freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
antwortete sie, fügte aber sofort und mit einem raschen Kopfschütteln – das von einem reizenden Lächeln begleitet wurde – hinzu: »Ich meine natürlich nicht mich. Aber es kommen oft Fremde zu uns … was kein Wunder ist. Oesengard ist die einzige Stadt im Umkreis einer Monatsreise.«
Dann tat sie etwas, was Thor wirklich überraschte. Statt sich umzudrehen und ihrer Wege zu gehen, setzte sie sich in der entgegengesetzten Richtung in Bewegung, um ihn bis zum Gasthaus zu begleiten. Sie musste entweder ganz besonders neugierig sein, dachte er, oder die Leute hier nahmen den Begriff Gastfreundschaft ganz außergewöhnlich ernst.
Er war nicht ganz sicher, was er davon halten sollte.
»Ein … interessantes Pferd hast du da«, sagte sie während sie langsam zum Gasthaus gingen. Ihre Augen funkelten spöttisch. Vielleicht fragte sie sich, wie es der lahmende Klepper bis hierher geschafft hatte.
»Es hat mich brav hierhergetragen«, antwortete Thor. »Und das durch so manchen Sturm. Nicht jedes andere Pferd hätte das geschafft.«
»Dann solltest du es ihm mit einem warmen Stall und einer großen Portion Hafer vergelten«, antwortete sie. »Bist du vielen Gefahren begegnet?«
Das, dachte Thor, war jetzt keine Frage, die sie nur aus reiner Höflichkeit stellte. Er deutete ein Achselzucken an. »Wenn du von Riesen und Ungeheuern sprichst, nein«, antwortete er. »Aber eine Reise birgt immer Gefahren. Das hier ist ein raues Land.«
»Du warst in den Bergen? Im Norden?«
Thor nickte. »Die letzte Nacht habe ich in einem sonderbaren Turm verbracht.«
»Dem Gladsheim?« Überrascht blieb sie stehen.«
»Gladsheim?«
»Die Leute nennen ihn nur so«, antwortete sie. »Es ist nichtwirklich der Sitz der Götter, aber viele glauben, sie hätten früher dort gewohnt.«
»Und du?«
»Ich weiß nichts von irgendwelchen ›Göttern‹«, antwortete sie betont. »Aber man erzählt sich schlimme Geschichten über diese Ruine. Angeblich wurde schon so mancher nie wieder gesehen, der dort hineingegangen ist.« Sie lachte. »Aber du weisst ja, wie die Leute sind. Je länger die Nächte, desto wilder die Geschichten, die man sich erzählt, um die Zeit totzuschlagen.«
Sie hatten das Gasthaus erreicht, und Thor wollte den Schecken an einem der Pfähle festbinden, die das überhängende Dach stützten, doch seine Begleiterin schüttelte rasch den Kopf. »Der Stall ist auf der Rückseite«, sagte sie. »Bring dein Pferd dorthin. Ich sage inzwischen meinem Vater Bescheid, dass er unser bestes Zimmer für dich richtet.«
»Dein Vater?«
»Natürlich«, antwortete sie todernst. »Ihm gehört das Gasthaus – was hast du denn erwartet? Ich danke den Göttern, dass sie mir dich geschickt haben. Wenn ich nicht wenigstens zwei neue Gäste pro Tag anbringe, bekomme ich nichts zu essen.«
»Ich bin nur einer«, erinnerte Thor.
»Ich weiß«, sagte sie und machte ein betrübtes Gesicht. »Aber immerhin. Wenn ich gar keinen Gast bringe, bekomme ich nicht nur nichts zu essen, sondern darüber hinaus auch noch Schläge.«
»Was sich nach einer guten Idee anhört«, sagte eine Stimme von der Tür her.
Thor wandte neugierig den Kopf und erblickte den fettesten Mann, den er jemals gesehen hatte. Das Einzige, was an ihm vielleicht noch breiter war als sein speckig glänzendes Gesicht, war das Grinsen, das sich darauf ausgebreitet hatte. Mit einem Schritt, der eher wie ein Rollen wirkte, trat er vollends aus dem Haus heraus und drohte der jungen Frau spielerisch mit dem Zeigefinger. »Nur, weil du nicht nur meine Tochter, sondern auch mein einziges Kind bist, heißt das nicht, dass ich dir allesdurchgehen lassen, Gundri. Und wenn mir danach ist, brauche ich keinen Grund, um dich übers Knie zu legen und dir ein bisschen Respekt vor deinem alten Vater einzubläuen.« Er schickte einen entsprechend drohenden Blick hinterher und wandte sich dann mit einer schwerfälligen Bewegung ganz zu Thor um. »Bitte verzeiht das Benehmen meiner Tochter – und schließt nicht von ihr auf ihre Familie.«
»Kinder!«, sagte Thor, als wäre das Antwort genug … was es für den Fetten wohl auch war.
»Ich kam nicht umhin, mitzuhören, dass Ihr fremd in der Stadt seid und nach einer Unterkunft sucht?«
»Beides ist wahr«, sagte er. »Aber ich bin noch dabei, mich umzusehen.«
»Das verstehe ich«, sagte der Dicke und sah auch ganz so aus, als wäre das die Wahrheit. »Seht Euch ruhig in der ganzen Stadt nach einem anderen Gasthaus um. Und wenn
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