freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
»Und woher willst du wissen, dass du mir trauen kannst?«
»Ich halte dich nicht für einen Lügner, Thor«, antwortete der Jarl. »Mir allein würde dein Wort vollauf genügen, aber natürlich hast du recht, und wir müssen vorsichtig sein. Hier mein Angebot: Sag uns alles, was du über die Lichtbringer weißt. Wann Sie kommen, wie viele sie sind, welche Pläne sie haben. Ihr bleibt unsere Gefangenen, bis wir sicher sind, dass du die Wahrheit gesagt hast, danach kannst du gehen. Zusammen mit deiner Familie. Ich bürge für eure Sicherheit.«
»Ich weiß nicht mehr als du.«
»Das glaube ich dir sogar«, sagte Bjorn. »Dann sprich mit Urd. Ich habe es versucht, aber sie weigert sich, mit mir zu reden – oder überhaupt irgendjemandem. Vielleicht gelingt es dir ja, sie zur Vernunft zu bringen, wenn schon nicht um ihret- oder deinetwillen, dann um ihre Kinder zu retten. Sie mag sein, was sie will, aber sie ist immer noch eine Mutter.«
Thor nickte zwar, aber er wusste zugleich, dass es völlig sinnlos war. Urd würde ihre Sache niemals verraten, nicht einmal wenn es um das Leben ihrer Kinder ging.
»Sie wird ihren Glauben nicht verraten«, sagte er trotzdem. »Wenn du das große Blutvergießen tatsächlich vermeiden willst, das du angeblich so fürchtest, dann bring die Menschen von hier fort. Das ist der einzige Rat, den ich dir geben kann.«
»Du glaubst nicht, dass wir sie besiegen können.«
Sollte er überhaupt antworten? Thor erinnerte sich an ihrenZusammenstoß mit den Einherjern, bei dem Bjorn dabei gewesen war. Schon drei der unheimlichen Krieger waren fast mehr gewesen, als sie zu fünft hatten besiegen können, und sowohl Sverig als auch Bjorn selbst waren Meister im Umgang mit ihren Waffen. Ohne seinen Hammer und seine schon fast magische Fähigkeit, die Waffe zu führen, wäre jetzt wohl keiner von ihnen mehr am Leben.
»Du denn?«, fragte er schließlich.
»Nein«, sagte Bjorn. »Aber es muss nicht so weit kommen.« Sein Blick wurde bohrend. »Ich habe einmal geglaubt, wir wären Freunde, Thor. Ich will jetzt nicht an diese Freundschaft appellieren, weil ich weiß, dass es sinnlos wäre. Aber wenn in dir noch ein Rest Menschlichkeit ist, dann beschwöre ich dich, hilf uns!«
»Damit es die Toten nicht unter deinen Männern gibt, sondern auf der anderen Seite?«
»Es muss überhaupt keine Toten geben, Thor«, sagte Bjorn kopfschüttelnd. »Wenn sie hierherkommen und erkennen, dass wir vorbereitet sind und alle ihre Pläne kennen, ziehen sie vielleicht wieder ab. Und wenn nicht – nun ja. Was immer du jetzt auch von mir denkst: Wenn es denn sein muss, dann ist es mir lieber, wenn ihre Krieger sterben statt unsere. Du kennst diese Männer! Du weißt, wie sie kämpfen, wie sie denken und warum sie tun, was sie tun. Du kannst uns zeigen, wie man sie besiegt! Hilf uns, und ich helfe dir. Das Leben deiner Frau und deiner Kinder zu retten. Und auch dein eigenes. Wenn erst einmal alles vorbei ist, dann wird hier ein gewaltiges Durcheinander herrschen. Vielleicht gelingt euch in diesem Chaos ja die Flucht. So etwas kommt vor.«
»Das wird Fargas nicht gefallen«, sagte Thor.
»Fargas ist ein Dummkopf«, antwortete Bjorn. »Das war er schon immer, und jeder hier weiß das. Sigislind war der wahre Jarl von Oesengard. Sie war es nur nicht wirklich, weil eine Frau als Jarl …« Er hob die Schultern. »… undenkbar ist. Aber nun ist Sigislind tot, und Fargas wird genau das tun, was ich ihm sage.«
»Und du vertraust mir?«, fragte Thor.
»Wie es aussieht, bleibt mir wohl kaum etwas anderes übrig«, erwiderte Bjorn. »Also? Wie ist deine Antwort?«
»Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß«, antwortete Thor. »Aber ich werde mit Urd reden, wenn du das möchtest.«
»Dann lasse ich dich zu ihr bringen«, sagte Bjorn.
Die Zelle lag auf demselben Gang wie die, in der er selbst gefangen gehalten worden war, hatte aber immerhin ein Minimum an Einrichtung – Bett, Tisch und einen einzelnen Stuhl –, und Urd war zwar gefesselt, aber nicht annähernd so entwürdigend wie er. Eine fast zierlich anmutende Kette verband einen schmalen Metallring mit der Wand unter dem Fenster, aber sie war lang genug, um ihr Bewegungsfreiheit nahezu im gesamten Raum zu gewähren.
Urd saß mit angezogenen Beinen auf dem Bett und sah nur kurz und beinahe desinteressiert auf, als er hereinkam – was ihn nicht weiter überraschte –, aber daran änderte sich auch nichts, nachdem seine beiden Begleiter wieder
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