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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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langsam die Arme und breitete die Hände aus, und die hundert knienden Frauen vor ihr antworteten mit einem einzelnen, gemurmelten Wort, das zu einem Lied anschwoll und etwas tief in ihm berührte, obwohl ihm seine wirkliche Bedeutung verschlossen blieb.
    »Schwestern!«, rief Urd zum dritten Mal, und jetzt mit lauter, weithin hörbarer Stimme. Sie hob die Hände noch höher, und im gleichen Maße, in dem sie es tat, wuchsen auch die Flammen in den beiden Schalen, bis sie fast die Höhe der Stele erreicht hatten. Dann senkte sie mit einem Ruck die Hände, die Flammen fielen in sich zusammen, und es wurde schlagartig still.
    »Ich danke euch, dass ihr gekommen seid«, begann Urd. »Umso mehr, als ich weiß, wie gefährlich es für so manche von euch war, hierherzukommen.« Sie legte eine genau bemessene Pause ein, in der ihr Blick abermals über die vor ihr knienden Frauen strich, und obwohl dies nur einen Augenblick währte, gelang es ihr dabei irgendwie den Einruck zu erwecken, jede einzelne dieser mehr als hundert Frauen nicht nur ganz persönlich anzusehen, sondern ihr auch ein Lächeln zu schenken.
    »Ich weiß, dass manche von euch Leib und Leben wagen, indem sie hierherkommen«, fuhr sie fort, »und ich sehe die Furcht in euren Herzen und den Zweifel in euren Gesichtern. Das ist nichts, wessen ihr euch zu schämen braucht, denn nur wer töricht ist, kennt keine Furcht, und nur wer dumm ist, zweifelt nicht auch an dem, was man ihm sagt. Und doch seid ihr alle gekommen, eine jede Einzelne von euch, und dieses Wissen macht mich stolz, zeigt es mir doch, dass meine Wahl richtig gewesen ist.«
    Wieder hob sie die Hände, und auch diesmal loderten die Flammen in den flachen eisernen Schalen hinter ihr höher, als gebiete sie tatsächlich dem Feuer.
    Der Effekt verfehlte seine beabsichtigte Wirkung nicht. Für einige Augenblicke brach Unruhe unter den versammelten Frauen aus, und eine Mischung aus Kleiderrascheln und ehrfürchtigem Raunen wurde laut. Urd wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war, bevor sie weitersprach, und obwohl sich weder an ihrer Stimme noch an ihrer Betonung irgendetwas änderte, klang sie jetzt wie ein gütige Mutter, die stolz auf ihre Kinder war.
    »Die Zeit des Wartens hat bald ein Ende, meine Schwestern. Nicht mehr lange, und eine jede von euch wird stolz erhobenen Hauptes durch die Straßen dieser Stadt gehen, statt sich im Schutze der Nacht oder finsterer Höhlen zu verkriechen! Der Moment des Triumphs ist nahe und auch der, an dem jede von euch den Lohn für all die Jahre der Entbehrungen und Furcht erhalten wird!«
    Diesmal dauerte es länger, bis sich das Murmeln und Rascheln und Raunen wieder legte. Urd wartete geduldig und mit der Andeutung eines Lächelns auf den Lippen, bis erneut Ruhe eingekehrt war.
    Irgendetwas raschelte, und Thor hatte einen flüchtigen Eindruck von Bewegung, fast als glitte ein Schatten unter der Decke des Gewölbes über ihnen entlang, wagte es aber nicht, den Kopf zu heben.
    »Die Zeit des Wartens hat bald ein Ende, meine Schwestern!«, fuhr Urd fort. »Der Kapitän des Schiffes, das vor wenigen Stunden eingelaufen ist, hat gute Nachrichten gebracht! Unser Glaube ist stark im Süden, und das Heer, das dem Ruf der wahren Götter folgt, beherrscht schon die meisten Städte an der Küste und zieht weiter von Sieg zu Sieg! Schon bald werden ihreSchiffe auch hier erscheinen, und die Herrschaft der Ketzer und der falschen Götter wird beendet sein!«
    Vereinzelte, beifällige Rufe wurden laut, und wieder wollte Unruhe unter den knienden Frauen ausbrechen, doch dieses Mal sorgte Urd mit einer raschen Geste für Ruhe, die von den Flammen rechts und links von ihr prasselnd nachvollzogen wurde. Auch die Schatten unter der Decke bewegten sich wieder.
    »Aber das ist noch nicht alles, meine Schwestern!«, fuhr sie fort, und wieder änderte sich etwas in ihrer Stimme. Sie klang jetzt stolz, kraftvoll und aufpeitschend, und ihr Gesicht glühte vor heiliger Begeisterung. »Der, dem wir alle dienen, ist nahe! Bald schon werdet ihr ihn sehen. Vielleicht nur noch wenige Tage, und ihr werdet in das Antlitz eines Gottes sehen! Und eine jede Einzelne von euch, meine Schwestern, die in die Welt hinausgeht und das Wort der alten und einzigen Götter verkündet, wird es in dem Wissen tun, von der Hand eines leibhaftigen Gottes gesegnet zu sein!«
    Diesmal versuchte sie gar nicht erst, der aufbrandenden Begeisterung Herr zu werden. Minutenlang jubelten und applaudierten die Frauen,

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