Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
Ton war voller Abscheu, die sich gegen alles richtete, was mit Afrika zu tun hatte, in ihrer Stimme waren Tränen. "Katrin hielt das irgendwann nicht mehr aus. Deswegen ist sie weg."
"Und nicht zu erreichen?"
Katrins Mutter zögerte einen Moment lang.
" Hören Sie, Dirk..." Sie stockte. "Sie hat jemanden kennengelernt. Und er hat für sie dasselbe getan wie Sie, auf eine andere Art." Sie klang bittend, als ob sie Katrin rechtfertigen wollte. "Sie hat ihren Frieden endlich gefunden, Dirk."
"Ist er gut zu ihr?"
"Das ist er." Katrins Mutter klang plötzlich warm. "Sie sind verlobt."
"Liebt sie ihn?", wollte Kepler nur noch wissen.
"Ja ."
D ie noch vor fünf Minuten greifbare Möglichkeit, Katrin wiederzusehen, hatte Kepler klargemacht, dass er sie immer noch liebte. Und – wie sehr er das tat.
Aber seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er immer nur gewollt, dass sie frei und glücklich war.
" Wünschen Sie den beiden alles erdenklich Gute von mir."
Katrin s Mutter atmete erleichtert durch.
"Danke, Dirk ."
Kepler legte auf, sammelte die Blätter des Briefes ein und legte sie in eine der Schubladen seines Schreibtisch es. Einige Minuten saß er reglos da.
Er hatte kurz den Keim der Hoffnung gehabt, er hätte dem Schicksal ein Schnippchen geschlagen. So wie damals, als er Abudi kennenlernte.
Und s o wie er den General kaltblütig erschossen hatte, tötete Kepler jetzt die Liebe zu Katrin.
Aber dieses Mal war es schwerer, sie aufzugeben, und er staunte darüber. Im Sudan hatte es nie eine Zukunft für ihn und Katrin gegeben. Hier hätte es sie vielleicht geben können, aber die Umstände hatten es nicht zugelassen.
Es war auch besser so. Im Sudan war es eine extreme Situation gewesen. Obwohl sie dort einander sehr nah gewesen waren, unter normalen Umständen wäre es zu wenig für eine dauerhafte Bindung. Es wäre ein Dilemma geworden, in dem Katrin nur noch mehr verletzt worden wäre, und zwar mehr als er. Jetzt hatte sie eine Chance, mit ihrem Trauma fertig zu werden.
Kepler hatte zwar keine solche Möglichkeit, aber er war nicht enttäuscht darüber. Wenn man sich über seine Optionen im Klaren war – und er hatte eine exzellente Ausbildung dahingehend genossen, seine Optionen zu erkennen – konnte man jeden Schmerz mit etwas Übung ausschalten. Dann war es irrelevant, wie sehr man etwas gewollt hatte. Wenn man es nicht bekam, tat es trotzdem nicht weh, sondern härtete ab. Das war vielleicht nicht richtig und ganz bestimmt machte es einsam. Aber Kepler war Einsamkeit gewohnt. Solchen wie ihm war es einfach nicht bestimmt, Liebe zu bekommen. Oder sie halten zu können. Oder sie richtig zu erwidern.
Die Indolenz war eine Gnadengabe. Kepler konnte Katrin loslassen.
Sein Gedächtnis, das er seit der Kindheit beständig trainierte, war nicht i mmer ein Segen. Katrin zu vergessen – das hatte Kepler nie vermocht.
2. Jens hatte im Gegensatz zu Kepler schon immer etwas aus den Veränderungen in seinem Leben machen können. Die letzte bereitete ihm Glück.
Seine Welt war immer sehr klein gewesen, sie umfasste nur Sarah, Oma und seine Arbeit. Jetzt war sie um ein kleines Wesen erweitert, das alles andere in Jens' Wahrnehmung an den Rand drängte. Er ging in seinem Sohn schlicht auf.
Er schwadronierte darüber, dass die Männer in der Familie nun in der Überzahl waren, und warf Sarah vielsagende Blicke und Andeutungen zu, diese Entwicklung fortsetzten zu wollen. Sarah sah ihn dabei mitleidig wie ein kleines Kind an, schüttelte den Kopf und gab ihm seinen Sohn, damit er ihm die Windeln wechselte. Jens, im Gegensatz zu jedem anderen Mann, den Kepler kannte, machte sich freudig an die Aufgabe, um anschließend – freiwillig – dem Kleinen das Fläschchen zu geben, ihn in Schlaf zu bringen. Sobald er das Zimmer verließ, lächelten Sarah und Oma sich zufrieden an, dann starrten sie Kepler solange an, bis er sich verzog.
Kepler gönnte Jens die Freuden des Vaterseins vom Herzen. Aber er hatte das Gefühl, dass er sich mittlerweile außerhalb der Welt seines Bruders befand. Seit Jens das neue Leben in den Händen hielt, war für ihn das Töten im Allgemeinen und Keplers Beruf im Besonderen überhaupt nicht mehr hinnehmbar. Und als ehemaliger Söldner Kepler selbst anscheinend auch nicht. Jens sagte nie etwas, verbarg seine Ablehnung aber auch nicht. Einmal wollte Oma Kepler am Mittagstisch über Afrika ausfragen, da stand Jens nach nicht einmal zwei Minuten auf und ging mit verletzt
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