Freibeuter der Leidenschaft
nichts tun“, sagte er.
Sie zuckte die Achseln. „Stellen Sie sich nur vor, sobald Sie in England sind, können Sie zu Ihren eleganten Huren gehen.“
Es geschah selten, aber er wusste nicht, wie er auf ihren Schmerz reagieren sollte.
„Ist das alles? Ich muss noch den Unterricht beenden.“
Zumindest reden wir miteinander, dachte er finster. „Ja, das ist alles.“
Amanda erwachte und spannte alle Muskeln an.
Sie hörte, wie vor dem Bullauge der Kabine Degen klirrten.
Sie wurden angegriffen? Und sie hatte den Angriff ebenso verschlafen wie das Entern? Sie sprang aus der Koje und griff nach ihrem Bündel. Rasch lud sie die Pistole und schob sie sich in den Gürtel. Dann packte sie ihren Säbel und öffnete die Tür.
Ihre Kabine ging zur Steuerbordseite hinaus. Von dieser Seite aus war kein Feind zu sehen. Genau genommen war nichts zu sehen außer dem grauen Meer. Vom Hauptdeck aus hörte sie die Degen klirren, dann de Warennes Stimme.
„Stoß zielgerichtet“, sagte er. „Ruhig und zielgerichtet. Du darfst dein Handgelenk nicht beugen.“
Amanda begann zu verstehen und lief um die Kabine herum. Sie blieb stehen, als sie de Warenne mit Alexi fechten sah. De Warenne erlaubte dem kleinen Jungen, seine Fähigkeiten zu erproben, das erkannte sie, und für einen Achtjährigen war er sehr beweglich.
De Warenne war ein guter Lehrer. Er forderte seinen Sohn, aber nicht so sehr, dass dieser ermüden und verzagen würde. Sie spürte einen Stich im Herzen. Reglos stand sie da, beobachtete ihn, während er so beschäftigt war, dass er ihr Interesse nicht bemerken konnte. Sie musste den Schmerz ignorieren. Der Zorn war so viel leichter zu ertragen, so viel besser – das verdiente er.
Er war ein Bastard, ein Flegel, er war ein eleganter, hochnäsiger Gentleman, er war nicht freundlich, er war böse, kalt und grausam, sie hasste ihn.
Wenn sie es sich oft genug sagte, vielleicht würde sie es dann irgendwann glauben.
Er sah sie und bedeutete seinem Sohn aufzuhören. Alexi legte den Degen hin, schweratmend, aber lächelnd. De Warennes Blick ruhte auf der Pistole an ihrer Taille und dem Säbel in ihrer Hand. Dann ließ er den Blick höher gleiten.
Ich hasse ihn, dachte Amanda. Er würde eine elegante Dame in sein Bett holen, nicht mich. Ich bin nicht gut genug für ihn. Sie schlenderte vorwärts. „Eines Tages wird Ihr Sohn ein guter Degenfechter sein.“
Seine Miene blieb wachsam.„Ja, das wird er. Was ist das?“
Langsam hob sie den Säbel. „Mein Degen.“ Sie lächelte ihn an. Sie war sehr geschickt mit einem Säbel – sie hatte Papa schlagen können. Beim Fechten ging es nicht nur um Kraft, sondern auch um Balance, Geschicklichkeit und Wendigkeit.
„Wollen Sie fechten?“
„Ich hörte die Klingen, und ich glaubte, wir würden angegriffen.“ Sie nahm ihre Pistole und legte sie auf das Deck.
Er machte große Augen. „Dann sind Sie hier heraufgekommen, um meinen Männern bei der Verteidigung des Schiffes zu helfen?“
„Natürlich“, sagte Amanda. „Ich bin keine Edelfrau mit weichen Knien, die beim Säbelklirren in Ohnmacht fällt. Aber ich bin etwas eingerostet – ich hatte seit Langem keine Gelegenheit mehr, in einer Schlacht zu kämpfen. Wollen Sie mit mir üben?“, fragte sie. Ohne ihm eine Chance für eine Antwort zu geben, trat sie vor und streckte die Klinge aus.
Sofort wehrte er den Hieb ab. „Ihr Säbel ist nicht stumpf gemacht, Amanda“, sagte er behutsam.
Unwillkürlich begann sie zu lächeln. Sie stieß ein zweites Mal zu – er parierte. „Ich werde kein Blut fließen lassen, de Warenne“, sagte sie, wenngleich sie dachte, dass sie das vielleicht doch tun würde, nur um den Ausdruck in seinen Augen zu sehen. Erregung packte sie, gepaart mit ihrem Zorn. Sie griff an, er parierte wieder, aber er wich einen Schritt zurück. Amanda griff weiter an, er sah sie erstaunt an, wehrte indes einfach jeden Hieb ab, gestattete ihr, ihn schnell bis zur Reling an der Backbordseite zu treiben.
Voller Triumph lachte sie. „Sie können das besser, de Warenne! Sie haben doch keine Angst vor der scharfen Klinge einer Piratentochter?“
„Sie sind noch sehr böse auf mich. Ich verstehe das“, begann er.
Sie war wütend. Er verstand gar nichts! Sie griff an, er parierte, sie täuschte und durchbrach seine Abwehr, hinterließ einen Riss in seinem feinen, eleganten Hemd. Sie wich zurück, erhitzt von dem Geruch des Sieges. „Was verstehen Sie?“, fragte sie mit süßer Stimme.
Überrascht
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