Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
Küche. Er setzte sich an den Tisch, stützte den Kopf in den Händen ab und starrte vor sich hin.
Er hatte getötet. Egal wofür, für Jens war es nicht hinnehmbar. Oma und Sarah verurteilten ihn nicht, aber Kepler wusste, dass es ihnen ähnlich wie seinem Bruder ging. Kepler fühlte sich im Grunde nicht schlecht wegen seiner Taten. Er war Soldat und hatte als ein solcher gekämpft. Das hatte sich mit seinen Wertvorstellungen gedeckt. Jens' Ablehnung war ihm mittlerweile egal, wovor er Angst hatte, war, Sarahs oder Omas Liebe zu verlieren. Alles andere konnte er verkraften. Zumindest solange er sich selbst in die Augen sehen konnte.
Melissa blendete es aus. Sie wollte einen starken Mann haben, deswegen war sie bereit, seine Vergangenheit in Kauf zu nehmen. Aber ihr würde Kepler niemals die Einzelheiten erzählen, die er Sarah anvertraut hatte. Melissa wollte einen ganzen Kerl, jedoch musste er auch in ihre Weltanschauung passen. Kepler wusste nicht, inwieweit die seine mit der ihren übereinstimmte. Er war bis zu einem gewissen Grad bereit, sich anzupassen. Die Frage war, ob er es überhaupt konnte. Er wollte Melissa nicht verlieren, weil er sich mit ihr wohlfühlte. Nur war es vielleicht besser, die Beziehung zu beenden solange sie noch nicht richtig angefangen hatte. Andererseits – das war ihm auch egal. Er nahm, was er kriegen konnte. Solange er es konnte. Das war einfacher so.
Ke pler ging zurück ins Bett.
Am nächsten Morgen lief er. Als er zurückkam, war Melissa schon wach. Sie frühstückten, danach gingen sie in die Stadt.
So wie beim Einkaufen schien Melissa Kepler jeden Wunsch von den Lippen ablesen zu wollen. Und die Ausführung seiner Anliegen hatte wieder so zu erfolgen wie sie es wollte. Melissa hielt ihn an der Hand, gleichzeitig bestimmte sie den Weg und wie sie alles andere machten.
Kepler hatte Durst, und sie meinte, es wäre zu früh für ein Bier. Er wollte etwas essen und bekam einen Joghurt. Als sie sich in einem Park auf die Wiese setzten, musste es im Schatten sein, weil Melissa keine Sonnenschutzcreme mithatte. Als sie nach dem Spaziergang in ein chinesisches Restaurant essen gingen, sollte Kepler etwas Gesundes bestellten. Und die Rechnung wollte Melissa bezahlen. Kepler winkte ab und griff nach seinem Portmonee. Melissa brauste auf. Im Beisein des Kellners fauchte sie Kepler an, sie hätte es nicht nötig, sich von ihm aushalten zu lassen. Der Kellner stand zu Boden blickend neben dem Tisch und fühlte sich sichtlich unwohl, obwohl Melissa sehr leise sprach. Kepler atmete durch und ließ sie gewähren.
Nachdem sie aus dem Restaurant waren, wollte Kepler in einem Kiosk Zigaretten kauften. Er rauchte kaum noch, aber hin und wieder überkam ihn Lust auf Nikotin, und im Moment hatte er welche. Melissa beobachtete sein Tun distanziert. Als der Verkäufer die Schachtel auf den Tresen legte, sprach sie.
"Dirk", sagte sie in einem warnenden Ton, in dem leise eine Mischung aus G ereiztheit und Aufsässigkeit mitschwang, "lies bitte was da steht."
Der Warnhinweis auf der Schachtel verkündete die Beeinträchtigung der Potenz. Der Verkäufer, ein älterer Türke, hatte Melissas Einwand mit Interesse vernommen und blickte abwartend auf Kepler. Er schob die Schachtel zurück.
" Geben Sie mir bitte eine mit Krebs drin", verlangte er.
D er Türke lächelte und gab ihm eine andere Schachtel. Als er das Wechselgeld reichte, zwinkerte er Kepler zu. Kepler nickte und drehte sich zu Melissa.
Sie blickten einander an, und er hatte das Gefühl, dass Melissa etwas verlegen war – und verärgert. Sie lächelte jedoch, als ob nichts gewesen wäre. Bis sie zurück in ihrer Wohnung waren, hatte sich ihr Missmut anscheinend gelegt.
Vielleicht weil er morgen abreisen würde, benahm Melissa sich plötzlich so wie am Samstag. In ihrem Liebesspiel war sie zärtlich und so wie sie Kepler danach an sich drückte und ihm zeigte, dass sie fest umarmt werden wollte, hatte er das Gefühl, dass sie ihn eigentlich nicht gehen lassen wollte.
Es war wohl tatsächlich so.
"Lass deine Sachen hier. Dann brauchst du nichts mitzubringen, wenn du mich besuchst", sagte Melissa, als Kepler am nächsten Nachmittag aufbrach.
"Willst du das wirklich?", fragte er, erstaunt über diesen Vorschlag.
Sie nickte ohne eine Sekunde zu zögern.
9. Kepler traute sich einiges zu und er mochte starke Frauen. Aber nicht solche, die sich wie Männer gaben. Manche konnten das nicht anders machen, um in der oft männlich dominierten
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