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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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manche sprangen auf, etliche umarmten sich auch, und schließlich mussten Urd und ihre Feuerschalen wieder für Ruhe sorgen.
    »Und jetzt lasst uns beten und die Götter um ihren Beistand bitten, meine Schwestern! Der Tag ihrer Wiederkehr ist nahe, aber noch brauchen sie jedes einzelne Gebet, jeden Gedanken und jedes einzelne Herz, das für sie schlägt!«
    In einer raschelnden Woge aus Schatten und Geräuschen erhoben sich die versammelten Frauen, und Thor vergewisserte sich, dass die fünf anderen vermeintlichen Krieger einfach weiter reglos stehen blieben. Zugleich fragte er sich, warum er diesem grotesken Spiel nicht einfach ein Ende bereitete. Urd wusste, wer er war. Sie hatte ihn in spätestens in dem Moment erkannt, in dem sie hereingekommen war. Aber er tat nichts.
    »Odin! Thor!«, rief Urd. »Loki! Heimdall und Tyr, und all ihr anderen Götter! Gebt uns euren Segen!«
    »Odin! Thor!«, intonierte der Chor der Frauen. »Loki! Heimdall und Tyr, und all ihr anderen Götter! Gebt uns euren Segen!«
    »Götter des Krieges, wir rufen euch!«, rief Urd.
    »Götter des Krieges, wir rufen euch!«, wiederholte der Chor.
    »Götter des Krieges, wir rufen euch!«, rief Urd. »Unsere Schwerter sind für euch bereit!«
    »Götter des Krieges, wir rufen euch!«, bestätigte ein hundertstimmiger Chor. »Unsere Schwerter sind für euch bereit!«
    »Götter des Krieges, wir rufen euch!«, rief Urd. »Unsere Herzen sind offen und weit!«
    Und so ging es weiter. Urd gab einen Satz vor, und der Chor der Knienden wiederholte ihn, immer lauter und aufpeitschender, bis das gesamte unterirdische Gewölbe unter den Stimmen eines gewaltigen Chors widerhallte, laut und inbrünstig genug, um selbst das Firmament erzittern zu lassen.
    »Götter des Krieges, wir rufen euch!«, schloss Urd endlich; ein letzter, gellender Schrei, der bis zu den Sternen hinaufwehte. »Gebt uns eure Macht!«
    Die Schatten unter der Gewölbedecke flatterten heftiger, ballten sich zusammen und gerannen zu schimmernder Schwärze, die sich auf rauschenden Flügen auf Urds ausgestreckten Armen niederließen.
    Für Raben waren sie beinahe zu klein, auch wenn ihr schwarzes, wie matt poliertes Eisen schimmerndes Gefieder und die Ehrfurcht gebietenden Schnäbel wohl jedermann hier drinnen an die schwarzen Göttervögel denken ließ. Thor vermutete, dass es sich um Rabenkrähen handelte, die Urd zu diesem speziellen Kunststück abgerichtet hatte, auch wenn es ihm ein Rätsel blieb, wie sie das in diesen wenigen Tagen – noch dazu hier – fertig gebracht haben sollte.
    »Hugin! Munin! Kommt zu mir!«
    In einer gleichzeitigen, aufeinander abgestimmten Bewegung ließen sich die beiden Vögel auf ihren ausgestreckten Armen nieder, schlugen noch einmal mit den Flügeln und stießen ein misstönendes Krächzen aus, und selbst Thor konnte sich angesichts dieser gespenstischen Szene eines Fröstelns nicht erwehren. Wenn es tatsächlich nur ein einstudiertes Schauspiel war, dann war es perfekt.
    Aber er war längst nicht mehr sicher. Die Vögel saßen jetzt vollkommen reglos auf Urds ausgestreckten Armen. Nur ihre Köpfe bewegten sich manchmal mit kleinen, plötzlichen Rucken hin und her, und dieses Mal war es genau anders herum als vorhin. Der Blick ihrer schwarzen Augen war wie die Berührung von kaltem Eisen, unter der sich etwas in ihm krümmte.
    Thor konnte nicht sagen, wie lange es dauerte. Die Flammen tanzten, und dann und wann stieß einer der Raben ein misstönendes Krächzen aus oder bewegte träge die Flügel, deren Gefieder das rote Licht der Feuerschalen wie geschliffenes schwarzes Eisen reflektierte.
    Aber irgendwann war es vorbei. Urd rief ein letztes Mal mit lauter Stimme die alten Götter Walhalls an, riss die Arme in die Höhe, und Hugin und Munin schwangen sich in einer gleichzeitigen Bewegung in die Luft und verschmolzen mit den Schatten.
    »Geht jetzt, meine Schwestern«, sagte Urd. »Geht und wartet auf den Tag, an dem unser leibhaftiger Gott erscheinen und uns zum Sieg führen wird! Er ist nicht mehr fern!«
    Damit löste sich die Versammlung auf. Thor war ein wenig verwirrt. Nach der endlosen Zeremonie mit ihren Gesängen und Gebeten hatte er noch irgendetwas erwartet, einen dramatischen Abschluss vielleicht, aber Urd setzte nur ihre goldene Maske wieder auf und ging, und jetzt kniete keine der Frauen nieder oder senkte auch nur demütig den Blick. Die Versammlung löste sich einfach auf, schnell und beinahe lautlos, und Thor geriet für einen

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