Freibeuter der Liebe
Badeshorts oder hautengen Tauchanzügen kannte, hatte als Inspiration gedient.
Einige Teile jedoch hatte sie ihrer Vorstellungskraft überlassen müssen.
Sie war neugierig auf die Wahrheit. Hatte sie Vasco adäquat beschrieben, oder war die Fantasie mit ihr durchgegangen?
Und dann, als hätte er ihre Gedanken gelesen, drehte er sich leicht in ihre Richtung und verlagerte das Gewicht auf das andere Bein, und da wusste sie, dass ihre Beschreibung haargenau richtig gewesen war.
Es bestand kein Zweifel: Riccardo Granville war der leibhaftige Vasco Ramirez.
Rick wandte Stella den Rücken zu und lächelte in sich hinein, während er den Kopf von links nach rechts neigte und das lauwarme Wasser über seine verspannten Muskeln rinnen ließ. Es hatte überraschend viel Kraft erfordert, so unbefangen zu wirken, als wäre er ganz allein und unbeobachtet. Aber Stellas Kopf auftauchen zu sehen und dann ihren verlangenden Blick auf sich zu spüren, war jede Anstrengung wert gewesen.
Er fühlte sich gleich viel besser. Auch wenn er fast ein schlechtes Gewissen hatte, dass er so mit Stella spielte.
Aber nachdem sie ihn heimlich in einem Buch verewigt hatte, durfte er sich diesen kleinen Scherz wohl erlauben.
Solange er nicht übertrieb. Und solange er nicht vergaß, wer sie war – nämlich nicht nur eine erwachsene Frau, die schmutzige Bücher schrieb, sondern Nathans Tochter.
Am Ende der Reise würden sie beide darüber lachen.
Vasco betrachtete Lady Marys zarte milchweiße Hand, die er in seiner eigenen, viel dunkleren Hand hielt, und bewunderte den Gegensatz. So würden sie in seinem Bett aussehen, die Gliedmaßen ineinander verschlungen, Bauch an Bauch, Kokos und Kaffee.
Er fuhr mit dem Daumen an ihrem Zeigefinger entlang, in dem der lange Holzsplitter steckte, dann weiter über ihre Handfläche. Hörte, wie sie die Luft einsog. Spürte ihren Widerstand.
Er blickte in ihre smaragdgrünen Augen. „Ist gar nicht so schlimm, wie es aussieht“, murmelte er.
Mary schluckte. Sie hielt ihre Beine unter den Röcken züchtig aneinander gepresst, während er ihr auf seine typische „Was-kostet-die-Welt“-Art breitbeinig gegenübersaß. Der Stoff seiner Hose spannte über seinen Schenkeln, als er sich über ihre Hand beugte, sein Kopf gefährlich nah an ihrem Busen.
„Ich brauche nur ein Pinzette“, sagte sie und versuchte, ihre Hand wegzuziehen, doch er ließ sie nicht los, und sie ergab sich ihrem Schicksal.
Vasco lächelte sie an, ihre rosigen Lippen in verführerischer Nähe. „Ich glaube, das kann ich besser.“
Seine Stimme war sanft und tief, und brachte etwas in Mary zum Klingen, von dessen Existenz sie bis vor Kurzem nicht einmal etwas geahnt hatte. Ihre Blicke trafen sich, als er ihren Finger an seine Lippen hob und daran sog.
Vasco sah, wie sich ihr Mund zu einem überraschten kleinen Oh formte und sich ihre Pupillen weiteten. Sie atmete hörbar, als sie den Blick zu seinen Lippen senkte. Er spürte einen halbherzigen Versuch, sich zu befreien, doch statt den Finger freizugeben, liebkoste er ihn mit der Zunge.
Ihr leises Stöhnen traf ihn direkt in die Leistengegend.
Ohne sie aus den Augen zu lassen, zog Vasco langsam die Lippen zurück, suchte und fand mit den Zähnen das Ende des Splitters, der in der Fingerkuppe steckte, zog ihn vorsichtig heraus und gab ihren glänzenden Finger frei. Einen Moment lang hielt er den Splitter zwischen den Zähnen, dann wandte er den Kopf und spuckte ihn auf den Boden.
Lächelnd drehte er sich zurück und sah sie an. „So ist es besser“, murmelte er.
Mary konnte sich nicht rühren. Sie saß einfach da, ihre Hand noch in seiner, der Finger noch feucht, und starrte auf seinen Mund.
„D-danke“, stammelte sie.
Vasco neigte sich erneut zu ihrem Finger und drückte einen sanften Kuss auf die Wunde.
Er lächelte charmant. „War mir ein Vergnügen.“
Mary hätte am liebsten nach Riechsalz verlangt.
Nach der überaus unruhigen Nacht hatte Stella es nicht eilig, Rick zum ersten Mal nach der pikanten Duschszene vom gestrigen Abend in die Augen zu sehen. Aber sie konnte nicht ewig in der Kabine bleiben, und außerdem wusste er ja nicht, dass sie ihn beobachtet hatte. Sie durfte sich nur nichts anmerken lassen, dann war alles wie immer.
Außer, dass sich die Erinnerung für immer und ewig in ihrem Gehirn eingebrannt hatte.
„Hey“, begrüßte sie Rick, als sie fünfzehn Minuten später in die Kombüse ging. Er saß am Esstisch über Seekarten gebeugt.
Weitere Kostenlose Bücher