freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
erwacht zu sein oder vielleicht doch noch in einem Traum gefangen, der nur sein Gewand gewechselt hatte und in der Verkleidung vermeintlicher Realität daherkam. Das Fieber war fort, aber es hatte auch einen Teil seiner Erinnerungen mitgenommen: Er wusste weder, wo er war, noch wie er hierhergekommen war.
Instinktiv wollte er sich aufrichten, sank aber schon wieder zurück, noch bevor er die Ellbogen ganz aufgestützt hatte. Er war schrecklich schwach. Sein Herz schlug gleichmäßig, aber so schwer, dass er jeden einzelnen Schlag bis in die Fingerspitzen fühlen konnte, und er hatte einen grässlichen Geschmack im Mund. Selbst diese kleine Anstrengung rächte sich mit einemheftigen Schwindelgefühl, das für etliche Sekunden durch seinen Schädel tobte, und einem Gefühl von Übelkeit.
Es ließ sich wieder ganz zurücksinken, schloss die Augen und wartete, bis sich das Chaos hinter seiner Stirn beruhigt und sein Magen aufgehört hatte zu revoltieren. Vielleicht hatte er einfach nur Hunger. Mit seinen Erinnerungen war auch sein Zeitgefühl verschwunden, auf das er sich normalerweise verlassen konnte, aber er spürte, dass viel Zeit vergangen war. Tage. Er musste im Stall das Bewusstsein verloren haben, und jemand hatte ihn gefunden und hierhergebracht. Er wusste weder wer noch wo er hier war. Da waren verschwommene Erinnerungen an Hände, die sich an ihm zu schaffen machten, besorgte Stimmen und eine Schale mit kühlem Wasser, die an seine Lippen gesetzt wurde, um seine ausgedörrte Kehle zu kühlen. Vielleicht hatte ihn jemand gefunden, der es gut mit ihm meinte, vielleicht war er auch ein Gefangener.
Seine Umgebung jedenfalls gab keinen Aufschluss darüber. Er lag nackt unter einer weichen Decke und auf einem ebenso weichem Lager, und jemand hatte ihm sogar ein Kissen unter den Nacken geschoben, um es ihm etwas bequemer zu machen. Immerhin schien es nicht Sverig gewesen zu sein, der ihn gefunden hatte, dachte er spöttisch, sonst wäre er wahrscheinlich mit dem Kopf nach unten an der Decke hängend aufgewacht.
Dennoch mochte er ein Gefangner sein. Die steinerne Kammer, gegen deren gewölbte Decke er blickte, war so dunkel, dass selbst seine scharfen Augen kaum mehr als Schemen erkannten. Zwei Schalen mit glühenden Kohlen sorgten für Wärme und einen Hauch rötlichen Lichts, aber nicht wirklich für Klarheit. Er nahm an, dass er sich in einem Teil des alten Kellerlabyrinths befand, was aber nicht bedeuten musste, dass er auch in Sicherheit war. Vielleicht hatten sie ja auch Urd und die Kinder längst gefangen genommen und warteten jetzt nur darauf, dass er aufwachte, um sie gemeinsam zu verhören.
Thor sah ein, dass solche Überlegungen zu nichts führten, schloss noch einmal die Augen und versuchte mit aller Gewalt, seine Erinnerungen herbeizuzwingen, ohne greifbares Ergebnis.Immerhin kam er noch zu einer weiteren Erkenntnis: Statt nach kaltem Schweiß und vielleicht noch Schlimmerem roch er sauber, was bedeutete, dass sich jemand um alle seine körperlichen Bedürfnisse gekümmert hatte. Thor war sich nicht ganz darüber klar, ob ihm diese Erkenntnis peinlich sein sollte oder nicht.
Seine Gedanken begannen sich abermals zu verwirren, und er schlief ein, wenn auch nicht für lange, und das Gefühl wohliger Mattigkeit, mit dem er wieder erwachte, machte ihm auch klar, dass er diesmal einfach nur geschlafen hatte, nicht bewusstlos gewesen war. Alles war leicht und auf sonderbare Art gedämpft. Wenn nur der üble Geschmack in seinem Mund nicht gewesen wäre!
Etwas raschelte, und eine Schale mit kaltem Wasser wurde an seine Lippen gesetzt. Er trank mit großen, gierigen Schlucken, ohne den brennenden Durst in seiner Kehle ganz löschen zu können, und war enttäuscht, als die Schale wieder weggezogen wurde.
»Du bekommst gleich mehr, keine Angst. Aber wenn du zu schnell trinkst, wird dir nur übel.«
Sein Verstand sagte ihm, dass das natürlich die Wahrheit war, aber seine gesprungenen Lippen und seine ausgedörrte Kehle schrien nach mehr. Er versuchte die Hand zu heben und nach der Schale zu greifen, aber nicht einmal dafür reichte seine Kraft. Selbst das kleine Gewicht der Decke reichte, um seinen Arm niederzuhalten.
Ein leises Lachen erklang, und das schwache Licht der fast erloschenen Kohlebecken ließ einen dicken Zopf aus goldfarbenem Haar aus den Schatten auftauchen und fast genauso schnell wieder verschwinden. Dann registrierte er ihren süßen Geruch, und erst im Nachhinein erinnerte er sich an das
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