Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
zu und drehte sich um. Rebecca stand verstört da, überhaupt nicht so selbstsicher wie gestern. Sie hielt zitternd eine Hand vor ihrem Mund und starrte ihn an.
"Ich dachte, es sei alles vorbei", sagte sie matt.
"Hat er Ihnen etwas getan?"
"Nur an meine Brust gefasst ." Rebecca zuckte zusammen, dann lächelte sie gehemmt. "Zum Glück warst du da." Sie schüttelte sich. "Danke", sagte sie leise.
Rebecca s Intonationswechsel bei der Anrede missfiel Kepler nicht, Extremsituationen vermochten manchmal sehr schnell ein fast inniges Vertrauensverhältnis zwischen zwei Menschen zu schaffen. Kepler wollte das in Bezug auf Rebecca nicht haben, er war nur ein Angestellter, aber er tat sofort dasselbe.
"Wie total hirnrissig seid ihr eigentlich?", fragte er. "War dieser Kerl der Grund, warum dein Bruder meine Männer und mich eingestellt hat?"
Rebecca nickte und sah zu Boden.
"Wieso sagt mir das keiner ?", verlangte Kepler zu wissen, bekam aber keine Antwort. "Entweder fliegst du umgehend nach Hause, oder du kommst mit nach Bremen", bestimmte er. "Alles andere kannst du vergessen."
"Du bleibst bei mir?"
"Aufs Klo darfst du allein."
Endlich lächelte Rebecca leicht.
"Ist das eine Drohung?", erkundigte sie sich.
"Eine Tatsache."
Sie sah ihn einige Momente lang schweigend an.
"Du hast schon einmal so etwas gemacht. Mit einer Europäerin."
Wieder raste eine Bilderflut an Keplers Augen vorbei.
"Das habe ich tatsäc hlich." Er atmete durch. "Woher weißt du davon?"
"Ngabe hat es mir erzählt ."
"Weißt du auch alles, was dann passiert ist?"
"Details kannte Ngabe nicht..."
"Fahr lieber nach Hause ."
Rebecca war nicht die erste starke und selbstbewusste Frau, die Kepler kannte, und sie vermochte diese Eigenschaften sehr entschieden zu zeigen. Aber jetzt tat sie es nach einem Blick auf ihn nicht.
"Ich muss telefonieren", sagte sie folgsam.
Sie rief die Botschaft an. Man sicherte ihr zu, dass sie am nächsten Tag von Tempelhof nach Frankfurt und von dort aus nach Kapstadt fliegen konnte.
Nachdem sie in das Schlafzimmer gegangen war, rief Kepler Galema an.
"Ich bin bei Ihrer Schwester", sagte er ohne sein en Chef zu begrüßen. "Ihr Exfreund war hier. Allerdings wollte sie nicht, dass ich ihn töte." Kepler hörte, wie Galema nach Luft schnappte. "Es ist alles in Ordnung", beruhigte er ihn und machte eine Pause. "Wäre es zwischen Rebecca und mir anders gelaufen, dann wäre ich gestern nach Hause gefahren. Was wäre dann mit Ihrer Schwester passiert? Wenn Sie nicht mit mir reden, wozu stellen Sie mich ein?"
"Wie geht es Rebecca?", fragte Galema gepresst, seine Stimme klang überl aden vor Kummer, er schien überhaupt nicht zugehört zu haben.
"Gut, das habe ich eben gesagt", erwiderte Kepler brüsk. "Mister", sprach er weiter, bevor Galema etwas sagte, "verschweigen Sie nochmal etwas, reden Sie je wieder drumherum – kündige ich. Verstehen wir uns?"
"Ja, sicher , sicher, kommt nicht wieder vor", erwiderte Galema hastig. "Entschuldigen Sie", bat er. "Und danke, Mister Kepler."
"War mir eine Freude", erwiderte Kepler kalt und legte auf.
"Hast du gerade meinem Bruder die Leviten gel esen?"
Rebecca stand schadenfroh lächelnd hinter ihm, sie schien sich wieder völlig gefangen zu haben. Kepler bedachte sie mit einem schweren Blick.
"Sag nichts", beeilte sie sich zu sagen. "Ich tue alles, was du willst."
" Natürlich."
"Wirklich !"
"Jetzt nutzt du deine Rassenvorte ile", meinte Kepler.
"Bitte?", fragte Rebecca verständnislos zurück.
"Bei deiner Hautfarbe sieht man nicht, ob du beim Lügen rot wirst ."
Rebecca sah ihn unschlüssig an, ob sie lachen sollte oder böse werden. Kepler wurde wieder völlig ernst.
"Du wirst alles tun , was ich will", versprach er.
Rebecca brauchte zwanzig Minuten im Bad, um ihre weiblichen Rituale zu vollziehen. Danach gingen sie zur Rezeption, wo sie mit einem Hotelangestellten wegen der beschädigten Tür sprach. Kepler behielt die Umgebung im Auge.
In der Ausstellung, die Rebecca unbedingt besuchen wollte, wurde Kepler eklig bunt vor Augen. Der abstrakte Expressionismus widerte ihn an, ihm waren Katrins markerschütternde Fotos lieber als diese Kunst, die für ihn einfach nur sinnloses Gekrickele war.
Rebecca schien sich köstlich darüber zu amüsieren. Sie grinste vor sich hin und zerrte ihn mit erheitertem Blick von einem Bild zum nächsten. Nach dem dritten ließ Kepler sie allein staunen, während er weit von den Bildern entfernt blieb. Rebecca selbst ließ er aber
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