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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eigentlich erschreckte er ihn.
    Es war nicht das erste Mal, dass sich seine Gedanken auf krausen Pfaden zu bewegen begannen. Das machte ihm Sorgen. Er hatte von Männern gehört, die Jahre, wenn nicht Jahrzehntein Gefangenschaft gelebt hatten, und er war sicher, dass sie ausnahmslos den Verstand verloren haben mussten. Er war auch sicher, dass er selbst es nicht einmal annähernd so lange durchhalten würde.
    Immerhin hatten sie seine Wunden versorgt. Gefesselt, wie er war, konnte er nicht nach seinen Verletzungen sehen, aber die Verbände waren sauber, und er konnte spüren, dass die Wunden darunter gut heilten. Außerdem bekam er regelmäßig zu essen, und das war vielleicht schon mehr, als er erwarten konnte. Nachdem Bjorns Krieger die schwer angeschlagene Windsbraut geentert und Barends Männer – die keinerlei Widerstand leisteten – überwältigt und gefesselt hatten, war auch Sverig von seinem Felsen herabgekommen und hatte ihn mit der flachen Seite seiner Axt bewusstlos geschlagen, und Thor war ehrlich überrascht gewesen, tatsächlich noch einmal aufzuwachen. Vielleicht hatte Sverig ja nicht vor, ihn so einfach davonkommen zu lassen.
    Geräusche drangen in seine Gedanken, und Thor hob müde den Kopf und sah zur Tür. War es schon wieder Zeit zum Essen? Er war nicht hungrig, aber das musste nichts bedeuten, und sein persönliches Zeitgefühl war ihm hier drinnen längst abhanden gekommen. Wenn er es sich genau überlegte, dann konnte er nicht einmal sagen, seit wie vielen Tagen er nun hier schon gefangen war.
    Die Tür ging auf, und einer der Männer kam herein, die ihm in den letzten Tagen das Essen gebracht hatten. Er hielt allerdings kein Tablett in den Händen, sondern ein einfaches Werkzeug, dessen Sinn Thor im ersten Moment verborgen blieb; zumindest so lange, bis er vor ihm in die Hocke ging und die Hand nach seiner Fußfessel ausstreckte, dann aber noch einmal zögerte. Offensichtlich diente es es dazu, die eisernen Ringe zu öffnen.
    »Sollst du mich hier herausbringen?«, fragte er.
    Der Mann nickte zögernd und wirkte nur noch unsicherer.
    »Nur zu«, sagte Thor. »Und keine Angst. Ich tue dir nichts.«
    Er versprach ihm nicht, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, aber sein Wort schien dem Mann zu genügen. Zwar mitzitternden Fingern, aber trotzdem sehr schnell, öffnete er seine Fesseln und trat dann noch schneller zurück.
    Flucht war zwar eine Möglichkeit, aber nur eine theoretische. Nach Tagen, die er in unbequemer Haltung angekettet gewesen war, gelang es ihm erst im dritten Anlauf, auch nur aufzustehen, und seine verkrampften Muskeln machten jede noch so geringe Bewegung zu einer Tortur. Außerdem warteten draußen auf dem Gang zwei bewaffnete Männer auf ihn. Thor konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben; der Mischung aus Respekt und Furcht in ihren Augen nach zu schließen, wussten sie hingegen aber sehr wohl, wer er war. Thor war nicht sonderlich begeistert davon. Männer, die Angst vor einem Gefangenen hatten, neigten zu Überreaktionen.
    »Wohin?«, fragte er, an den Mann gewandt, der ihn losgebunden hatte.
    Er erhielt keine Antwort, aber einer der Bewaffneten machte eine herrische Geste und trat beiseite, und der andere richtete vorsichtshalber seinen Speer auf ihn. Thor humpelte mit steinernem Gesicht an ihm vorbei und musste einen Gutteil seiner Willenskraft darauf verwenden, nicht bei jedem Schritt zu stöhnen.
    Aus einem der schmalen Fenster des Ganges drang mattes Tageslicht herein. Thor war in der Zelle aufgewacht, in der er die letzten Tage verbracht hatte, und wusste somit nicht, wo er sich befand. Immerhin lag der Raum ebenerdig und war nicht Teil des unterirdischen Labyrinths, wie er aufgrund der Beschaffenheit der Wände fast vermutet hätte. Zu einer näheren Erkundung reichte seine Zeit nicht, denn einer seiner Begleiter öffnete eine Tür, und der andere stieß ihn so grob hindurch, dass er nur durch pures Glück nicht stürzte.
    »Es ist gut«, sagte eine Stimme. »Ihr könnt gehen.«
    Thor drehte sich unsicher herum und sah in Bjorns Gesicht. Der Jarl von Midgard stand nur wenige Schritte neben ihm, sah aber den Mann an, der ihn so unsanft heranbugsiert hatte. »Er wird uns nichts tun.« Jetzt suchte sein Blick doch den Thors. »Ich habe doch dein Wort, oder?«
    Thor war fast zu schwach, um auch nur zu nicken, doch Bjorn schien die Antwort in seinen Augen zu lesen – vielleicht erkannte er auch einfach, in welch erbärmlichem Zustand er sich

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