
    »Den Hengst.« Elenia wies mit der Hand auf den Schecken. »Die Wunde sieht schlimm aus, aber vielleicht kannst du sie ja behandeln.«
    Urd sagte gar nichts, aber ihr Bruder zog eine Grimasse, als zweifele er an Elenias Verstand. Sein Blick strich noch einmal demonstrativ über die tiefe Wunde des Pferdes, und Thor meinte seine Gedanken regelrecht auf seinem Gesicht lesen zu können. Im Großen und Ganzen waren es wohl dieselben wie seine eigenen. Selbst wenn das Tier nicht an seiner Verletzung starb, würde es Wochen dauern, bis es sich wieder erholt hatte, und sie hatten einfach nicht die Zeit, sich mit einem kranken und möglicherweise lahmenden Tier abzugeben.
    All das war wahr. Und trotzdem …
    »Vielleicht warten wir einfach«, sagte er.
    »Und wie lange?«, schnaubte Lif.
    Thor wollte antworten, doch Urd kam ihm zuvor. »Wir müssen sowieso eine Weile hierbleiben«, sagte sie, mehr an Thor gewandt als an ihren Sohn. »Ich schaue mir das Tier später an. Danach entscheiden wir, was wir tun.«
    »Hierbleiben?«, wiederholte Thor. Er sah sich um. Der Turm war groß, aber er bot allenfalls Schutz vor dem Wind, nicht vor der Kälte, und als Versteck war er so ungeeignet, wie es überhaupt nur vorstellbar war. »Hältst du das für eine gute Idee?«
    »Nein«, antwortete Urd. »Aber du brauchst Ruhe. Mindestens einen Tag, besser noch zwei.«
    »So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, protestierte Thor.
    Statt zu antworten, griff Urd nach dem zweiten Ledersäckchen. »Noch nicht«, sagte sie. »Aber das wird sich ändern.«
    Es dauerte drei Tage, bis sie ihren Weg fortsetzen konnten, und wie sich zeigte, hatte Urd keineswegs übertrieben.

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