freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
Erschöpft, wie er war, war er praktisch auf der Stelle eingeschlafen und erst nach vielen Stunden wieder aufgewacht, zitternd und von Fieber, Durst und der verworrenen Erinnerung an einen üblen Traum geplagt, der dieses Mal aber keine Botschaft aus seiner Vergangenheit war, sondern nichts als wirre Fieberfantasien.
Auch am nächsten Tag änderte sich nicht viel. Die Wunde schmerzte nach wie vor, begann aber dank Urds Hilfe nun zu heilen. Was ihm mehr zu schaffen machte, das war etwas gänzlich anderes: ein Feuer, das tief in ihm brannte und sich nach etwas verzehrte, von dem er nicht einmal wusste, was es war.
In den Zeiten, in denen er wach war, versicherte ihm Urd, dass er sich auf dem Wege der Besserung befinde, aber seine eigenen Erinnerungen, so verworren sie sein mochten, behaupteten etwas anderes, und die scheuen Blicke, mit denen Elenia und Lif ihn manchmal musterten, behaupteten es ebenfalls. Einmal erwachte er gut fünfzig Schritte von der Turmruine entfernt im Schnee, fiebernd und um sich schlagend, sodass Urd und ihre beiden Kinder alle Mühe hatten, ihn wieder in den Turm zu schaffen, und ein anderes Mal war seine Kehle wund von seinen eigenen Schreien, die ihn vermutlich auch aufgeweckt hatten.
Als er am dritten Morgen erwachte, war es vorbei.
Das war das Allererste, was er spürte, noch bevor er die Augen aufschlug.
Er war schwach und sehr, sehr müde, und seine Hand tat immer noch weh, das alles aber auf eine vollkommen andere … richtige Art; anders konnte er das Gefühl nicht beschreiben. Die bleierne Schwere, die nach wie vor auf seine Glieder drückte und ihm selbst die winzige Mühe, die Augenlider zu heben, noch einen Moment vor sich herschieben ließ, war wie die angenehme Müdigkeit nach einem langen Tag voller befriedigender Arbeit, und selbst an dem Schmerz in seiner Hand war etwas Gutes, denn er signalisierte ihm, dass seine Wunde heilte.
Außerdem war es warm, und die Luft roch so verlockend nach gebratenem Fleisch, dass ihm das Wasser im Munde zusammenlief und sein Magen hörbar knurrte.
»Die Suppe ist gleich fertig. Und du musst dich nicht verstellen. Ich weiß, dass du wach bist.«
Thor öffnete die Augen und erlebte gleich zwei Überraschungen: Elenia saß neben ihm, und obwohl er sie in dem blassen Licht nicht einmal richtig erkennen konnte, verwechselte er sie diesmal nicht mit ihrer Mutter. Und die eindeutig größere Überraschung war das Ausmaß, in dem sich seine Umgebung verändert hatte. Urd war in den zurückliegenden Tagen offensichtlich nicht untätig gewesen. Das Feuer war mit einer doppelten Reihe von Steinen eingefasst, und jemand, vermutlich Lif, hatte sich sogar die Mühe gemacht, sie nach Form und Größe zu sortieren. Der Boden war in einigem Umkreis vom Schutt befreit worden, und über den vier einfachen Lagerstätten, die sich um die Feuerstelle gruppierten, spannte sich ein aus Satteldecken und Stöcken improvisiertes Dach, geschickt arrangiert, um die Wärme festzuhalten. Über den Flammen stand ein Dreibein mit demselben verbeulten Helm, den Urd schon einmal als Kochtopf missbraucht hatte und der jetzt der Quell des verlockenden Duftes war. Ihre wenigen Habseligkeiten waren säuberlich an einer Wand aufgestapelt, und auf der anderen Seite hatte Urd sogar versucht, eine kleine Koppel für die Pferde zu improvisieren, wenn auch mit wenig Erfolg. Die Tiere … Er schaute ein zweites Mal hin. Es waren nur noch vier.
Thor setzte sich mit einem so plötzlichen Ruck auf, dass ihm schwindelig wurde. »Wo ist –?«
»Der Schecke?« Elenia unterbrach ihn mit einer beruhigenden Geste. »Keine Sorge, es geht ihm gut. Lif ist mit ihm hinausgegangen, um ihm Bewegung zu verschaffen. Anscheinend ist er genauso zäh wie sein Reiter.« Sie lachte leise. »Mutter meint allerdings, er wäre nur genauso dickköpfig.«
Sie stand auf, hantierte einen Moment außerhalb seiner Sichtweite herum und kam mit einem Becher zurück, den sie ihm übertrieben behutsam in die Hand drückte. Thor kostete ebenso vorsichtig, stellte fest, dass er nichts anderes als eiskaltes Wasser enthielt, und nahm dann einen größeren Schluck, um den schlechten Geschmack aus seinem Mund zu vertreiben. Das Wasser tat ihm gut, und er leerte den ganzen Becher.
»Und wo ist deine Mutter?«
»Draußen, bei Lif. Sie sucht nach Moos oder irgendwelchen Flechten, um einen ihrer Hexentränke daraus zu brauen … glaube ich.« Sie verschwand wieder, um den Becher neu zu füllen, und setzte sich mit
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