Freibeuter der Leidenschaft
früh weg in dem Glauben, nicht mehr in Gefahr zu schweben. Vielleicht wird in einer wirklichen Schlacht das Können nicht viel mit dem Sieg zu tun haben. Drehen Sie sich um!“, befahl sie.
Ungläubig starrte er sie an.
Sie schaffte es nicht, ihm noch länger ins Gesicht zu sehen. Seine Hose stand offen, und sie hatte einen interessanten Teil seines Körpers bloßgelegt. Am interessantesten war dabei die Schwellung, die sich abzeichnete.
Das Blut pulsierte heiß in ihrem Körper. Sie spürte, wie sie errötete, und presste ihre Klinge an sein Herz. Mühsam löste sie den Blick von seinen Lenden und sah ihm in die Augen. „Ja, ich habe gewonnen“, sagte sie ausdruckslos.
Er atmete schwer. Endlich war er wütend auf sie, und das freute sie. „Sie haben mich besiegt. Und was jetzt? Wollen Sie mir das Herz herausschneiden, weil ich Sie gekränkt habe? Wenn ich doch nichts anderes wollte, als Sie sicher zu dem zu bringen, was von Ihrer Familie übrig ist?“
Etwas von der Spannung des Kampfes löste sich. Bestürzung mischte sich mit Schuldbewusstsein.
Er wandte sich ab und schien gehen zu wollen, dann kehrte er plötzlich zu ihr zurück. Er packte ihr Handgelenk, ehe sie sich rühren konnte. „Legen Sie den verdammten Säbel hin. Ich will mit Ihnen unter vier Augen sprechen, und dies ist keine Bitte!“
In diesem Augenblick erkannte sie, dass sie zu weit gegangen war. Ihre Hochstimmung schwand schnell. Sie senkte den Säbel, und er ließ sie los, deutete zornig auf die Kapitänskajüte. Voll düsterer Ahnungen ging sie voran und legte den Säbel auf das Deck. Plötzlich fiel ihr die Stille auf.
Die gesamte Mannschaft war an Deck gekommen, fast dreihundert Mann, um ihren wahnsinnigen Angriff auf den Kapitän mitanzusehen.
Er umfasste ihre Schulter und schob sie in die Kabine.
Was hatte sie getan, als sie ihn so kühn und gedankenlos angriff, einer plötzlichen Eingebung folgend? Und wie wütend war er wirklich? War er wütend genug, um seinen Trieben nachzugeben?
Mit dem Fuß stieß er die Tür hinter ihnen zu. Dann zog er sein zerfetztes Hemd aus, ging an ihr vorbei, mit bloßem Oberkörper, ungehörig nackt. Sie sah zu, wie er ein Hemd anzog und es über die Hose hängen ließ. Sie holte hörbar Luft, und er fuhr herum.
„Was erwarten Sie? Sie sind kühn und furchtlos, aber Sie sind eine Frau. Jeder Mann wäre von so einem Vorspiel erregt. Ich nehme an, das war es, was Sie beabsichtigten.“
Sie versuchte zu atmen. „Es gab keine Absichten. Ich war wütend. Ich wollte Ihnen wehtun. Ich werde Ihnen ein neues Hemd kaufen.“
„Sie sind mittellos.“ Er ging an ihr vorüber und schenkte sich einen Whiskey ein. Sie sah zu, wie er das Glas leerte und sich dann nachschenkte. Seine Hände zitterten.
„Wir leben hier auf engem Raum“, sagte er und sah sie an. „Und so können wir nicht weitermachen. Ich habe mich für mein Benehmen bereits entschuldigt. Es ist an der Zeit, dass Sie meine Entschuldigung annehmen. Ich will einen Waffenstillstand.“
Auch sie zitterte, das merkte sie jetzt. Sie schlang die Arme um ihre Taille. Konnte sie seine Entschuldigung annehmen? In Wahrheit hasste sie es, mit ihm zu kämpfen. Ihn hasste sie nicht, nicht im Mindesten.
„Sie sind einverstanden mit einem Waffenstillstand?“, fragte er.
„Ja, bin ich“, brachte sie verblüfft heraus. Oh mein Gott, dachte sie und wandte sich ab. Ich habe mich in Clive de Warenne verliebt!
Sie war verdammt.
Beinahe lächelte er, doch er kam nicht näher, als wollte er absichtlich Abstand zwischen ihnen wahren. Er sprach jetzt ruhiger. „Sie haben meiner Mannschaft heute einiges geboten, Amanda.“
Verunsichert biss sie sich auf die Lippe, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Noch rang sie mit der Erkenntnis, dass sie sich ausgerechnet in den einen Mann auf der Welt verliebt hatte, der für sie am wenigsten erreichbar war.
Als sie nichts sagte, meinte er leise: „Ich habe unsere gemeinsame Zeit vermisst.“
Sie zuckte zusammmen, sofort von neuer Hoffnung erfüllt, und ihre Blicke begegneten sich.
Er war der Erste, der sich abwandte. „Wollen Sie heute mit mir essen? Wir können ein ruhiges Abendessen einnehmen, und Sie können mit mir über die Einzelheiten Ihrer Studien plaudern. Und wir können unser Vorgehen bei der Begegnung mit Ihrer Mutter besprechen.“ Er lächelte ihr zu.
Auch sie hatte ihn vermisst, entsetzlich vermisst, und wenn er ihr nichts anderes bieten konnte als ein paar Stunden an Deck oder bei
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