freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
tiefere Verwirrung zurück.
Er versuchte sich aufzurichten und merkte erst jetzt, dass er nicht auf dem Boden lag, sondern in einer halb sitzenden und äußerst unbequemen Haltung an der Wand lehnte; den Schmerzen in seinem Nacken und den verspannten Schultermuskeln nach zu schließen schon seit einer ganzen Weile.
»Ist … alles in Ordnung?«, fragte er stockend.
Urd nahm die Hand von seinem Nacken und legte die Stirn in Falten. »Ich habe nicht allzu viele Erfahrungen mit solchen Situationen«, sagte sie gedehnt, »aber sollte nicht eigentlich ich es sein, die dir diese Frage stellt?«
Immerhin gelang es ihm, die Lippen zu einem dünnen Lächeln zu verziehen, aber nicht, ein mühsames Ächzen zu unterdrücken, als er sich hochstemmte. Sein Nacken war so verspannt, dass es ihm im ersten Moment nicht gelang, den Kopf gerade zu halten, und ihm wurde leicht schwindelig. Urd machte einen Schritt zurück und sah ihm aufmerksam ins Gesicht. Ihre Augen funkelten spöttisch, aber darunter erkannte er auch einen Ausdruck tiefer Sorge. Die Erkenntnis tat gut. Mehr, als er erwartet hatte.
»Ich muss wohl … eingeschlafen sein«, sagte er stockend, während er vorsichtig Schultern und Arme bewegte, um seine Muskeln zu lockern.
»Ich würde eher sagen, du bist ohnmächtig geworden«, sagte Urd.
Thor maß sie mit dem spöttischsten Blick, den er zustande brachte. »Ohnmächtig?« Er schnaubte. »Du bist hier die Frau und ich der Mann.«
»Jedenfalls führst du dich so auf, ja.«
Thor hielt es für klüger, nicht darüber nachzudenken, was sie genau damit meinte. »Noch dazu bist du schwanger.«
»Und?«
»Das heißt, dass du diejenige bist, die in Ohnmacht fällt.«
Urd dachte einen Moment sichtlich darüber nach. Dann nickte sie. »Das stimmt«, sagte sie. »Wie konnte ich das nur vergessen? Dann bin ich wohl auch diejenige, die hier drinnen war, und du der, der zwei Stunden lang draußen am Feuer gesessen hat und sich Sorgen gemacht hat?«
»Zwei Stunden?«
»Vielleicht sogar länger«, bestätigte sie. »Ich dachte, du hättest vielleicht ein paar alte Freunde getroffen und wärst ins Reden gekommen. Da vergisst man schon mal die Zeit, nicht wahr?«
Thor sagte nichts. Er starrte sie nur an, und in seinem Blick musste wohl etwas sein, was sie erschreckte, denn ihr Lächeln gefror und erlosch schließlich ganz. Warum hatte sie das gesagt? Er konnte das Gefühl nicht begründen, aber sie hätte das nicht sagen sollen, nicht hier, an diesem Ort.
»Verzeih«, sagte Urd. »Das war dumm. Aber ich habe mir wirklich Sorgen gemacht. Du warst lange weg.« Sie machte eine fahrige Geste, die ihre Unsicherheit nur noch unterstrich, trat einen weiteren Schritt zurück, und ihr Mantel fiel auseinander, sodass Thor das Schwert sehen konnte, das sie darunter trug. Der Anblick machte ihm mehr als alle Worte klar, wie beunruhigt sie gewesen sein musste. Die Waffe war so schwer, dass sie sie allein aufgrund ihres Gewichts bisher nur am Sattelgurt getragen hatte.
Erst dann fragte er sich, wieso er sie überhaupt sah, und er erschrak noch einmal und womöglich noch tiefer. Als er hereingekommen war, war es so dunkel gewesen, dass er die sprichwörtliche Hand vor Augen nicht gesehen hatte. Jetzt umgab sie das matte Nebellicht eines frühen Morgens.
Verwirrt sah er sich um. Seine improvisierte Fackel war verschwunden, ebenso wie der Tisch, auf den er sie abgelegt hatte. Wo Odins Tafel stehen sollte, bot sich seinem Blick nur ein Durcheinander aus zerbrochenem Stein und Trümmern dar, als wäre ein Teil der Decke heruntergestürzt. Als er den Kopf in den Nacken legte und nach oben sah, war sie jedoch unbeschädigt.
Urd folgte seinem Blick, sah ihn dann noch besorgter an und wartete offenbar auf eine Erklärung, doch stattdessen drehte er sich nur um und trat auf den steinernen Balkon hinaus. Er war nicht annähernd so monströs wie in seinem Traum, doch der Ausblick, der sich ihm bot, war derselbe. Tief unter ihm brachen sich die Wellen an scharfkantigem schwarzem Fels, der wie Messerklingen durch den weißen Schaum stieß, und dahinter verlor sich der Blick in der Weite des Ozeans, ohne auf ein Hindernis zu stoßen. Aber es gab keine Schiffe dort unten, und der Himmel war hell, nicht schwarz. Hätte es Sterne gegeben, das wusste er, dann hätten sie am richtigen Platz gestanden.
Lasst uns beginnen.
»Vielleicht würde ich dir dabei ja sogar helfen, wenn ich nur wüsste, womit.«
Thor trat von der Brüstung zurück, drehte
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